Die Dorfassistentin analysiert, organisiert und kümmert sich

DAA stellt in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter neues Projekt vor / Teilnehmerinnen sollen Ansprechpartnerinnen vor Ort werden

Der demografische Wandel stellt die Region vor Herausforderungen: In Zukunft werden mehr Fachkräfte im sozialen Bereich benötigt, und die Dörfer brauchen neue Impulse. Mit dem Projekt »DaSEin«, Dorfassistentinnen und Soziales in und um Einbeck, hat die Deutsche Angestellten-Akademie (DAA) jetzt ein passendes Projekt vorgestellt. Arbeitslose Frauen sollen zu »Kümmerinnen« qualifiziert werden, um sowohl Ältere als auch Familien und sozial Bedürftige zu unterstützen.

Einbeck. »DaSEin« heiße nicht nur das Projekt, sondern die DAA wolle auch für und in der Region »da sein«, so DAA-Bereichsleiterin Antje Buhre. Viele Kooperationspartner seien daran beteiligt, beispielsweise das Jobcenter im Landkreis Northeim.

Einbeck könne sich dem demografischen Wandel nicht entziehen, die Region sei sogar Vorreiter, sagte die stellvertretende Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek. »Wir werden älter, weniger und weiblicher«, und das müsse man begleiten. Einbeck mit jetzt 32 und nach dem Zusammenschluss mit Kreiensen 46 Ortschaften verliere jährlich rund 200 Einwohner. »DaSEin« sei ein unterstützender Baustein, wie Vernetzung zum Wohl von Stadt und Dörfern eingesetzt werden könne.

Axel Pfeiffer, Teamleiter Markt und Integration beim Jobcenter im Landkreis Northeim, erinnerte, dass das ambitionierte Projekt eine lange Vorgeschichte habe. Man wolle den Frauen die Chance auf berufliche Weiterbildung und Tätigkeit ermöglichen. Darüber hinaus gebe es Nutzen für die Netzwerkpartner beziehungsweise Betriebe, die qualifizierte Fachkräfte gewinnen könnten. Mit Blick auf die Arbeitslosenzahlen und insbesondere die Bezieher von Arbeitslosengeld II führte er aus, dass Einbeck ein schlechter Standort im Landkreis sei: Hier sei die Zahl der Langzeitarbeitslosen höher als in Nachbarstädten, und sie konnte in den vergangenen Jahren nur leicht gesenkt werden. Je länger die Arbeitslosigkeit dauere, desto schwieriger sei es, in einen Job zurückzufinden. Und für ALG-II-Empfänger seien die Bedingungen häufig schlecht: Es fehle an Mobilität, an Busverbindungen und Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Ein besonderes Risiko für Arbeitslosigkeit gebe es zudem für Ungelernte.

Benötigt würden auf dem Arbeitsmarkt jetzt und verstärkt in der Zukunft Pflegekräfte für den häuslichen und ambulanten Bereich. Dass mit »DaSEin« eine Initiative in diese Richtung ergriffen werde, halte er für sehr lobenswert, so Pfeiffer: »Ihr Engagement hat meine höchste Anerkennung«, versicherte er den Teilnehmerinnen. Unterschiedliche Projekte gehören zum Arbeitsbereich der DAA, führte Sabine Schneider, Standortleiterin in Einbeck, aus. Auch sie hob die schwierige Situation für erwerbslose Frauen hervor. Hier wolle die DAA ansetzen und Perspektiven bieten. Die Bedarfsanalyse in der Region habe ergeben, dass es an Pflegekräften fehle. Eine Qualifikation in Grundpflege könne die DAA ebenso vermitteln wie Alltagsbegleitung für Demenzkranke und die Dorfassistentinnen. Hilfreich sei es zudem, dass viele Frauen durch ihre Familientätigkeit Vorerfahrungen hätten. Es gebe eine Reihe von Grundstrukturen, von denen gerade Ältere profitieren können, allerdings seien sie teilweise nur wenig bekannt. Darin liege eine Tätigkeit für die Dorfassistentinnen, nämlich die Angebote bekannt zu machen beziehungsweise als Vermittlerin aufzutreten. Vor Ort sollen sie feste Ansprechpartnerinnen sein. Geplant ist, dass sechs bis acht Frauen in drei bis vier Ortschaften tätig sind. Der Einsatz soll am Mai/Juni beginnen, zunächst mit einem Tag pro Woche; ab November sollen es vier Tage sein. Welche Dörfer das sein sollen, wird demnächst besprochen, unter anderem durch Einbeziehung von Ortsbürgermeistern. Weitere Frauen des Kurses mit insgesamt 20 Teilnehmerinnen werden für eine Tätigkeit im sozialpflegerischen Bereich qualifiziert. – der Kurs läuft insgesamt 18 Monate bis September 2013. Finanziert wird er vor allem über den Europäischen Sozialfonds, was bedeutet, dass den Ortschaften keine Kosten entstehen. Über eine mögliche Weiterfinanzierung wird noch zu sprechen sein.

Wie die Einsätze vor Ort aussehen könnten, erläuterten Christine Hanelt, Pflegeberaterin und Dozentin bei der DAA, sowie Projektentwickler Henning Sander. Optionen für die Teilnehmerinnen seien der berufliche Wiedereinstieg, eine Anstellung als Hilfskraft bei Pflegediensten, in Altenheimen oder bei weiteren Netzwerkpartnern, die Angliederung an bestehende Einrichtungen sowie eine mögliche Fortsetzung durch öffentliche Co-Finanzierung als Alternative zur teureren Heimunterbringung von Senioren. Bei sich verändernden Dorfstrukturen brauche der ländliche Raum eine Lobby, auch dafür wolle sich das Projekt einsetzen. Selbst große Orte seien inzwischen häufig ohne Versorgung. Hier müsse man ansetzen, um die Lebensqualität für Alt und Jung zu verbessern unter dem Motto »Gut versorgt zu Hause«.

Die Dorfassistentinnen sehen ihre Aufgabe darin, Wissen zu vermitteln, die Versorgung zu verbessern, selbst zu helfen oder Hilfe zu vermitteln, »Sie analysiert, organisiert, kooperiert und koordiniert, sie ist eine Kümmerin«, so Hanelt und Sander. Dazu brauche es Präsenz und Bekanntheit im Dorf. Die Zusammenarbeit mit vorhandenen Strukturen sei wichtig, dabei seien sie nicht Konkurrenz, sondern Ergänzung. ek