Das tun, woran man mit dem Herzen hängt

Jugendkirche »marie« spielt zauberhaftes »Däumelinchen« als Wintermärchen | Viel Beifall am Premierenabend

Einbeck. Das 1835 erstmals veröffentlichte Stück hat die Jugendkirche »marie« nämlich für ihr zehntes Wintermärchen ausgewählt, und bei der Premiere am Sonnabend wurde das Ensemble gefeiert für eine gleichermaßen zauberhafte, gefühlvolle und moderne Inszenierung. Lore Marie wünscht sich ein Kind, aber ohne Mann, und so bittet sie die Hexe Walburga Krummbesen, ihr zu helfen. Die gibt ihr, verbunden mit Magie, ein Samenkorn, aus dem eine schöne Blume wächst, und daraus »pflückt« Lore ihr Däumelinchen. Das Mädchen ist allerdings winzig, nicht größer als ein Daumen. Mutter und Tochter verstehen sich bestens, das geliebte Kind erfährt, dass es etwa ganz Besonderes ist. Vom Fenster aus beobachtet Däumelinchen gern das Geschehen im Märchenwald, denn dort ist allerhand los. Es gibt eine Krötenmutter mit ihrem Sohn, der durch zahlreiche Fitness-, Karate- und Yoga-Übungen gequält wird, ein kleiner schüchterner Prinz aus Spanien sieht sich in Begleitung von Puk im Wald um, Maus Maive versucht, ihren Kumpel Fritz von seinen Ängsten vor Zweibeinern und Käse zu befreien, und drei ungewöhnliche Käfergeschwister verbringen ihren Tag damit, sich zu streiten.

Als der Prinz Däumelinchen nach einem Zufallstreffen wiedersehen möchte, schmiedet Puk einen Plan, der allerdings einige Schwächen hat. Sie engagiert die Agenten-Kröte für eine Entführung, doch Däumelinchen hält es nicht auf dem Seerosenblatt. Ein schöner Schmetterling trägt sie weiter, aber schließlich irrt sie allein durch den Wald. »Das ist ja voll blöd für dich«, meint Maive und nimmt Däumelinchen mit in die Mäusehöhle. Dort überwintern die Mäuse, der Maulwurf und das kleine Kind zusammen. Miteinander wird Weihnachten gefeiert. Als der Frühling kommt, beginnt die Suche nach Däumelinchens Mutter – zunächst erfolglos. Erst die Begegnung mit der Schwalbe Felicitas hilft ihr weiter. Der Vogel ist nach einem Angriff von Puk schwer verletzt. Däumelinchen pflegt ihn, und die beiden schließen eine enge Freundschaft. Während der Zeit in der Höhle hat sich Maulwurf Norbert, auf den Maive eigentlich ein Auge geworfen hat, in Däumelinchen verliebt; er möchte sie heiraten. Erst vor dem Altar wird ihr jedoch klar, dass sie ihr Leben nicht unter der Erde verbringen möchte. Däumelinchen liebt die Freiheit, deshalb macht sie sich mit Felicitas auf den Weg, die Welt zu entdecken.

Zuhause findet sie einen Brief ihrer Mutter – ein Wiedersehen rückt in greifbare Nähe. Bis dahin zieht sie aber weiter mit Felicitas umher, und dabei trifft sich Prinz Julian wieder. Groß ist die Freude nicht nur über dieses Wiedersehen, sondern auch darüber, dass im Volk des Prinzen alle Menschen klein sind – ein verdientes Happy End.

Mit viel Spielfreude und Wortwitz hat das Ensemble das Stück auf die Bühne gebracht. Die Tiere im Märchenwald zeigen dabei ganz menschliche Züge, sie sind witzig, pfiffig, freundlich, hilfsbereit. Viel zu lachen gab es beispielsweise bei Sätzen für die Ewigkeit wie »Iss Mücken, das macht glücklich« oder »Frauen, das ungeklärte Mysterium der Natur«. Auch Kostüme und Bühnenbild zeigten Kreativität und Einfallsreichtum. Drei Monate hat das Ensemble in die Vorbereitung des Wintermärchens 2014 investiert, 150 Stunden wurde geprobt. Entstanden ist, wie angekündigt, tatsächlich »die wunderschönste Version von Däumelinchen«. Unendlich viel Energie haben die Jugendlichen in ihr Projekt gesteckt, allein der Aufbau in der Neustädter Kirche dauerte rund drei Wochen – doch der Aufwand hat sich, nicht zuletzt gemessen am begeisterten Beifall der Zuschauer, gelohnt.

»Hans Christian Andersen hätte sich darüber gefreut«, stellte Holger von Oesen vom Kreisjugenddienst anschließend fest. Die Jugendkirche habe das Stück etwas entstaubt und ein bisschen Patina abgekratzt. Das Märchen sei ein Beispiel dafür, dass man sich für das entscheiden solle, woran man mit dem Herzen hänge. Mitgespielt haben Louisa Mose in der Titelrolle als Däumelinchen, das sich den Platz in der Welt erobert, Jendrik Bühring als Prinz Julian, Hannah Meyer als Puk, Julians Begleiter, Finn Kröß als Quarks Dietmar, der lieber Sternekoch statt Detektiv oder Agent werden möchte, Martina Nölting als Allen Green, Deckname 08/15, die Krötenmutter, Henrieke Conrad als Däumelinchens umsorgende Mutter und als flippiges Glühwürmchen Jipsy, Louis Enrique Fis Francia als cooler Glanzkäfer Jonny, Linda Marie Lüdecke, die als Marienkäfer Pam immer ganz genau weiß, wo’s langgeht, Franziska Gabriel als hilfsbereite und unglücklich verliebte Maus Maive, Niklas Landßien, als Norbert von Ober-Unterberg der eleganteste Maulwurf, den das Theater je gesehen hat, Marvin Schoppe, der als traumatisierte Labormaus Fritz seine Ängste überwinden lernt, und Rebecca Koch als Hexe Walburga Krummbesen, schöner Schmetterling Fly und Schwalbe Felicitas, die Däumelinchens beste Freundin wird. Zum Ensemble gehörte ebenfalls Nele Felicitas Leitolf. Regie und künstlerische Leitung lagen bei Marc Hertwig und Lia-Marlin von Oesen. Henrieke Conrad und Jendrik Bühring haben assistiert. Für das Make-up waren Lea Kirin Körber, Sina Meier, Fabienne Meyer und Svenja Schiegel zuständig, für die Kostüme Rosemarie Conrad und Jan-Christoph Brockmann, für die Technik Marvin Rose und Raphael Bartels, für den Video-Einstieg Tom Astein, und zur Crew zählten neben vielen weiteren Helfern Madeleine Jaeger und Johannes Schier.

Nach zwei Familienvorstellungen am Sonntag laufen die ganze Woche über noch Schulveranstaltungen – und alle sind komplett ausverkauftek