Die Literatur aus dem Land vertrieben

Gedenken in der Stadtbibliothek anlässlich der Bücherverbrennung vor 80 Jahren

Vor 80 Jahren, am 10. Mai 1933, ließ Adolf Hitler in Berlin öffentlich über 20.000 Bücher verbrennen. Werke von 131 Autoren, die nicht zur Ideologie der Nazis passten. Schriftsteller wie Tucholsky, Heine oder Brecht sollten aus dem Gedächtnis der Deutschen gelöscht werden. Zum Gedenken an die nationalsozialistische Bücherverbrennung gestaltet die Stadtbibliothek Einbeck in Kooperation mit der KZ-Gedenkstätte Moringen eine Gedenk-Woche.

Einbeck. Direkt am Gedenktag fand ein »Kreis des Gedenkens« statt, bei dem die Rede Erich Kästners vor dem P.E.N-Kongress in Hamburg 1958 zum 25. Jahrestag der Bücherverbrennung verlesen wurde. Die vielen Anspielungen innerhalb der Rede wurden im freien Gespräch erläutert, ein thematischer Austausch der Anwesenden wurde ermöglicht. Es sei ihr ein Herzensanliegen, als Bibliothek an die Bücherverbrennung zu erinnern, stellte Bibliotheksleiterin Antje Bach fest.

P.E.N. ist die Abkürzung für poets essayists novelists (etwa: Poeten), eine internationale Schriftstellervereinigung, die am 5. Oktober 1921 von der englischen Schriftstellerin Catherine Amy Dawson Scott in London gegründet wurde. Der P.E.N. zählt zu den bekanntesten internationalen Autorenverbänden. Zu den Grundsätzen der Vereinigung gehört unter anderem: Unter allen Umständen, und insbesondere auch im Krieg, sollen Werke der Kunst, der Erbbesitz der gesamten Menschheit, von nationalen und politischen Leidenschaften unangetastet bleiben.

In seiner Rede auf der P.E.N-Tagung in Hamburg beschäftigte sich Erich Kästner mit der Bücherverbrennung in Deutschland. Er behandelt die Folgen für die deutsche Gesellschaft und Kultur. Es wurde Gedankengut vernichtet, das nicht in das Bild des Hitler-Regimes passte. Am Ende der Rede geht er mit der Gesellschaft ins Gericht, die seiner Meinung schon 1928 gegen die drohende Diktatur hätte kämpfen müssen.

Mit der These »seit es Bücher gibt, werden Bücher verbrannt«, eröffnete Erich Kästner seine Rede und belegte dies mit der Aufzählung historischer Ereignisse in der gesamten Welt. Er plädiert für das Verstehen der Taten, aber nicht für das Verzeihen. Kästner versuchte eine Verbindung zwischen der Kunst beziehungsweise der Literatur und der Gesellschaft herzustellen. »Dort, wo man die Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen«: Bücher stellen die persönliche Auseinandersetzung des Menschen mit sich selbst und seiner Umwelt dar. Wird ein Buch vernichtet, so wird auch ein Teil eines Lebens vernichtet. »Meine Damen und Herren, ich habe Gefährlicheres erlebt, Tödlicheres – aber Gemeineres nicht!« Durch diesen Satz drückt Kästner sein Entsetzen über das Geschehene aus. Fazit: Kästner fordert, Unrecht im Keim zu ersticken, bevor es sich ausbreitet. Gleichzeitig aber räumt er auch ein, dass nicht jeder in der Lage sei, zu helfen und Mut zu beweisen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Erich Kästner aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen, einige seiner Werke wurden im Rahmen der »Aktion wider den undeutschen Geist« verbrannt.

Am kommenden Freitag, 17. Mai, findet ab 19 Uhr im Lesesaal der Stadtbibliothek Einbeck eine Gedenk-Lesung »Wider den undeutschen Geist« statt. Die Göttinger Autorin und Historikerin Regine Wagenknecht rezitiert aus einer literarischen Auswahl verfolgter Schriftstellerinnen und Schriftsteller, deren Bücher am 10. Mai 1933 von den Nationalsozialisten ins Feuer geworfen wurden. Einen regionalen Bezug greift Dr. Dietmar Sedlaczek von der KZ-Gedenkstätte Moringen auf, der die historische Einführung übernehmen wird. Der Eintritt ist frei, jedoch wird um eine Spende zur Leseförderung gebeten.sts