Ebenezer Scrooge neu in Szene gesetzt

Münstheater begeistert mit »Schnee von gestern« | Weitere Aufführungen am nächsten Wochenende

Geistreich im wahrsten Sinne des Wortes war die Premiere vom »Schnee von gestern«, den das Münstheater auf die Bühne im Gemeindehaus in der Lessingstraßen rieseln ließ. Einfalls­reichtum, Wortwitz, Spielfreude, beeindruckende Lichteffekte, humorvolle Details und die insgesamt fantasievolle Umsetzung eines bekannten Stückes prägten den unterhaltsamen Theaterabend: Ebenezer Scrooge wurde ganz neu in Szene gesetzt - die Botschaft blieb die gleiche: Jeder macht Fehler, doch man kann sich verändern und die Welt damit ein Stück besser machen.

Einbeck. Unter der bewährten künstlerischen Leitung von John Deppe wagte sich das Münstheater diesmal an Welt­literatur: 1843 erschien »Der Weihnachtsabend« von Charles Dickens. Die berühmte Geschichte handelt nicht nur vom Geist der Weihnacht, sondern von der Wandlung eines Menschen. Gleich zu Beginn mussten sich die Schauspieler wandeln – schließlich sprachen sie vor, bewarben sich um eine Rolle – als tanzende Sheila, als hessisch babbelnder Geist, als ernsthaft agierende Jungschauspielerin, als amerikanischer Profi oder als »Personifikation eines Individuums«. Mit dabei waren auch eine große Schauspielerin, ein von Ängsten Geplagter und ein Improvisationstalent. Diese bunte Mischung nahm die Herausforderung an, übte in wechselnden Rollen verschiedene Szenen. Reizvoll war dabei, wie unterschiedlich die Personen in Szene gesetzt wurden, welche Varianten einer Szene möglich sind - das demonstrierten die Schauspieler eindrucksvoll. Klar war am Ende, dass der Geizkragen Ebenezer sicher ist: Weihnachten ist Humbug.

Doch das Verlassen der »transzendentalen Welt« zeig­te, dass Geister in jedem Menschen stecken. Die Geister kommen des Nachts – in diesem Fall mit rasselnden Ketten, mit Regenschirmen und mit Pfeifendampf. Da wird große Rendite versprochen –3,75 Prozent auf alles außer Tiernahrung – und mit allerlei Werbeversprechungen locken die Geister den Geizkragen. Sie »machen den Weg frei«, zeigen die Verbindung aus Tiefe und Herz, nämlich Schmerz, und retten den Hartherzigen. Scrooge trifft seine Schwester Fan, seine Liebe Belle, seinen Onkel Fred und die Familie seines Angestellten Bob Cratchit, er sieht sein Grab. In viele verschiedene Rollen mussten die Schauspieler des Münstheaters schlüpfen, und das gelang ihnen gut -mit wenigen, aber passenden Requisiten.

Aus dem Schlaf erwacht, beginnt Scrooge am Weihnachtsmorgen ein neues Leben. Er erkennt seine Fehler, befreit sich von den Ketten. Was braucht die Welt? Dieser zentralen Frage stellte sich das Münstheater mit Sonja Ahrens, Thomas Döhrel, Ida Döhrel, Wolfgang Erbach, Finn Kröß, Christian Lodder, Micha Meißner, Ute Räbiger, Sita Ringler, Christine Rörig, Barbara Sattler-Müller, Michael Weber und Jan-Patric Ziegler. Den musikalischen Rahmen übernahm Adrian Switakowski.

Das Geschehen spielte sich nicht nur auf mehreren Bühnen-Ebenen ab. Die Schauspieler entwickelten das Spiel – immer wieder gab es lustige Einfälle: hessischer Dialekt, Wortwitz mit Werbeeinlagen oder falsche Fremdwörter. Das »veraltete Ensemble« zeigte in der modernen Inszenierung von John Deppe durchaus Pep und überzeugte einmal mehr mit originellen Einfällen – wie auch schon bei vorhergehenden Produktionen wie einem Krimi, Clownsgeschichten, dem Generationstheaterstück  oder der Neuinterpretation Grimmscher Märchen. Die bisher siebte Premiere meisterte die Theatergruppe mit Bravour, und dafür gab es vom Publikum viel Applaus.»Schnee von gestern« ist nochmals zu erleben am 24. und 25. Januar jeweils ab 20 Uhr und am 26. Januar ab 15 Uhr im Gemeindehaus, Lessingstraße. sts