Brandnacht minutenweise aufgedröselt

Frühere Pflegemutter der Verlobten des Angeklagten berichtet von Krankenhausbesuch

Mit weiteren Zeugenvernehmungen ist der Pro­zess um die Brandstiftung im August 2012 in der Altendorfer Straße in Einbeck gestern fortgesetzt worden. Sowohl die Pflegemutter der Verlobten des Angeklagten als auch drei Polizei­beamte wurden zu Ereignissen rund um die Tat­nacht befragt.

Einbeck. Die Verlobte des Angeklagten, die bereits am ersten Prozesstag von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte, hat einen Teil ihrer Kindheit in einer Pflegefamilie verbracht. Zur ehemaligen Pflegemutter hat sie am Morgen nach dem Brand über Krankenhaus­mitarbeiter von der Intensivstation aus Kontakt gesucht. Die Erzieherin wurde dazu als Zeugin gehört. Sie sei so schnell wie möglich zu der jungen Frau ins Krankenhaus gefahren, berichtete die 34-Jährige.

Die Freundin des Angeklagten sei ihr zu diesem Zeitpunkt psychisch sehr labil erschienen. Sie habe ihr von einem Streit mit dem Angeklagten berichtet, nach dem sie sich mit Musik ins Schlafzimmer zurückgezogen habe. Dort sei sie von Rufen geweckt worden, die Wohnung sei bereits verqualmt gewesen. Die Wohnung habe sie nur über einen Sprung vom Balkon in den Hinterhof verlassen können. Ein Mitbewohner aus dem Haus habe sie dort herausgetragen – eine Aussage, die sich auch im bisherigen Prozessverlauf vor dem Jugendschöffengericht so dargestellt hatte.

Die junge Frau, so der Eindruck der ehemaligen Pflegemutter, habe »tierische Angst« gehabt, sie habe gegrübelt, warum sie in der brennenden Wohnung gelassen wurde. Beim Blick in die Zeitung mit dem Bericht über das Feuer habe die junge Frau am nächsten Tag gesagt: »Das kann er nicht ge­wesen sein.« Es sei für sie unvorstellbar gewesen, dass ihr Freund dieses »Riesenfeuer« verursacht habe. Sie habe den Eindruck gehabt, ihr ehe­maliges Pflegekind sei »durcheinander« gewesen, sagte die Zeugin auf Nachfrage.

Um zeitliche Abläufe, minutengenau auf­ge­dröselt in Bezug auf den Notruf, der in der Nacht um 1.59 Uhr bei der Feuerwehr einging, und den vorhergehenden Polizeieinsatz wegen nächtlicher Ruhestörung ging es bei der erneuten Befragung von drei Polizeibeamten. Dazu nahm sich das Gericht auch Einsatzprotokolle vor. Für die weitere Verhandlung, die Ende Juni anberaumt ist, hat die Verteidigung den Beweisantrag gestellt, noch einmal die Zeugin zu hören, die zum Schaden im Fußboden im sogenannten Vorflur der Wohnung Stellung nehmen kann. Dort ist das Feuer nach Ansicht von Gutachtern ausgebrochen.

Außerdem soll es nach einer Beweisanregung der Staatsanwaltschaft um das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und seiner Verlobten gehen, das »nicht immer ungetrübt« gewesen sei, so Amtsrichter Thomas Döhrel. Und vor wenigen Tagen habe sich »plötzlich, unerwartet und unaufgefordert« ein Mann bei der Polizei gemeldet, der vom »Hörensagen« mitbekommen habe, was der Angeklagte und seine Verlobte nach der Brandnacht gesagt haben sollen. Er konnte dazu Zeugen nennen. Das Gericht will dem nachgehen, die Zeugen sollen bei einem weiteren Fortsetzungstermin vernommen werden.ek