Bevölkerung soll und kann sich sicher fühlen

Polizeidirektion Göttingen stellt Sicherheitsbericht 2018 vor | Zuversichtlicher Blick in die Zukunft

Polizeipräsident Uwe Lührig (Dritter von rechts), Vizepräsident Bernd Wiesendorf (links) und der Leiter der Polizeiinspektion Northeim, Hans Walter Rusteberg (rechts) haben den Vertretern des Landkreises, der Städte sowie der Polizei vor Ort jetzt den Sicherheitsbericht 2018 der Polizeidirektion Göttingen vorgestellt.

Einbeck. 76 Seiten umfasst der Sicherheitsbericht 2018 der Polizeidirektion Göttingen. Polizeipräsident Uwe Lührig, Polizeivizepräsident Bernd Wiesendorf und der Leiter der Polizeidirektion Northeim, Hans Walter Rusteberg, haben ihn jetzt gemeinsam mit weiteren Kollegen den Vertretern des Landkreises und der Städte vorgestellt.

Dabei konnten sie eine positive Jahresbilanz ziehen und einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft werfen. Seit 2016 präsentiert die Polizeidirektion (PD) Göttingen einen solchen Bericht. Neben einem strukturierten Überblick über Entwicklungen bei Kriminalität, Verkehr, Einsatz und Ausrüstung geht es auch um regionale Besonderheiten sowie Einblicke in den polizeilichen Alltag mit besonderen Schwerpunktthemen.

Es gebe, so Polizeipräsident Uwe Lührig, einen Unterschied zwischen objektiver und subjektiver Sicherheit. Der Wunsch nach sicheren Lebensverhältnissen sei ein menschliches Grundbedürfnis, entsprechend groß sei das Interesse an Informationen dazu in der Region: Transparenz sei wichtig, und das versuche man mit dem Bericht. Das erfolgreiche Jahr sei wieder ein Ergebnis aller Mitarbeiter der Polizeidirektion.

Als Schwerpunkte nannte er Eigentumskriminalität, den Schutz Älterer, wofür man mehr tun müsse, denn der Anstieg in diesem Bereich sei »kaum hinnehmbar«, religiösen Extremismus - etwa ein Drittel der Gefährder in Niedersachsen würden hier leben - sowie Clan-Kriminalität und Cyber-Crime.

Vizepräsident Bernd Wiesendorf erläuterte, dass im vergangenen Jahr 4,85 Millionen Personalstunden zur Verfügung standen. 1,8 Millionen Stunden wurden für Verbrechensbekämpfung aufgewandt. Mehr als 900 Haftbefehle und über 70.000 Strafanzeigen wurden bearbeitet.

Die Zahl der Mitarbeiter lag bei 2.919, davon 2.436 Vollzugsbeamte - ein Plus von 18 Beamten und somit ein konstanter Bestand. Der Frauenanteil betrug 33 Prozent. Das Durchschnittsalter ist auf 45,8 Jahre gesunken. »Im Einsatz- und Streifendienst wird es wieder jung«, stellte er fest. Die Polizei werde in ihrer Arbeit durch Spezialisten unterstützt. Wichtig sei hier, wie für andere Arbeitgeber auch, die Nachwuchsgewinnung.

Der Markt werde kleiner, und entsprechend müsse man sich umorientieren: Auch Realschüler sollte man für die Ausbildung gewinnen. Alle zwei bis drei Minuten ein Einsatz, rund 90.000 Anfragen in der Leitstelle, 175.000 Notrufe, das war im vergangenen Jahr abzuarbeiten. Als hilfreich für die interne Kommunikation, auch in den Einsatzfahrzeugen, habe sich dabei NiMes erwiesen, ein Messengerdienst für die Polizei.

Die Polizeiinspektion Northeim-Osterode hatte im vergangenen Jahr 422 Mitarbeiter, sie war zuständig für 206.000 Einwohner - sehr zentral aufgestellt und gut vernetzt. Mit Beginn dieses Jahres hat sich die Polizei den neuen Landkreisgrenzen angepasst: Die PI Northeim ist nur noch für den Landkreis Northeim mit rund 133.000 Einwohnern zuständig. Sie verfügt über 307 Mitarbeiter.

Als besondere Fälle wurden der Überfall auf die Sparkasse in Gittelde genannt, die Soko »Huskie«, die den Tod einer Herzbergerin aufklärte, das Ausgraben einer Leiche bei Katlenburg, wozu derzeit das Gerichtsverfahren läuft, oder das Beschmieren muslimischer Gräber auf dem Northeimer Friedhof mit Hakenkreuzen. Gewalt gegenüber Einsatzkräften sei weiter ein belastendes Thema.

Die Zahlen seien zwar nicht gravieren, aber ansteigend. »Wir behalten das im Blick.« Dazu gehöre, dass solche Verfahren nicht mehr eingestellt würden und dass es eine Strafverschärfung gebe. Unerträglich, so Präsident Lührig, sei Gewalt gegen Rettungskräfte - das sei überhaupt nicht nachvollziehbar. Seit Jahren bewährt seien die Sicherheitspartnerschaften, da gebe es gute Kooperationen auf örtlicher Ebene, sagte er in Richtung der Bürgermeister.

»Das klappt sehr problemlos.« Ebenfalls gut laufe die Zusammenarbeit mit Feuerwehr oder Gewerbeaufsichtsamt, auch bei der Unterstützung bei Einsätzen. Die Zahl der Straftaten ist von 72.798 auf 70.045 im vergangenen Jahr gesunken, das seien, so Lührig, die niedrigsten Zahlen seit Bestehen der PI. Die Aufklärungsquote sei mit 63 Prozent nahezu konstant. Die Verfolgung von Wohnungseinbrüchen sei und bleibe ein Schwerpunkt, hieß es weiter.

Die Fallzahlen seien gesungen, und mehr als jede dritte durchgeführte Tat wurde aufgeklärt - auch Dank des Einsatz- und Streifendienstes und aufgrund von Hinweisen aus der Bevölkerung. Sie wolle, so die Polizeispitze, ermutigen, die 110 bei verdächtigen Beobachtungen zu wählen. Neu eingesetzt wurde eine Abteilung zur Aufklärung von »Alt-Mord-Fällen«, sogenannten Cold Cases. 60 innerhalb der vergangenen 40 Jahre.

Sonst liege die Aufklärung bei Todesfällen bei mehr als 90 Prozent. Inzwischen würden neue Methoden zur Verfügung stehen, davon verspreche man sich Erfolg. In enger Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort habe man die Reichsbürger im Blick. Das seien nicht einfach »Durchgeknallte«, sondern gefährliche Personen. Weiter warnten Lührig und Wiesendorf davor, kriminelle Clans als Gefahr zu unterschätzen.

Kennzeichnend seien der Aufbau von Parallelgesellschaften, Selbstjustiz oder das Ausüben von Druck. Rund 70 Gefährder gebe es in Niedersachsen, ein Drittel davon im Bereich der PD - somit seien auch Terrorismus und Salafismus Inhalte der Polizeiarbeit. Wenn Täter über verschlüsselt Wege kommunizieren würden, müsse auch die Polizei über entsprechendes Handwerkszeug verfügen, sonst könne sie ihre Aufgaben nicht mehr wahrnehmen.

Ein wachsendes Feld sei Forensik in der digitalen Welt. Dazu gebe es eine Kooperation mit der Hochschule Mittweida. Den Cyber-Cop werde man »irgendwann haben«, und der müsse dann keine 5.000 Meter laufen können - entsprechend werde sich das Berufsfeld ändern. Auf die hohe Sicherheit im Landkreis verwies Polizeichef Rusteberg. Einen minimalen Anstieg gab es bei den Wohnungseinbrüchen, allerdings liege die Aufklärungsquote bei 42,2 Prozent, und vier von zehn Taten würden im Versuchsstadium beendet.

PreMap als Vorausschau auf Polizeiarbeit sei in Göttingen schon angelaufen. Aktuelle Informationen führten Streifenwagen dabei an Brennpunkte. Das werde, so Uwe Lührig, in den Alltag übergehen. Risikogebiete gebe es hier nicht. Man sollte diesen Baustein jedoch als Ergänzung vorhandener Maßnahmen sehen. Bei Straftaten zum Nachteil Älterer wolle die Polizeiinspektion verstärkt präventiv tätig werden.

Allerdings wisse man auch, dass der Einfallsreichtum der Täter fast keine Grenzen kenne: Bei insgesamt 29 Taten - 17 über »falsche« Polizeibeamte, zwölf beim sogenannten Enkeltrick - wurden 1,022 Millionen Euro erbeutet. Grundsätzlich sei es richtig, misstrauisch zu sein. Dabei gebe ist, ist Lührig sicher, ein ganz großes Dunkelfeld. Viele Versuche würden scheitern, aber es gebe doch immer wieder Opfer.

Schließlich machte Rusteberg auf die Gefahren von Handynutzung am Steuer aufmerksam: Auch hier will die Polizei stärker eingreifen, denn innerhalb von fünf Jahren hat sich dieser Bereich mehr als verdoppelt. Selbst eine Ahndung durch 100 Euro und einen Punkt in der Verkehrssünderkartei hätten keine Abhilfe geschaffen.

Man müsse darauf hinweisen, dass jede Handynutzung »Blindflug« bedeute, und eine SMS zu schreiben, komme einem Fahrverhalten mit 1,1 Promille gleich. Im Präventionsbereich ist die Polizei zu unterschiedlichen Themen und bei verschiedenen Zielgruppen sehr aktiv, »nah dran am Bürger«.

Zudem hat auch mehr Technik Einzug gehalten, etwa Bodycams. Und intensiver will die Polizei in die digitale Welt einstiegen, aber nicht zum Nachteil der analogen Welt, wie Lührig betonte: Die Bevölkerung solle sich im öffentlichen Raum sicher fühlen. An die Bürgermeister schickte er die Botschaft: »In Ihren Bereichen wird sich da nichts ändern, aber wir müssen uns Veränderungen stellen.« Interessierte Bürger können den Sicherheitsbericht auf der Homepage der Polizeidirektion Göttingen einsehen.ek