Die Einbecker Bürgermeister in der Gründerzeit

Wahl des Magistrates durch Bürgervorsteher / Fünf Bürgermeister in 73 Jahren / Stadtverwaltung hatte nur wenige Mitarbeiter

Die »Gründerzeit« war die Zeit der wirtschaftlichen Blüte vom 19. Jahrhundert bis zum ersten Weltkrieg. In Einbeck wurden zu dieser Zeit die Stadtmauern abgetragen und die Stadt begann sich in alle Richtungen auszudehnen. Allein bis 1902 wurden außerhalb der Stadtmauern 27 neue Straßen gebaut. Nachdem bereits im 18. Jahrhundert der östliche Teil der Stadtbefestigung von den französischen Besatzern gesprengt wurde, begann man am Ende des 19. Jahrhunderts, einen großen Teil der Stadtmauer und der Wallanlagen abzutragen.

Einbeck. Der Einbecker Magistrat bestand in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Bürgermeister, zwei Senatoren und einem Verwaltungsjuristen, dem so genannten Syndikus. Von 1866 bis 1912 hatte die Stadt Einbeck fünf Bürgermeister. Wilhelm Claus von Uslar war bereits Bürgermeister, als Einbeck noch zum Königreich Hannover gehörte. 1845 wurde er zum 67. Bürgermeister der Stadt Einbeck ernannt. Acht Jahre lang hatte er das Amt als »interimistischer« Bürgermeister inne und wurde 1852 nach der Einführung der »neuen Städte-Ordnung« offiziell gewählt. In einer öffentlichen Bekanntmachung der Einbecker Zeitung hieß es im Dezember 1853: »Zur Wahl der Bürgervorsteher für den ersten und fünften Wahldistrikt haben wir Termin auf den 23. d. M….angesetzt und laden alle stimmfähigen Bürger, welchen übrigens noch eine besondere Vorladung zugehen wird, ein, sich zu der oben bemerkten Zeit präzise in dem hiesigen Rathause einzufinden, um ihre Stimmen durch verschlossene Stimmzettel persönlich abzugeben.« Bürgermeister von Uslar wurde bei dieser Wahl bestätigt und blieb bis 1867 im Amt. Bis zum Jahre 1866 gehörte die Stadt zum Königreich Hannover. Dann wurde es von Preußen besetzt. Das vormalige Amt Einbeck wurde zum Kreis Einbeck, aber die kurz zuvor reformierte Städte-Ordnung von 1858 blieb in Kraft. Die Stadt wurde nach wie vor vom Magistrat und dem Bürgervorsteher verwaltet. Der Magistrat regelte die Gemeindeangelegenheiten und war »als Organ der Staatsgewalt die Obrigkeit der Stadt«.

Auf dem Einbecker Stadtplan aus dem Jahr 1873 kann man gut erkennen, dass zu dieser Zeit immer noch ein großer Teil der Wallanlagen erhalten war. 1870 wurde der Bereich vor dem Hullerser Tor, die »Hauenschildsche Schanze«, vom Unternehmer Eduard Oppermann erworben und zum Firmengelände ausgebaut.1873 wurde im Auftrag der Klosterkammer Hannover das Schul- und Kapitelhaus südlich des Querschiffs der Münsterkirche abgerissen. Leider existiert kein Foto von diesem Gebäude. Bis etwa 1875 wurden die Ausfallstraßen ausgebaut: Das Altendorfer Tor, damals Altendorfer Chaussee, Hullerser Tor (Hullerser Weg), Walkemühlenweg, Hannoversche Straße und Schrammstraße. Bei der »Sedanfeier« am 3. September 1876 wurde das von dem bekannten Einbecker Baumeister Conrad Wilhelm Hase entworfene Denkmal an den Krieg 1870/71 auf dem Marktplatz eingeweiht. 1880 wurde von Seiten der Stadt in Erwägung gezogen, die Ratswaage neben dem Rathaus abzureißen. Nachdem man das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt hatte, wurde dieser Plan glücklicherweise wieder verworfen. Die Straßenzeile blieb erhalten, aber die Häuser rechts von der Ratswaage bis zur Ecke Marktstraße fielen 1900 einem Brand zum Opfer.

Am 4. August 1882 beschlossen die städtischen Kollegien, »den Stadtgraben zwischen dem Bensertorturm (Diekturm) und dem Storchenturm zuzuwerfen«. Ende des 19. Jahrhunderts bekam die Stadt eine Kanalisation und eine Wasserleitung. Viele Straßen wurden neu gepflastert, eine Krankenkasse wurde eingerichtet, es wurde ein Elektrizitätswerk und ein Gaswerk gebaut. Einbeck befand sich auf dem Wege zu einer »Fabrikstadt«. Es siedelten sich viele neue Firmen in der Stadt an. Bekannte Unternehmen waren unter anderem die Dampfbierbrauerei Domeier und Boden, das Versandhaus Stukenbrok und die Tapetenfabriken.Das Amt des Syndikus wurde 1894 abgeschafft und seine Aufgaben wurden vom Bürgermeister und den zwei Senatoren übernommen. Die Mitglieder des Magistrats wurden von zwölf Bürgervorstehern auf Lebenszeit gewählt, allerdings konnte man die Mitglieder des Magistrats nach zwölf Jahren »auf begründeten Antrag« in den Ruhestand versetzen lassen. Die Bürgervorsteher vertraten die Interessen der Stadt gegenüber dem Magistrat. Bürgervorsteher konnte jeder Einbecker mit Bürgerrecht und einem Alter von über 25 Jahren werden. Zu dieser Zeit waren aber nicht alle Einbecker im Besitz des Bürgerrechtes, weil der Erwerb desselben mit der Zahlung einer Gebühr verbunden war. Die Stadtverwaltung im Alten Rathaus hatte zu dieser Zeit nur sehr wenige Mitarbeiter, so dass die oberen Stockwerke des Gebäudes als zusätzliche Schulräume für das Einbecker Technikum genutzt wurden.

Die weiteren Bürgermeister bis zum Ende der Kaiserzeit waren: Julius Ludowieg 1868 bis 1879, Franz Grimsehl 1880 bis 1893, Paul Troje 1893 bis 1907 und Gerhard W. Nedden 1907 bis 1918.wk