Das Alte Rathaus in Einbeck im Biedermeier zur Zeit des Königreichs Hannover

Einbeck. Auf dem Foto ist das Alte Einbecker Rathaus noch annähernd in der ursprünglichen Form, wie es im 16. Jahrhundert gebaut wurde, zu sehen. Je genauer man hinschaut, desto mehr Unterschiede sind zu erkennen: Die Treppe führte noch auf direktem Weg in die Rathaushalle, an deren Nordwand sich ein mächtiger Schornstein befand. Der westliche Turm wurde von Stützen getragen, so dass man unter dem Turm hindurchgehen konnte. Am linken Bildrand ist eine breite Spitzbogentür zu sehen, die von der Rathaushalle auf einen Altan (einen überdachten Balkon) »mit einer, von zwei Säulen in antikisierender Form getragenen Ueberdachung«. Die Zeichnung ist ein Bild aus der »guten alten Zeit«. Nach der französischen Besatzungszeit durch Napoleon und dem darauf folgenden Wiener Kongress, der das Staatengefüge Europas neu ordnete, gehörte Einbeck zum Königreich Hannover. Es begann die so genannte Biedermeierzeit.

Der Begriff geht auf die erfundene Figur des »Weiland Gottlieb Biedermaier« (erst ab 1869 schrieb man Biedermeier einheitlich mit e) zurück, ein Musterbeispiel an Spießbürgerlichkeit, und das Gedicht »Herr Biedermeier«: »Schau, dort spaziert Herr Biedermeier, und seine Frau, den Sohn am Arm. Sein Tritt ist sachte wie auf Eier, sein Wahlspruch: Weder kalt noch warm«. Die Menschen hatten von den unsicheren Jahren schlichtweg die Nase voll und zogen sich in die private Wohnkultur zurück. Das Biedermeier legte viel Wert auf Familiensinn, hatte gemütliche und behagliche Möbel, kleidete sich altbacken und hatte eine konservative Einstellung. Diese Epoche dauerte bis 1848, dem Beginn der Märzrevolution. Auch in Einbeck gab es »neben der biedermeierlichen Gemütlichkeit schon kleine verschworene Kreise, die sich, gut informiert, für Landes- und örtliche Politik interessierten«. Doch die revolutionären Aktivitäten hielten sich in Einbeck in Grenzen. Einige Bürger schrieben eine Petition zur Steuerungerechtigkeit und zum unnötigen »Heer von hohen und niederen Beamten«. Das war es im Prinzip auch schon mit der Revolution, so dass man getrost davon ausgehen kann, dass die Biedermeierzeit in Einbeck bis 1866 dauerte, als Preußen das kleine Königreich Hannover annektierte. Ab 1870 wurde das Rathaus restauriert und modernisiert. Um den Bauauftrag bewarb sich unter anderem auch der bekannte, aus Einbeck stammende Baumeister C. W. Hase.

Doch sein Entwurf wurde abgelehnt. Der Einbecker Magistrat entschied sich für den finanziell bescheideneren Entwurf des Architekten O. H. Wilsdorff. Außerdem konnte man nach dessen Plan die entsprechenden Maßnahmen nach und nach durchführen, was der Haushaltslage der Stadt entgegen kam. Die Renovierungsarbeiten zogen sich dann auch entsprechend in die Länge. Erst 1908 war die Sanierung abgeschlossen.wk