»Der Willy hat eine abbekommen«

Aufführung von »Aschenputtel« der Jugendkirche »marie« begeistert die Zuschauer

»Bombastisch«, »grandios«, »außergewöhnlich« - eindeutiger hätten die Reaktionen auf das »Wintermärchen« der Jugendkirche »marie« nicht ausfallen können. Gezeigt wurde »Aschenputtel«.

Einbeck. Die Geschichte ist bekannt: Der König sucht eine Gemahlin für seinen Sohn. Also veranstaltet er einen Ball, zu dem Frauen im heiratsfähigen Alter eingeladen werden. Auch Aschenputtel, die von ihren Stiefschwestern und ihrer Stiefmutter bis aufs Blut gedemütigt wird, schleicht sich heimlich dorthin.

Der Prinz verliebt sich in sie, und auf ihrer überstürzten Abreise verliert sie einen ihrer Schuhe. Also macht sich der Verliebte auf die Suche nach seiner Angebeteten: Das Mädchen, dem der Schuh passt, will er zur Frau nehmen. Aschenputtels Schwestern versuchen alles, um sich mit dem Prinzen zu vermählen, sie nehmen sogar den Verlust ihrer Zehen und Hacken in Kauf, um in den Schuh zu passen. Am Ende jedoch findet Prinz Wilhelm Aschenputtel und das Gute obsiegt.

Die beiden Tauben Gertrude (Kirsten Gattermann) und Regina Plusterkowski (Ariane Döhrel) erzählten die Geschichte dem Publikum. Unterstützt wurden sie von der Zaubererbse Örbs (Clarissa Auer). Zwischen Aschenputtel (Lena Kamrowski) und Prinz Wilhelm (Christian Krause), der mit Präzeptor Ploti Voltairius Snuggels (Marcel Knöchelmann) auf die Suche nach ihr geht, sprang der Funke glaubhaft über. Überstrahlt wurde die Aufführung jedoch von der schieren Präsenz des Königs von Oranien (grandios: Micha Meißner), der mit seinem niederländischen Akzent und den übergroßen Holzclogs eine außergewöhnliche Leistung ablieferte. Auch die beiden grazilen Schwestern Seraphina (Jan-Christoph Brockmann) und Celenta von Nasenhoch (genial: Markus Schweiss) sowie ihre Mutter Elisabeth (Martina Nölting) und deren Kutscherin Antje (mit herrlichem Friesendialekt: Daria Börsing) spielten, wie die gesamte Besetzung, überragend.

Wortwitz stand neben Slapstick-Einlagen an oberster Stelle: Wenn sich Celenta und Seraphina dem Prinzen vorstellen, und dieser meint, »na toll, die Wahl zwischen Pest und Cholera«, denken die beiden, dies seien »bestimmt griechische Göttinen«. Die Nachricht von einer Hochzeit am Königshof quittiert Posttaube Regina mit einem erstaunt-fröhlichen »Der Willy hat eine abbekommen«, und die Musical-Einlage des gesamten Ensembles zum Lied »Die Suche nach dem Schuh«, bei der auch Meißner einen kurzen Rap einstreute, war, wie Regina es formulierte, »ganz großes Kino«. Dem König huldigte das Volk, also die Zuschauer, mit dem Schwenken von Papiertaschentüchern. Auch die Überheblichkeit und das grausame Wesen von Seraphina und Celenta wurden hervorragend parodiert.

An diesem Abend passte alles: die Kostüme, das Bühnenbild und die überragenden Leistungen aller Schauspieler. Am Ende wird alles gut, die bösen Schwestern werden geläutert, und es werden Hochzeit und Krönung gefeiert. Wer sich dieses glanzvolle Schauspiel entgehen lässt, hat wirklich etwas verpasst. Besser geht es nämlich nicht.tc