Die Stärke Deutschlands liegt auf dem Land

CDU-Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus bei der Partei vor Ort | Zusammenhalt, Zukunft, Zuversicht

Vor zahlreichen Zuhörern erläuterte der Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus, aktuelle politische Herausforderungen.

Die Wünsche der Basis zum richtigen Ansprechpartner bringen, aber auch hören, was die Bundespolitik umtreibt: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Roy Kühne hatte den Vorsitzenden seiner Fraktion, Ralph Brinkhaus, zur »Tea Time«, zur Teestunde, nach Einbeck eingeladen, und hier sprach er nicht nur über aktuelle politische Herausforderungen, verpackt in drei »Zu...«s, sondern nahm auch Anregungen der Mitglieder mit.

Einbeck. Die Vorsitzende des CDU-Stadtverbands Einbeck, Beatrix Tappe-Rostalski, hieß die zahlreichen Besucher willkommen. Hinter der Partei liege ein bewegtes Jahr: Streit mit Horst Seehofer und um Verfassungsschutz-Chef Maaßen oder die überraschende Wahl der neuen Vorsitzenden. Und die CDU habe viel Arbeit vor sich. Wichtig sei dabei, wie Dr. Roy Kühne es vormache, der Kontakt zur Basis. Die Bürger suchten Nähe zur Politik, wollten jemanden, der ihnen zuhöre bei Problemen wie SuedLink, Breitbandversorgung, Fach- und Pflegekräftemangel, unsicherer hausärztlicher Versorgung.

»Wir sind im Herzen Deutschlands«, stellte Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek die Stadt vor. Einbeck habe 46 Ortsteile und eine Fläche von 231 Quadratkilometern. 39 Feuerwehren, 25 Ortsräte, eine Menge Infrastruktur, das seien Herausforderungen. Man habe einen breit aufgestellten Mittelstand, ein starkes Gerüst. Sie wünsche sich, dass Förderprogramme schneller ankommen würden. Es gebe viele gute Angebote, aber bei der Umsetzung durch die Länder große Unterschiede. Dabei wisse man vor Ort, wie man mit Geld verantwortungsvoll umgehe. Ein wichtiges Thema sei der Breitbandausbau.

Während in Berlin über Homeoffice gesprochen werde, gebe es hier Ortschaften ohne vernünftiges Internet. Das sei nicht im Sinne gleicher Lebensbedingungen. Und auch bei der Energiewende fühle man sich benachteiligt, wenn 380-kV-Leitung und SuedLink-Trassenkorridor hier entlang führten. Die ländlichen Regionen dürfe man nicht über Gebühr belasten, ebensowenig den Mittelstand. Die CDU werde bei Unternehmern oft nicht mehr als deren Partei wahrgenommen. Hier müsse man eine klare Linie zeigen, weniger Worte, mehr Taten.

Er empfinde es als Wertschätzung, dass der Fraktionsvorsitzende, der viele Einladungen bekomme, seinen Wahlkreis besuche, stellte Dr. Roy Kühne fest. Der Umgang miteinander sei ehrlich, offen und auch kritisch. Das gemeinsame Ziel sei, etwas für Deutschland zu tun. Die Region Südniedersachsen stehe nicht immer im Fokus, bedauerte er, dabei gebe es viele Aspekte, die es hier lebenswert machten. Das habe mehr Aufmerksamkeit verdient. Die Übernahme des Fraktionsvorsitzes durch Ralph Brinkhaus Ende September habe frischen Wind in die Arbeit gebracht, berichtete er.

Auf das Dankeschön-Geschenk, das er am Ende erhalten sollte, linste Ralph Brinkhaus zu Beginn seines Vortrags: »Wenn ich meinem Vater erzähle, dass ich in Einbeck war und kein Bier mitgebracht habe, kriege ich Stress«, lachte der Abgeordnete aus Ostwestfalen-Lippe. Dr. Roy Kühne, erläuterte er, sei ein wichtiger Kollege im Bundestag, mit einem »Ruf wie Donnerhall«, wenn es um Gesundheitsthemen gehe. Es falle tatsächlich, räumte er ein, zu wenig Licht auf die Region. Die Stärke Deutschlands liege nicht in den Ballungsgebieten, sondern auf dem Land, bei den »Hidden Champions«: »Wenn es überall kritisch wird, ziehen sie dort noch ihre lange Furche.«

»Gesellschaft von der Mitte her denken«

Mit drei »Zu...«s – Zusammenhalt, Zukunft, Zuversicht, wolle er aktuelle politische Herausforderungen skizzieren, kündigte er an: Zunächst sei da der Zusammenhalt in der Gesellschaft. Teilweise gebe es schlechten Umgang miteinander. Aber etwa um das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern werde Deutschland in der Welt beneidet. Damit der Zusammenhalt nicht – weiter – verloren gehe, müsse man die Gesellschaft von der Mitte her denken. Wo komme denn der Mittelstand in der Politik vor? Horst Seehofers Mahnung, die kleinen Leute nicht zu vergessen, sei richtig. Das Thema Wohnen sei ein Thema der Mitte, das Thema Pflege ebenso, und es sei gut, dass Minister Spahn dazu aufrufe, Gas zu geben. Die Gesellschaft werde von mehr als dem Grundgesetz zusammengehalten, es gebe eine Wertegemeinschaft. »Als C-Partei haben wir ein Angebot zu machen.« Das gelte nicht nur für Christen, sondern für alle, die das christliche Menschenbild teilten. Dazu zähle die Beachtung der Würde des Menschen, bei der Sterbehilfe, aber auch beim Paragraphen 219. Man dürfe nicht den Staat für alles verantwortlich machen. Solidarität mit Schwachen sei wichtig und richtig, aber sie sei keine Einbahnstraße. Wertefragen müsse man immer wieder in den Diskurs einbringen mit Blick darauf, wie man miteinander umgehe. Demokratisch und respektvoll sollte man für die Ziele streiten.

Diskutiert werde häufig über das Hier und Jetzt, dabei sei die Zukunft wichtig: Wie sehe es in 20 Jahren etwa in der Automobilindustrie aus, wie entwickele sich die globalisierte Welt? Den allermeisten Menschen gehe es gar nicht so schlecht, trotzdem seien sie nicht zufrieden – aus der Angst heraus, dass es in Zukunft für sie nicht so bleiben werde. Darauf müsse man Antworten geben. Der Brexit, so Brinkhaus’ Analyse, sei entstanden aus der tiefen Sehnsucht, dass alles so werde wie früher. Das sei es, was sie Populisten versprechen würden. Aber früher sei es nicht nur gut gewesen. Man könne sich nicht vor der Zukunft schützen, aber man könne sich stark genug machen – und das gelinge in Deutschland besser als in vielen anderen Ländern. Um zu gestalten und zu verändern, gebe es keine bessere Zeit als jetzt. Man könne viel für die Zukunft tun, indem man etwa für vernünftige Technologe sorge, beispielsweise beim autonomen Fahren. Leuchttürme setzen, die Besten werden und etwas erreichen wollen – das sei wichtig. Dazu gehöre auch, den ländlichen Raum zu stärken, denn Wirtschaft könne nur da stark sein, so Menschen lebten, und für deren Lebensqualität müsse man sorgen. Das Leben finde nicht nur in den Städten statt, sagte er unter Beifall.

»In Deutschland fehlt oft Zuversicht«

Am 26. Mai sei die Europawahl, und er finde es schrecklich, dass Europa nur als Finanzthema behandelt werde; dafür sei es nicht erfunden worden. Die EU mache es möglich, auf Augenhöhe mit der Welt zu kommunizieren. Außerdem sei sie das erfolgreichste Friedensprojekt der Weltgeschichte. Die Kosten für die EU seien billiger als eine Sekunde Krieg, das sollte man sich immer wieder vor Augen halten. Um Menschen von Europa zu überzeugen, brauche es emotionale, wahre Geschichten: Menschen müsse man am Herzen packen, nicht mit Vorschriften.

Was in Deutschland oft fehle, sei Zuversicht, dabei habe man allen Grund dazu. Man werde kaum fünf andere Länder finden, die besser regiert würden. Man habe eine bessere Startposition als fast alle andere weltweit, und man sollte sich auch mal daran freuen, was man habe, so sein Wunsch.

Im lebhaften Meinungsaustausch ging es unter anderem um den CDU-Vorsitz. Die Wahl sei nach Tagesform entschieden worden, und es sei nicht der Tag von Friedrich Merz gewesen. Zum Umgang mit der AfD im Bundestag stellte Brinkhaus fest, man müsse unterscheiden, wer Interesse am Parlamentsbetrieb habe oder nur an »Thermik«. Ob die Große Koalition an der Grundrente zerbrechen werde? »Eher nicht«, so seine Einschätzung. Man habe einen Koalitionsvertrag, um den man hart gerungen habe, und man wolle bis 2021 durchhalten.ek