Das Taufbecken des Degenhardt Ree in der Münsterkirche

Acht Figuren / Nach Vollendung des Langhauses gestiftet / Kirchenbau war von Anfang an auf Spenden angewiesen

Nach dem Chor und Krypta der Münsterkirche bereits über 100 Jahre fertig gestellt waren, baute Meister Molderam von 1404 bis 1416 den mittleren Teil der Kirche, die nun groß genug für Gottesdienste war. Der wohlhabende Bürger Degenhard Ree schenkte der neuen Kirche 1420 den Radleuchter über dem Altar und 1427 das Taufbecken in der Heilig-Blut-Kapelle.

Einbeck.  Im Jahre 1416 vollendete Baumeister Hans Molderam den mittleren nördlichen Langhaus-Pfeiler von St. Alexandri, so dass die Münsterkirche nun zu zwei Dritteln fertig gestellt war. Sie wurde »zur Zeit des Herzogs Friedrichs, Domprobstes Ott und Dechanten Baldewini dem Gottesdienste übergeben«.

Der Kirchenbau war ein gewaltiges finanzielles Projekt, das von Anfang an auf Spenden angewiesen war: »Item sey kein Tag hingangen/ das nicht Leut kommen sein/ die nicht in die dazu gemacheten und auffgerichteten Stöcke Gelt zu beförderung dieses Gebäu[d]es geben haben.«

Für die Innenausstattung stiftete bereits Herzog Heinrich I. von Braunschweig-Grubenhagen das Chorgestühl. 130 Jahre später gab es in dem Kanoniker und Stifts-Prälaten in St. Alexandri, Degenhard Ree, einen weitereren großzügigen Gönner der Kirche.

Ree muss ein sehr wohlhabender und gläubiger Mensch gewesen sein. 1414 vereinbarte er für zwölf Einbecker Mark, dass nach seinem Tod in der Kirche Anniversarien und Seelenmessen abgehalten werden. Der Chronist Letzner: »Herr Degenhardus N. Canonicus zu Einbeck/ hat den Thum (die Kirche) daselbst mit der grossen Messings Chronen (Radleuchter) /der ehrnen Thauff, / und andern schönen Kleinods geziert und gegabet«. Sicherlich wurde das Taufbecken anlässlich eines Gottesdienstes in Betrieb genommen, an dem neben Degenhard Ree auch Dechant Baldewini und der neue Probst des Stiftes, Ludolf von Oldershausen teilnahmen. Der Kanoniker Ambrosius Struffius war nach Letzner »ein gelerter Mann/ und ein guter Schreiber/hat viel herrliche und schöne Bücher geschrieben« und vielleicht den Text zur Predigt beigetragen«.

Das achteckige Taufbecken wird von vier kleinen Löwen mit leerem Wappenschild vor der Brust getragen und steht auf einem ebenfalls achteckigen, konkav gewölbtem ansteigenden Fuß. In jedem der acht Fächer steht eine fast vollplastisch ausgebildete Figur Unter den acht Feldern finden sich die Namen der Figuren und ein Spruch des Gießers: »Got gheue de sele rat- dit ghe m[a]k[e]t hat. (Gebe Gott der Seele desjenigen Hilfe, der dies gemacht hat). Regnerus Hennyngus «.Die Figuren auf dem Foto: Links oben ist der Heilige Alexander, einer der sieben Söhne der Felicitas und Namenspatron der Kirche abgebildet. Die Alexander-Figur zeigt an Gürtel und Halskragen Ähnlichkeiten mit dem Steinrelief der Heiligen Felicitas, das zwischen der Heilig-Blut-Kapelle und dem Eingang zur Krypta steht, auf. Ursprünglich trug Alexander eine Lanze, die aber nicht mehr vorhanden ist. In der Linken hält er seinen Schild mit dem abgeschlagenen Kopf eines Heiden.

Rechts daneben ist der Apostel Thomas, der Patron der Zimmerleute abgebildet. Thomas verteilte für den Tempelbau bestimmtes Geld an die Armen und musste seine gute Tat mit dem Leben bezahlen. Rechts unten ist Degenhard Ree ganz klein und demütig in knieender Position dargestellt. So hatte sich der Spender Degenhardt Ree gemeinsam mit dem biblischen Spender Thomas auf dem Taufbecken verewigt.

Vor Ree liegt sein Wappen, ein laufendes Reh und darüber das Spruchband: »Dominus degenhardus ree orate pro dato(r)e«. Die nächste Figur ist Johannes der Täufer mit dem Lamm Gottes auf dem Buch, ganz rechts Maria mit dem Kinde.

Unten links: Der Jünger Johannes, oder Johannes der Evangelist. Er musste der Legende nach den Giftbecher trinken, deswegen ist er mit dem Kelch in der linken Hand dargestellt. Rechts von ihm steht Petrus. Er trägt als Zeichen seiner Macht den großen Schlüssel, mit dem er die Pforten des Himmels öffnet. Daneben steht die heilige Felicitas, die mit ihren sieben Söhnen im zweiten Jahrhundert den Märtyrertod erlitt. Die Figur der Felicitas weist Ähnlichkeiten mit dem oben erwähnten, stark verwitterten Steinrelief links an der Wand vor der Kapelle auf: die Kopfbedeckung, der faltenreiche Umhang und der Hüftgürtel, der das Kleid rafft. Unten rechts. Christus hat die rechte Hand segnend erhoben und hält in der linken die Weltkugel mit Kreuz. Der Text des umlaufenden Spruchbandes des Taufbeckens wurde wohl von Degenhard Ree ausgewählt. »folgende Wort/ aus dem 51. Psalm genomen: Asperges me domine Hyposo & mun[d]abor …«. Er lautet übersetzt. »Du wirst mich Herr, mit Ysop benetzen und ich werde gereinigt werden …«.

Das Einbecker Taufbecken stand wohl ursprünglich im Westen der Kirche, denn in der mittelalterlichen Vorstellungswelt war im Westen der Sitz der Dämonen. Danach war ein noch nicht getauftes Kind als Heide anzusehen und gehörte gewissermaßen zu den Dämonen. Der Täufling musste deswegen von Westen nach Osten in die Kirche und damit in das Christentum eintreten.

Nach dem Chronisten Letzner wurde im späten 16. Jahrhundert die erste »Sanierungsmaßnahme durchgeführt«: Man hat das Taufbecken und den Radleuchter »schön Renovieren und auspotzen lassen/ und damit das Münster nicht wenig gezieret«.

Über das Leben des Degenhard Ree findet sich in den Chroniken leider nichts weiter außer dem Eintrag » ist Anno 1429 in Virgilia Simonis & Iudae (am 14. Oktober) verstorben«.wk