Ausschuss für Kultur, Tourismus und Wirtschaftsförderung

Deutlich weniger Ausleihen durch den Lockdown

Jahresbericht 2020 für die Stadtbibliothek vorgelegt | Persönlicher Besuch in Zeitfenster und Take-Away-Angebot

Ihre Ausbildung zu Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste in der Fachrichtung Bibliothek läuft für Magnus Kehlbacher (links) und Sebastian Peper im Lockdown anders als üblich. Vieles ist aktuell nicht möglich. Sie haben aber die Zeit für Projekte genutzt, unter anderem dazu, dass die Neuheiten in der Stadtbibliothek, die Tonies, das sind Hörspiel-Angebote für Kinder, in den Bestand eingearbeitet und für die Kunden gut präsentiert werden.

Die Corona-Pandemie hat auch die Aktivi­täten der Stadtbibliothek gebremst, aber die Mitarbeiter haben das Beste aus der Situation gemacht, und in veränderter Form konnten die Kunden trotz der beiden Lockdown-Zwangspausen doch mit Lektüre versorgt werden. »Rückblick – Ausblick – Weitblick«, unter diesem Motto hat die Bibliothek jetzt ihren Jahresbericht 2020 im Ausschuss für Kultur, Tourismus und Wirtschaftsförderung vorgelegt.

Einbeck. Dass 2020 ein besonderes Jahr war, könne man schon fast nicht mehr hören, aber man könne es eben auch nicht anders sagen: Seit dem 16. März 2020 befinde sich die Welt im Ausnahmezustand, in dem alles neu bedacht und an veränderte Gegebenheit angepasst werden müsse, heißt es im Bericht. Das gelte auch für die Stadtbibliothek.

Alles anders seit erstem Lockdown

Die erste Phase des Lockdowns wurde mit der vollständigen Schließung unter anderem zur Erneuerung des Teppichs im Lesesaal genutzt. Anschließend wurde der Betrieb unter veränderten Bedingungen wieder aufgenommen. Es wurde ein Hygienekonzept erarbeitet, und »Stöbertermine« wurden eingeführt. In kleinen Gruppen konnten die Kunden dabei die Bibliothek zu einem vereinbarten Termin besuchen und sich in einem 30-Minuten-Zeitfenster Medien aussuchen und ausleihen. Zusätzlich wurde der Medien-Take-Away eingerichtet als kontaktlose Möglichkeit, etwas auszuleihen.

Per Telefon oder per E-Mail können die Kunden dazu ihre Medienwünsche mitteilen, die sie im online gestellten Katalog der Bibliothek ausgewählt haben. Ein Abholungstermin über die Schleuse im früheren Eingang Dr.-Friedrich-Uhde-Straße wird vereinbart, und hier findet eine kontaktlose Übergabe statt. Während des Sommers konnten beide Möglichkeiten angeboten werden. Mit dem zweiten Lockdown ab dem 20. November wurde nur der Medien-Take-Away angeboten. Inzwischen ist seit der vergangenen Woche parallel aber auch wieder der Besuch im vorab vereinbarten Zeitfenster möglich.

Optimierungsprozesse und neue Ideen

Zahlreiche Bereiche der Bibliotheksarbeiten konnten während der Pandemie nicht bedacht werden, unter anderem Veranstaltungen und Leseförderung. Der Blick nach innen habe Prozesse stärker optimiert, die Büroräume wurden modernisiert, und beim Um- und Aufräumen sei man auf gute Ideen und andere Dinge gestoßen, unter anderem auf ein altes Foto des Lesesaals, der 1966 eingeweiht wurde. Es sei damals mutig gewesen, die Bibliothek für die Bürger ansprechender, offener und nützlicher zu gestalten. Nach der Pandemie sei der Lesesaal hoffentlich wieder gut gefüllt mit Gesprächen, aber auch mit gespannter Stille. Das Team stehe mit neuen Ideen in den Startlöchern und sei bereit, wie gewohnt loszulegen und die Bibliothek zukunftsfähig aufzustellen, ebenfalls mit Mut und Weitsicht.

Seiten-Sammler

Die Seiten-Sammler haben im Sommer digital stattgefunden. Was unter der Schirmherrschaft von Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek an großen Veranstaltungen geplant war, konnte nicht stattfinden, aber es sei trotzdem eine gute Reihe gewesen. 25 junge Teilnehmer waren dabei, von der ersten bis zur siebten Klasse. Sie haben 33.437 Seiten gesammelt und dabei 239 Bücher gelesen und gewertet. Der Sieger hat für 4.512 gesammelte Seiten ein Diplom, eine Medaille und einen Preis bekommen, wie auch alle anderen Teilnehmer für ihre Anstrengungen belohnt wurden. Auch 2021 sollen die Seiten-Sammler wieder einen Lese-Sommer genießen können, digital oder analog – die Planungen laufen bereits.

Aktionen zur Adventszeit

Ebenfalls für die jüngeren Leser war die Nikolaus-Aktion gedacht, ohne traditionelles Basteln diesmal, aber mit Freude: Die Mitarbeiter haben mehr als 50 Nikolaustütchen gepackt, gefüllt mehreren Überraschungen zum Lesen, Basteln und zum Naschen. Sie wurden kontaktlos übergeben. Unterstützt hat diese Aktion der Förderverein der Stadtbibliothek, der die Kosten für den Inhalt übernommen hat.

In der Vorweihnachtszeit sind die Fenster zum Stukenbrok-Park mit einer Weihnachtsgeschichte mit Leopold, dem Leselurch, Maskottchen der Seitensammler, bemalt worden.

Ein lustig-romantisches Programm konnten 35 Besucher von »Dioptrien Deluxe« am Valentinstag 2020 im Lesesaal genießen. Anfang Oktober hat Annemarie Stoltenberg im Rahmen des Bücherherbstes mit der Kreisvolkshochschule neue Bücher vorgestellt und über Bücherverbrennungen in der NS-Zeit berichtet. 80 Zuhörer waren an den beiden Terminen dabei.

Onleihe-Nachfrage

Seit Anfang August können Bibliotheksnutzer auf das Medienangebot der Onleihe zurückgreifen. Erforderlich sind ein gültiger Bibliotheksausweis sowie E-Book-Reader, Smartphone, Tablet oder Notebook. Neben E-Books können auch Hörbücher, Musik, Zeitschriften oder Zeitungen ausgeliehen werden, rund um die Uhr. Der Wunsch danach bestand aus Nutzer- und Bibliothekssicht schon länger, heißt es im Bericht, aber erst im vergangenen Sommer konnte er erfüllt werden, nachdem der Betreiber der Onleihe pandemiebedingt die hohen einmaligen Einrichtungskosten erlassen hatte.

Somit ist kleineren Bibliotheken der Einstieg in die Onleihe erleichtert worden. Die Online ist dabei als zusätzliches Ausleihe-Angebot zu verstehen, das den realen und charmanten Besuch einer Bibliothek nicht ersetzen soll. Bis Ende Dezember haben 73 Leser den zusätzlichen Service genutzt und 1.031 Medien digital entliehen. Nach der Pandemie möchten die Mitarbeiter der Bibliothek gern eine regelmäßige Technikfragestunde dazu anbieten, bei der Fragen zur Einrichtung der Geräte geklärt und vor Ort erläutert werden.

Ausbildung unter Lockdown-Bedingungen

Ungewöhnlich ist diese Zeit für die zwei Auszubildenden der Bibliothek, sie erlernen den Beruf des Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, Fachrichtung Bibliothek: Magnus Kehlbacher im zweiten und Sebastian Peper im ersten Ausbildungsjahr. Die Zwischenprüfung von Kehlbacher musste im Februar ausfallen, und Peper hat seit Ausbildungsbeginn im August noch keinen »normalen« Bibliotheksalltag erlebt, sondern nur die Lockdown-Bedingungen. Das Team vermittelt die vorgesehenen Ausbildungsinhalte aber dennoch so gut wie möglich, wenngleich sich Publikumsverkehr und Veranstaltungsarbeit nicht simulieren lassen. Beide Azubis haben über einen längeren Zeitraum selbstständig eigene Projekte bearbeitet, zuletzt u.a. die Einführung von Tonies. Eine Tonie-Box ist ein würfelförmiges Gerät zum Abspielen von Tonaufnahmen, etwa Hörspielen. Dazu werden Spielfiguren, auf denen die Inhalte gespeichert sind, magnetisch auf das Gerät gestellt. Die dazu von der Bibliothek beschafften Figuren müssen ausleihfertig bearbeitet werden. Das haben die Azubis ebenso erledigt wie das Einarbeiten in den Katalog und die Werbemaßnahmen für das Angebot, das den Kunden seit der Wiedereröffnung Mitte März zur Verfügung steht. Die Tonies sind gedacht für Kinder ab drei Jahren. Der Förderverein hat die Anschaffung von 15 Tonie-Figuren unterstützt.

Der Jahresbericht geht auch auf die Zahlen ein: Nach dem statistisch sehr guten 2019 stehe 2020 schlecht da, schreiben die Mitarbeiter. Ausgeliehen wurden im vergangenen Jahr 3.252 (2019: 6.144) Sachbücher und 9.725 (15.506) Bücher aus dem Bereich Belletristik. 7.977 (18.715) mal war Kinder- und Jugendliteratur gefragt. 4.491 (4.785) Zeitschriftenhefte wurden ausgeliehen. 12.670 (23.323) AV-Medien nahmen die Kunden mit nach Hause, und 915 (983) mal wurden Spiele ausgewählt.

Die Gesamtausleihen beliefen sich 2019 auf 70.025 Exemplare. Dagegen waren es im vergangenen Jahr nur 43.987, ein Minus von 37,18 Prozent. Grund war natürlich die Corona-Pandemie mit den Lockdowns, und auch die Zugangsbeschränkungen wirkten sich aus. Die Zahl der Öffnungsstunden sankt im Vergleich zu 2019 um 57,76 Prozent. Immerhin konnte der Medien-Take-Away zumindest teilweise die Medienversorgung sichern. Allerdings zeigten die Zahlen und die Erfahrungen der Mitarbeiter, dass die persönliche Auswahl bevorzugt werde.

Kinderbuch-Ausleihe: 60 Prozent Rückgang

Bei keiner Gruppe schlug sich das deutlicher nieder als bei der Kinder- und Jugendliteratur: Die Ausleihen gingen im Jahresvergleich um 60,01 Prozent zurück. Bei den Angeboten des vergangenen Jahres waren besonders die Jugendlichen nur gering vertreten. Der größte Teil der Auswahl und Ausleihen in diesem Bereich findet durch die Familien statt, über die Kinder Bücher angeboten bekommen. Jugendliche, die zuvor als Einzelbesucher die Bibliothek aufgesucht haben, unabhängig von der Familie, sind fast vollständig weggefallen. Das mache, so der Bericht, die Aufgabe für dieses Jahr deutlich: Die Förderung von Kindern und Jugendlichen als pandemiebedingt am stärksten und negativsten betroffene Gruppe soll sobald wie möglich wieder hochgefahren werden. Maßnahmen dazu sind Aktionen, ein Angebot zum Aufenthalt und auch eine während des Lockdowns aktuell gehaltene Kinder- und Jugendbuchabteilung.ek