Der Marktplatz rund um den »Gildehof«

Einbeck. Die heutige Aufnahme zeigt die Ecke Marktplatz und Pastorenstraße. Der »Gildehof« wurde kurz nach 1550 als Eckhaus an dieser Stelle erbaut. Baulich weicht das Haus in einigen Punkten von den anderen Einbecker Gebäuden ab, so dass man davon ausgehen kann, dass es sich hier um einen Sonderbau handelt. Auffällig sind die großen Geschosshöhen des Hauses: Das Erdgeschoss hat eine Höhe von 3,47 Meter, das erste Obergeschoss ist 3,07 und das zweite Obergeschoss 2,76 Meter hoch.

Vielleicht war das Haus damals bereits das, als was es schon lange bezeichnet wird: ein Gildehaus. Gegenüber der Marktkirche steht es giebelständig zum Marktplatz. Damit diese Giebelständigkeit des Hauses noch imposanter wirkt, hatte es wahrscheinlich einmal ein relativ niedriges Dach, das mit braunen Hohlpfannen gedeckt war (heute Schleppgauben).

In den 1960er und 1970er Jahren wurde der umliegende Bereich komplett umgestaltet. Der »Gildehof« hatte früher einen Erker über Eck. Erker gab es in der Tiedexer-, Marktstraße und auf dem Marktplatz. Im Gegensatz zur so genannten Utlucht steigt ein Erker nicht vom Boden auf, sondern wird von einer Balkenlage am ersten Obergeschoss getragen. In Hildesheim zum Beispiel galt für Erker die Bestimmung, dass sie so hoch angebracht werden mussten, dass ein Wagen mit einem Fuder Heu darunter durchfahren konnte. Durch die Erker (auch Aerker oder Ausstich) wurden die Lichtverhältnisse im Inneren der Häuser verbessert. In späteren Zeiten wurden viele Erker zurückgebaut. Heute sind nur noch sehr wenige im Stadtbild erhalten. Ende des 19. Jahrhunderts beherbergte das Gebäude den »Gasthof Holtegel«. Holtegel warb mit Clubzimmer, Garten, Kegelbahn und Billard für sein Lokal. 1911 wurde das Gasthaus von August Wille übernommen.

Allerdings wurde der Gasthof in einer Hotel-Liste aus dem Jahr 1925 als »August Holtegel, Marktplatz 3, Gastwirtschaft« aufgeführt. Das Gebäude ganz rechts steht heute nicht mehr. Um 1900 hatte hier der bekannte Einbecker Unternehmer August Stukenbrok sein Geschäft. Heute befindet sich an dieser Stelle die Filiale einer großen Warenhauskette, dessen Gründer übrigens einige Jahre vor August Stukenbrok mit einer ähnlich genialen Geschäftsidee ein Imperium begründete.    wk