Bestand offener Stellen wächst weiter

Zahl der Arbeitslosen sinkt | Unbesetzte Ausbildungsstellen | 2020 wird es weniger Ausbildungsinteressierte

Einbeck. Es war in vielen Bereichen ein gutes Jahr für den südniedersächsischen Arbeitsmarkt. Mehr als einmal berichtete die Agentur für Arbeit Göttingen über positive Tiefstwerte hinsichtlich der Entwicklung der Arbeitslosigkeit. Doch längst ist die Freude über die guten Zahlen nicht ungetrübt. Denn einerseits profitieren nicht alle Menschen auf Arbeitsuche von dem Nachfragehoch. Und auch die Personalverantwortlichen in den Betrieben müssen sich umstellen, denn eine schnelle Besetzung ihrer offenen Stellen ist – insbesondere in Branchen mit einem bereits vorhandenen Fachkräftemangel – keineswegs mehr selbstverständlich.

2018 waren im Agenturbezirk Göttingen, der die Landkreise Northeim und Göttingen umfasst, durchschnittlich 13.540 Menschen arbeitslos, 505 weniger als im Vorjahr. Das entspricht einem Rückgang von 3,6 Prozent. Dabei sank die Zahl der Arbeitslosen im Bereich der Arbeitslosenversicherung (SGB III) deutlich stärker als im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), nämlich um 8,3 Prozent gegenüber 1,3 Prozent. Durchschnittlich waren bei der Arbeitsagentur Göttingen 4.205, bei den Jobcentern der Region 9.335 arbeitslose Bewerber gemeldet.

Im Landkreis Northeim reduzierte sich die Arbeitslosenzahl von 4.064 um 258 Personen oder sechs Prozent. Die Arbeitslosenquote sank damit um 6,2 auf 5,8 Prozent. In Einbeck waren 136 Menschen und damit 9,9 Prozent weniger arbeitslos, 1.249 Menschen sind aber immer noch ohne Job. Die Arbeitslosenquote in Einbeck sank von 6,5 auf 5,8 Prozent.

Doch während die Zahl der Arbeitslosen insgesamt in den Landkreisen Northeim und Göttingen um 3,6 Prozent sank, gab es 2018 durchschnittlich mehr Langzeitarbeitslose (+2,1 Prozent) und mehr ausländische Arbeitslose (+1,6 Prozent). Auch die Zahl älterer Bewerber über 55 Jahre und die der Arbeitslosen ohne Berufsabschluss stieg binnen Jahresfrist an (+1,2 Prozent beziehungsweise +6,5 Prozent). Auch Menschen mit Handicap konnten nicht in gleicher Weise von der guten Situation am Arbeitsmarkt profitieren (+0,1 Prozent). 

Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist auf einem hohen Niveau weiter gestiegen. Wirtschaft und Verwaltung meldeten im zurückliegenden Jahr 16.449 Stellen bei der Arbeitsagentur, 1,7 Prozent mehr als 2017. Deutlicher noch als der Stellenzugang stieg allerdings im zurückliegenden Jahr der Bestand offener Arbeitsangebote: Im Schnitt waren 4.570 Personalgesuche vorhanden, 542 oder 13,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Klaus-Dieter Gläser, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Göttingen, richtete sein Augenmerk auf die Herausforderungen 2019. »Gegenüber Juni 2017 haben knapp 2000 Menschen mehr in den Betrieben unserer Region Arbeit gefunden. Damit diese Entwicklung möglichst lange anhält, müssen wir unsere Anstrengungen noch weiter verstärken, um auch jenen Perspektiven zu eröffnen, die bisher nicht zum Zuge gekommen sind. Wir arbeiten beispielsweise daran, neue Angebote mit Bildungsträgern zu konzipieren, um Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt zu eröffnen.« Im Fokus bleibt aber auch das Thema berufliche Weiterbildung.

Wie schon in den Jahren zuvor war auch im Berufsberatungsjahr 2017/18 die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplatzbewerber rückläufig: 2.629 junge Menschen suchten zum Ausbildungsstart 2018 mit Hilfe der Arbeitsagentur und der Jobcenter einen Ausbildungsplatz, 148 oder 5,3 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Demgegenüber stieg die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen um 7,1 Prozent oder 210 auf 3.163 an.

Gegenüber dem Vorjahr stieg allerdings sowohl die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen, als auch die der unversorgten Bewerber leicht an: 126 junge Menschen hatten zum 30. September weder eine Ausbildungszusage erhalten, noch eine Alternative realisiert, das waren elf mehr als im Vorjahr. Unbesetzt blieben 173 Lehrstellen, 51 mehr als vor Jahresfrist.

Insgesamt 2.514 Ausbildungsverhältnisse konnten im Agenturbezirk abgeschlossen werden. Das waren 162 weniger als 2017 (- 6,1 Prozent). Der stärkste Rückgang war bei den Ausbildungsverträgen in den Freien Berufen zu verzeichnen, hier sank die Zahl der Lehrverträge um 96. Aber auch im Handwerk ging die Zahl der neuen Nachwuchskräfte nach einem Anstieg 2017 wieder zurück. Hier schlug ein Rückgang von 60 Ausbildungsverträgen zu Buche.

Klaus-Dieter Gläser appellierte an die Betriebe, in ihren Ausbildungsbemühungen nicht nachzulassen, auch wenn die Nachwuchsgewinnung zunehmend schwieriger werde. »Gerade Branchen, die um Abiturienten für ihre Ausbildungsplätze werben, sollten sich überlegen, 2019 verstärkt Lehrstellen und duale Studienangebote zur Verfügung zu stellen. Denn 2020 werden aufgrund der Rückkehr zum Abitur nach Klasse 13 keine Absolventen die Gymnasien verlassen, es wird insgesamt also deutlich weniger Ausbildungsinteressierte geben.«

Für die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Jahr 2019 hat die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit, das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), regionale Prognosen errechnet. So sagen die Forscher für den Agenturbezirk Göttingen 2019 im Mittelwert einen Rückgang der Arbeitslosigkeit um 5,9 Prozent voraus. Auf der Seite der Beschäftigungsentwicklung gehen sie von einem verhaltenen Wachstum von einem Prozent aus. Aufgrund des regionalen Branchenmixes dürften zusätzliche Arbeitsplätze insbesondere im Gesundheitswesen, im Bereich Erziehung und Unterricht, in Pflegeeinrichtungen, im Einzelhandel, in der öffentlichen Verwaltung, im Baugewerbe und in der Metallerzeugung und -bearbeitung entstehen.

Der Agentur für Arbeit Göttingen stehen 2019 Mittel in Höhe von rund 30 Millionen Euro für vielfältige Förderangebote zur Verfügung. Mit rund 3,5 Millionen Euro werden Maßnahmen der Berufsorientierung und Berufsausbildung gefördert. Für die Integration von Rehabilitanden und Schwerbehinderten steht ein Budget in Höhe von etwa 14 Millionen Euro bereit. Die berufliche Weiterbildung von Arbeitslosen wie Beschäftigten kann 2019 im Umfang von rund 7,5 Millionen Euro gefördert werden. Dabei kommt der Förderung von Beschäftigten durch das neue Qualifizierungschancengesetz eine hohe Bedeutung zu: »Der Gesetzgeber hat die Möglichkeiten erweitert, die Weiterbildung bereits beschäftigter  Arbeitnehmer zu fördern. Ziel ist es, insbesondere Beschäftigte zu qualifizieren, die in Berufsfeldern arbeiten, die stark vom technischen und digitalen Fortschritt betroffen sind. Es gilt, technologiebedingte Arbeitslosigkeit zu verhindern.« Gleichzeitig stehen abschlussorientierte Qualifizierungen in Engpassberufen im Fokus. Die Qualifizierung von Beschäftigten dient somit zum einen dem Erhalt von Beschäftigung und unterstützt zum anderen Betriebe, ihren Bedarf an Fachkräften zu sichern, der aus den Reihen der Arbeitslosen zunehmend schwieriger zu decken sein wird.«

Das neue Teilhabechancengesetz sieht eine Förderung für Langzeitarbeitslose vor, die durch die Jobcenter betreut werden. Da die Agentur für Arbeit Göttingen im Landkreis Northeim mit dem Jobcenter Landkreis Northeim einen gemeinsamen Arbeitgeber-Service unterhält, kommen auch in diesem Bereich neue Aufgaben auf die Agentur für Arbeit zu. »Gemeinsam werden die Vermittler auf die Betriebe im Landkreis zugehen, um nach Beschäftigungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose zu suchen«, so Arbeitsmarktexperte Gläser.sts