Der Kaiser-Friedrich-Turm soll begehbar werden

Einbeck. Einbeck im Jahr 1900: Die Industrie der Stadt erlebt eine Blütezeit, unter anderem gibt es drei Webereien.  Der Stukenbrok-Katalog hat eine Auflage von 100.000 Exemplaren, der bekannte Fabrikant Walter Poser wird geboren. Außerhalb der Stadtmauer werden immer mehr Straßen angelegt, und die letzten Reste des Tiedexer Tores werden abgetragen.

Die Verwaltung beschließt, die Stadtmauer bei dem gerade im Bau befindlichen Berkenbusch-Haus an der Benser Mauer abzureißen. Für »die Verbreiterung der Straße an der Hägermauer wird die Stadtmauer teilweise abgebrochen«. Das Realgymnasium bietet eine vollständige schulformbezogene Ausbildung an. Einbeck hat so viele Schulen, »daß der Scherz aufkam, Einbeck ginge noch an seinen Schulen zugrunde«. Am 7. November wird die Markthalle auf dem Hallenplan abgerissen, und im Stadtwald wird der Kaiser-Friedrich-Turm eröffnet. Damals gab es mehrere Türme mit diesem Namen: Nachdem 1871 das Deutsche Reich gegründet wurde, wählte man den preußischen König Wilhelm zum Kaiser.

Nach seinem Tod kam 1888 sein Sohn Friedrich auf den Thron. Doch Kaiser Friedrich III. war bereits bei seinem Amtsantritt schwer krank. Er verstarb nach kurzer Zeit und ging als »99-Tage-Kaiser« in die Geschichte ein. Um Kaiser Friedrich zu ehren, gründeten sich nach einiger Zeit an vielen Orten im Reich Gruppen von honorigen Bürgern, die zu Ehren von Kaiser Friedrich Gedenktürme bauen wollten. Es wurden Komitees gegründet, um fleißig Geld für die Bauvorhaben zu sammeln. Der »aus Einbeck stammende jüdische Bürger B. Meyersfeld« machte 1895 mit einer Spende von 500 Mark den Anfang für den Bau eines Kaiser-Friedrich-Turms. Als Standort wählte man einen Platz auf 275 Metern Höhe im Stadtwald zwischen »Stadtgrund« und »Domeiers Ruh«. Fünf Jahre später war der Kaiser-Friedrich-Turm dank einer großzügigen 3.000 Mark-Spende von Konsul Berkenbusch fertig. Der Aussichtsturm, wie er von den Einbeckern genannt wird, war immer ein beliebtes Ausflugsziel. Über den Teichenweg gelangt man zum Parkplatz an den Teichen. Von dort geht es am Waldgasthof vorbei und dann einen relativ steilen Waldweg hinauf. Etwas weniger steil, aber dafür länger, ist die Route über den Negenborner Weg. Vom Parkplatz geht es am Sendemast vorbei in den Wald. Beim Denkmal von Kreisjägermeister Peter-Paul-Schroeder biegt man links ab.

Nach einigen hundert Metern zweigt man an der Wegkreuzung nochmal nach links ab, und nach kurzer Zeit taucht rechter Hand der Aussichtsturm auf. Leider ist der Turm schon seit Jahren nicht mehr begehbar. Vor vier Jahren berichtete der Autor schon einmal über den Aussichtsturm, damals gab es bereits Reaktionen hinsichtlich einer Renovierung. 2014 soll sich endlich etwas tun. Wie sich am Ende des 19. Jahrhunderts honorige Bürger zusammentaten, um den Turm zu bauen, treffen sich am Anfang des 21. Jahrhunderts wiederum honorige Bürger - diesmal in dem Bemühen, den Turm wieder herzustellen. Am nächsten Wochenende findet die Gründungsversammlung statt:

Der Förderverein Kaiser-Friedrich-Turm Einbeck (e.V.) wird ins Leben gerufen. Der Zweck des Vereins ist die Förderung von Naherholung, Kultur und Denkmalpflege. Der Satzungszweck wird insbesondere verwirklicht »durch Maßnahmen zum Erhalt des Kaiser-Friedrich-Turms in seiner Funktion als Aussichtsturm« und durch die Gestaltung des Umfeldes des Turms. Eines der Vereinsziele soll also sein, den Turm für die Einbecker Bürger wieder begehbar zu machen.wk