Die »alte Stadt« attraktiv und funktionell erhalten

Am Sonnabend Tag der Niedersächsischen Denkmalpflege / »Bewahren, entwickeln, nutzen« / Interessierte Bürger sind willkommen

»Die alte Stadt als Zukunftsstadt: Bewahren – Entwickeln – Nutzen«, so lautet nicht nur das Motto vom 14. Tag der Niedersächsischen Denk­malpflege am kommenden Sonnabend, 9. Juni, in Einbeck, sondern das ist auch ein Thema, um das sich Einbeck seit langem praktisch bemüht. Verbunden ist der Tag mit dem 400. Geburtstag des Eickeschen Hauses. Dazu wird ein neues Buch vorgestellt, das die Sanierung der vergangenen Jahre aufgreift. Die Veranstaltung wendet sich an ein Fachpublikum, aber auch an interessierte Bürger. Für die vielfältigen Führungs- und Ex­kursionsangebote kann man sich noch anmelden.

Einbeck. Die Stadt Einbeck sei stolz auf ihr Kulturgut, in diesem Jahr besonders auf das Eickesche Haus, hob der Fachbereichsleiter Bauen, Planen, Umwelt, Gerald Strohmeier, bei der Vorstellung des Programms am Tag der Niedersächsischen Denkmalpflege hervor.

Zu diesem Tag, der seit 1986 alle zwei Jahre stattfindet, hätten die Stadt Einbeck mit dem Jubilar, dem Eickeschen Haus, und das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege zusammengefunden, berichtete der Präsident der Behörde, Dr. Stefan Winghart. Städtebauliche Denkmalpflege, der diesjährige Schwerpunkt, erscheine zwar als sperriger Begriff. Vereinfacht sei aber festzustellen, dass die Stadt Funktion brauche – und umgekehrt. Die städtische Kultur habe Europa geprägt, angefangen von der griechischen polis bis zur Gegenwart. Nicht nur einzelne Gebäude seien dabei zu betrachten, sondern das Zusammenwirken aller Funktionen. So werde die Stadt zur Geschichtsquelle. Die »alte Stadt« gelte es, aus der Vergangenheit in die Zukunft zu führen. Gerade Südniedersachsen habe viele historische Stadtkerne, und Einbeck und das Eickesche Haus seien prominente Beispiele für ein Gelingen.

Natürlich könne man den demografischen Wandel nicht verdrängen, so Dr. Winghart, er treffe gerade die kleinen und mittleren Städte. Die Mechanismen in Funktion zu halten und jungen Familien das Leben in den Innenstädten zu ermöglichen, aber auch dem Handel Entwicklung zu bieten, das seien wichtige Aufgaben. Dass die Stadt lebe und sich wandele, sei ein andauernder Prozess. Die städtebauliche Denkmalpflege bringe viele Beteiligte zusammen. In Einbeck hätten Untere Denkmalschutzbehörde und Archäologie bereits Großes geleistet, »und wir durften sie dabei begleiten.«

Natürlich müsse auch in Zukunft noch viel passieren, und das funktioniere nicht ohne öffentliche Unterstützung. Das Leben in der alten Stadt habe aber auch Vorteile, beispielsweise schränke es den Verbrauch neuer Flächen ein, man setze auf Sanierung statt auf Abriss, und vorhandene Infrastruktur werde genutzt. Wenn man es richtig anfange, können die alte Städte eine besondere Wohnqualität entwickeln. Einbeck, so das Lob des Präsidenten, sei da auf einem guten Weg. Wenn man die Stadt attraktiver mache, könne man ihre Funktion und auch sie selbst als Mittelpunkt stärken. Erfreulich, so Dr. Winghart, sei die Aufnahme Einbecks ins Programm »Städtebau­licher Denkmalschutz«, auch wenn man wisse, dass man mit einer solchen Aufgabe nie 100-prozentig zum Ende komme.

»Wir müssen von der Entwicklungs- zur Schrumpfungsplanung kommen«, betonte Baudirektor Strohmeier. Das betreffe alle Nutzungsbereiche. Eine neue Infrastruktur könne man sich nicht mehr leisten - entsprechend müsse man Vorhandenes besser nutzen. Man müsse es lebens- und liebenswert machen, in der Innenstadt zu wohnen. Das Programm biete Anreize dazu, und auch die Politik müsse mitmachen. Immerhin könne sich eine »Stadt der kurzen Wege« wie Einbeck rühmen, etwas für den Klimaschutz zu tun, sie handele positiv im Sinne des Klimaschutzes, und die Ökobilanz sei bei der Nutzung gebauter Substanz positiv.

Nicht vernachlässigen dürfe man den Wert der Häuser der Altstadt, ergänzte Dr. Winghart - schaffe man ständig neuen Wohnraum, werde er sinken. Er sprach sich deshalb für Zurückhaltung bei der Ausweisung neuer Bauflächen bei sinkenden Bevölkerungszahlen aus; das werde den alten Kernen gut tun. Das, kündigte er an, werde am Sonnabend Thema bei den Vorträgen und Exkursionen sein: »Wir wollen gute Beispiele zeigen. Dieser Tag soll deutlich machen, dass es gelingen kann, auch am Beispiel Eickesches Haus.« Die Teilnehmer der Veranstaltung sollten sehen, dass solche Ziele umzusetzen seien mit »normalen« Leuten, zumal es zu solchen Bemühungen keine Alternativen gebe.

Bewusst sind deshalb die Einbecker Bürger aufgerufen, sich zu informieren und entweder an der gesamten Veranstaltung oder an einer Exkursion teilzunehmen. Dietmar Vonend vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege rechnet mit 250 bis 300 Besuchern. Der Tag sei zwar fachlich ausgerichtet, aber dennoch auch für die inte­ressierte Öffentlichkeit interessant, machte er deutlich. Bewusst verzichte man auf den hochwissenschaftlichen Anstrich, sondern man wolle für jedermann verständliche Informationen liefern. Der 9. Juni ist zudem ausersehen als der 400. Geburtstag der »Fachwerk-Ikone der Spätrenaissance«, wie der Vorsitzende der Stiftung Eickesches Haus, Robert Stafflage, sagte. Das Gebäude sei ein gelungenes Beispiel für das Motto der Veranstaltung: »Bewahren, entwickeln, nutzen.« Mit einer Bürgerstiftung habe man die Sanierung des Hauses in den letzten Jahren voran gebracht, das Projekt gesteuert und aktiv begleitet. In konstruktivem Dialog seien vernünftige Lösungen erarbeitet worden. 1,3 Millionen Euro seien im Rahmen von rund 2.000 Einzelspenden geflossen. Privat­initiative und Ehrenamt seien mit staatlichem Denkmalschutz eine gute Kooperation eingegangen. Gemeinsam konnte das Haus vor dem Verfall gerettet, denkmalgerecht saniert und finanziert werden, und man konnte den Grundstock für die laufende Unterhaltung der nächsten zehn Jahre legen. Diese spannende Geschichte wurde in der Dokumentation »400 Jahre Bürgerstolz. Das Eickesche Haus in Einbeck 1612 - 2012« Die Buchpräsentation findet am Sonnabend ab 14 Uhr im BBS-Forum statt.

Das 208-seitige Buch wird zunächst im Eickeschen Haus zum Subskriptionspreis verkauft, eine Woche später zum regulären Preis im Buchhandel. Alle Einzelspender, ergänzte Vorstandsmitglied Gerd Tölke, sind namentlich genannt. Eingegangen wird unter anderem auf den Entscheidungsprozess für die holzsichtige Fassung - ein Vorgehen, wie man Bürger auf die richtige Weise mitnehmen könne und sie zur Meinungsbildung beitragen lasse. Das Eickesche Haus, so Stafflage, werde als Modellfall für ähnliche Aufgaben in anderen Städten ange-sehen - das sei ein großes Kompliment für die Stiftung und die Bestätigung dieses gelungenen Projekts.ek