Deutschland ist größter Profiteur der Euro- und Finanzkrise

Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank, beim Vortrag in der Sparkasse Einbeck: Ungewöhnliche Position, klare Worte

»Es geht nicht um Irland, Griechenland oder Portugal, es geht um Macht«: Eine andere Sicht auf die Wirtschafts- und Finanzlage in Europa haben jetzt Kunden der Sparkasse Einbeck im Rahmen einer Vortragsveranstaltung erfahren: Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank, stimmte nicht ins derzeit gängige Untergangsgeheul ein, sondern er machte Mut angesichts der zahlreichen Probleme, die sich immer wieder und auch aktuell in der Euro-Zone auftun. Hinweise zur Einbeck-Anleihe »Deutschland 2012«, gab es von Christian Schneider vom Vermögensmanagement bei der Nord LB Hannover.

Einbeck. Bei der Planung der Veranstaltung vor einigen Monaten habe man gar nicht mit einer solch brisanten Situation gerechnet, sagte der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Einbeck, Stefan Beumer. Griechenland sei nun möglicherweise kurz vor dem Austritt aus der Euro-Zone, Spanien vor dem Rettungsschirm, und wer Geld anlegen wolle, müsse fast noch etwas für die Zinszahlungen mitbringen. Folker Hellmeyer sei ein besonderer Kenner der Wirtschaft, bekannt dafür, klar und deutlich Position zu beziehen – und er habe meist Recht, so Beumer. »Wir freuen uns auf Ihre klaren Worte.«

»Europa – quo vadis« lautete das Thema. »Ich kann nur vor mir warnen, seien Sie skeptisch«, wandte sich der Referent mit einem Augenzwinkern ans Publikum. Eine andere Sichtweise auf Europa und die Weltwirtschaft halte er für angemessen, geboten und notwendig. Es gehe in der aktuellen Krise nicht um Irland, Griechenland oder Portugal, sondern um Macht, sagte er. Dabei hätten die Medien ein Gefühl »gegen Europa« geweckt, das den Deutschen den Eindruck vermittele, sie müssten alles bezahlen. Dabei sei Deutschland der größte Profiteur der Euro- und Finanzkrise. Das eigene, relativ kleine Konjunkturprogramm habe durch das Ausland einen nachhaltig positiven Impuls erhalten. Der niedrige Eurokurs verbessere die Exportaussichten, »und dafür sollten wir uns bei Dimitri, Jorge und Sean bedanken«, so Hellmeyer.

Niedrige Zinsen sorgten für mehr Wachstum, Steuern und Beschäftigung. Deutschland habe Vorteile von über 100 Milliarden Euro aus der globalen Finanzkrise gezogen. Wenn Griechenland scheitere, liege der Schaden für Deutschland bei rund 80 Milliarden Euro – wenn man das gegen die Vorteile aufrechne, zeige das die »unfassbare Diskussion« zum Thema. »Die Euro-Zone ist das Geschäftsmodell Deutschlands« hob Hellmeyer hervor. Wenn sie scheitere, scheitere das gesamte Modell. Viele Einzelaspekte der Krise würden weiter anhalten, dabei seien die Probleme aber teilweise überzeichnet.

Nur wenige Bürger glaubten, dass in Griechenland Reformen umgesetzt würden. Tatsächlich sei es so, dass 2010/11 viel getan wurde, Hellmeyer sprach von einer »Phalanx an Reformen wie nie zuvor, historisch einmalig.« Es gebe jedoch eine Menge falscher Nachrichten über Griechenland, die zu einer Phantomdebatte führten, die sachlich nicht angemessen sei. Auch Irland werde verkannt und unter den Rettungsschirm gezwungen, dabei sei die Wirtschaft von starker Statur. Für Italien müsse man feststellen, dass »Bungabunga« keine Strukturpolitik sei, doch es habe inzwischen viele Reformen geben. Das Land verfüge über das größte Staatsvermögen in der Eurozone, die Verschuldung sei nicht prekär, und beim strukturellen Haushaltsdefizit liege das Land vor Deutschland. Grund für die derzeitige – falsche – Einschätzung, so seine These, sei die angelsächsisch-amerikanische Bankenaristokratie, die auch die Ratingagenturen weltweit kontrolliere.

Viele Länder hätten sich wesentlich verbessert, arbeiteten an der Gesundung ihres Geschäftsmodells, hätten Erfolge bei der Senkung der Defizite, könnten die Neuverschuldung senken. »Die Eurozone ist das Paradepferd der Stabilität und Reformpolitik«, betonte der Analyst. Das treffe gerade auch im Vergleich zu den USA zu, wo es eine gigantische Neuverschuldung gebe. In Spanien und Griechenland liege die Verschuldung zusammen bei 380 Milliarden Euro, bei den USA seien es innerhalb des letzten halben Jahres 628 Milliarden Dollar. Dass sich die Gewichtung so verschoben habe, zeige, dass es um die Macht des Dollar gehe.

Ein Schicksalstag für Europa wird der 17. Juni sein, wenn in Griechenland noch einmal gewählt wird. Einen Wahlausgang zuungunsten Europas erwarte er eigentlich nicht, so Hellmeyer. Sollte die Wahl dennoch »schief« gehe, würden »undenkbare Dinge« passieren: Er verglich die Situation mit der Deutschlands 1648 nach dem Dreißigjährigen Krieg. »Wenn Ihre Kinder eine Zukunft haben sollen, brauchen wir ein Europa innerhalb einer globalen Welt«, wandte er sich an die Zuhörer. Bei einem Zerfall werde es bedeutungslos.

Für die nächste Zeit sagte er ein höheres Wachstum als erwartet voraus – wenn sich die europäische Defizitkrise entschärfe. 1,5 Prozent seien für Deutschland möglich. Der DAX habe Qualität und Potenzial, auch wenn zunächst ein weiteres Absacken möglich sei. »Die Daten sind besser, als sie dargestellt werden.« Wenn es am 17. Juni in Griechenland aber gut laufe, werde es wieder nach oben gehen. Er bleibe ein Freund von Gold und Silber, ergänzte Hellmeyer, und Agrarwerte böten wegen begrenzter Verfügbarkeit und hohem Bedarf viele Chancen. »An Aktien traue ich mich nicht, die normalen Zinsen reichen mir nicht«, wer so denke, sollte sich mit der Einbeck-Anleihe »Deutschland 2012« beschäftigen, lautete Christian Schneiders Empfehlung.

Der Vermögensexperte bei der Nord LB Hannover führte aus, dass Anleger bei diesem neuen Sparkassen-Produkt nicht ihr Kapital riskierten, sondern den Zins. Sie setzten darauf, dass sich Deutschland besser entwickele als Europa mit dem Eurostoxx 50, wobei ein Sicherheitspuffer enthalten sei. »Das ist etwas, das auf dem ›Anlagetacho‹ zwischen 80 und 200 liegt: vernünftige Rendite, vernünftiges Risiko.« Eine Zeichnung ist bei der Sparkasse Einbeck bis zum 29. Juni möglich, verbunden mit ausführlicher Beratung.ek