Der Neue Markt in Einbeck – in der »guten alten Zeit« und heute

Einbeck. In der »guten alten Zeit« fuhren auf dem Neuen Markt keine Autos, sondern Handkarren und Pferdewagen. Auf dem aktuellen Bild dominiert der Kraftfahrzeugverkehr – auf dem historischen Foto steht ein kleines Pferdefuhrwerk mitten auf der Straße und der Kutscher hält in aller Ruhe einen Plausch mit einem Passanten. Weiter vorne spielen seelenruhig Kinder auf Bürgersteig und Straße.

Halblinks sitzt ein kleiner Hund – ebenfalls auf der Straße. Eine Szene, die heute unvorstellbar ist. In der Bildmitte befinden sich die Häuser Nummer 33 und 35. Die meisten Häuser des Neuen Marktes waren damals noch aus Brandschutzgründen verputzt – das Haus Nr. 35 war aber bereits vom Putz befreit und frisch renoviert. Rechts daneben (Bildmitte) beginnt heute der Stiftspark – damals stand auf der Ecke zur Hohen Münsterstraße das Gasthaus »zum weißen Spitz«. Der Eigentümer hieß Eicke, genannt »Spitz-Eicke«.

Hier gab es einen guten Branntwein, der nicht nur in der Kneipe ausgeschenkt, sondern auch außer Haus verkauft wurde. Auf der alten Aufnahme ist die Gaststätte schon nicht mehr vorhanden – stattdessen steht hier bereits der Stukenbroksche Pavillon. Der bekannte Einbecker Unternehmer August Stukenbrok hatte das Grundstück gekauft und das Gelände als Park gestalten lassen. Durch diesen Park (hinter dem Zaun mit den weißen Steinpfosten) verlief quer durch das Bild die Einbecker Stadtmauer. Hinter der Frau im hellen Kleid auf der linken Bildseite kann man bei genauem Hinsehen den Schriftzug »Bäckerei und Conditorei« lesen. Inhaber und Eigentümer des Hauses Neuer Markt Nr. 19 war Meister August Glenewinkel. Das bekannte Café Glenewinkel/Papenberg wurde leider schon vor einiger Zeit geschlossen – das Firmenschild über dem Café ist heute noch vorhanden (aktuelles Bild). Das kleine dunkle Schild an Hausnummer 17 (altes Foto) lässt sich nicht entziffern.

Um 1930 hatte hier der Schuhmachermeister Karl Rannenberg seine Werkstatt. Gleich links daneben in Nummer 15 waren ebenfalls Schuster zu finden: Schuhmachermeister Hermann Jünke und Schuhmacher Friedrich Jünke jr. Um 1900 wohnte hier der »Oekonom« Georg Ernst. Heute befindet sich in diesem Haus das Süßwarengeschäft »Mischwerk«. Und ganz links im Bild kann man sich mit eigenen Augen überzeugen: an Haus Nr. 13 erkennt man die Aufschrift »Schuhmachermeister«. Der Vorname auf dem kleinen Ausleger lässt sich nicht genau entziffern. Der Nachname lautet Feser.

Ein E. Feser hatte in der Zeit um 1900 eine Schuhmacherwerkstatt im Rosenthal. Anscheinend war der Neue Markt damals »die« Adresse, wenn man seine Schuhe reparieren lassen wollte. Doch das entspricht nicht der Wahrheit: Das Handwerk war einfach sehr viel öfter in der Stadt vertreten als heute. Noch Ende der 1920er Jahre gab es im Bereich der Einbecker Altstadt 23 Schuhmacherwerkstätten und neun Schuhgeschäfte. Unter anderem gab es zu der Zeit in Einbeck noch 19 Schlachtereien, genau so viele Bäcker, ebenfalls 19 Fahrradgeschäfte (elf davon mit angeschlossener Werkstatt) und 33 Gastwirtschaften und Restaurants. Und offenbar hatte jeder sein Auskommen – wie haben sich die Zeiten doch geändert …wk