Fronleichnam:

Ein Fest mit langer Tradition

Einbeck. Die Fronleichnamsprozession symbolisiert die Kirche als »wanderndes Volk Gottes auf Erden«. Deshalb sind alle eingeladen, aus ihrem Alltag zu kommen und sich anzuschließen. Denn es gibt Großes zu feiern: Dass Christus die Wege, die man alltäglich geht, begleitet – verborgen, aber stark. Und dass alle Wege letztlich an das eine große Ziel führen wollen: ins Reich Gottes.

Das tiefer zu glauben, will die Prozession helfen. Am 11. August 1264 ordnete Papst Urban IV. in der Bulle »Transiturus de hoc mundo« das Fronleichnamsfest als Fest für die gesamte Kirche an, vor 750 Jahren wurde es also zum ersten Mal weltweit gefeiert. Maßgeblich betrieben hatte diese Einführung die heilige Juliana von Lüttich. Sie hatte seit 1209 Visionen, häufig mit Bezug zum Altarsakrament. Mehrmals sah sie eine unvollständige Mondscheibe: für sie ein Hinweis Christi, dass der Kirche ein Fest zur besonderen Verehrung des Altarsakramentes fehle.

1246 wurde auf ihre Anregung das Hochfest des Leibes und Blutes Christi im Bistum Lüttich eingeführt, knapp 20 Jahre später für die gesamte Kirche. Thomas von Aquin schrieb daraufhin mehrere Hymnen zur Verehrung des Altarsakramentes. Am kommenden Donnerstag, 4. Juni feiert die katholische Kirche Fronleichnam, das Hochfest des Leibes und Blutes Jesu Christi, so der offizielle Name. In der Münsterkirche St. Alexandri beginnt um 19 Uhr der Festgottesdienst. Dazu laden die St. Josef-Gemeinde Einbeck und Dassel, sowie die portugiesische Gemeinde ein.

Der Gottesdienst wird vom Bläsergemeinschaft Kuventhal/Einbeck und dem Posaunenchor Hullersen/Holtensen gestaltet. Die anschließende Prozession nimmt den Weg über Münsterkirche, Stiftplatz, Hohe Münsterstraße, Neuer Markt, Ostertor und Stiftsgarten zu St. Josef. Die Anwohner werden gebeten, ihre Häuser zu schmücken. Nach der Prozession werden Grillgut und Getränke zur Stärkung angeboten.

Als das Fronleichnamsfest vor 750 Jahren entstand und die Prozession sich in der Kirche ausbreitete, war die Welt in den europäischen Ländern christlich geprägt. Heute ist das anders in einer Gesellschaft, die den Glauben und das Religiöse aus der Öffentlichkeit zu verdrängen sucht und den Glauben zu einer Privatsache machen möchte. Wenn die Eucharistie in der Monstranz durch die Straßen getragen wird, soll es die Menschen daran erinnern, dass Gott auch in der Alltäglichkeit des Lebens zu finden ist. Der Naturwissenschaftler und spätere Bischof Niels Stensen schrieb in Florenz nach der Fronleichnamsprozession 1666 in sein Tagebuch: »Als ich die Hostie mit großer Pracht durch die Straßen getragen sah, regte sich in mir der Gedanke: Entweder ist jene Hostie nur ein einfaches Stück Brot und seine Verehrer sind Toren, oder hier ist der wahre Leib Christi, und weshalb erweise ich ihm nicht die Ehre?« Diese Alternative stellt das Fronleichnamsfest. Die Frage, ob der Mensch des 20. Jahrhunderts sich noch vorstellen kann, dass Jesus Christus auch heute gegenwärtig ist, wird durch die Straße getragen. Wo solche Fragen gestellt werden, kann der Mensch auch Christus entdecken. Als ein besonderes Zeichen der Ökumene wertet Pfarrer Ewald Marschler es, dass die Münstergemeinde für den Festgottesdienst ihr Gotteshaus zu Verfügung stellt. »Heute hat das Fronleichnamsfest eher den Charakter eines gemeinsamen Glaubenszeugnisses aller Christen«, so der Seelsorger.

Die Katholiken wollen an diesem Tag die Kollekte für das »Brot für die Welt«-Projekt zur Verfügung stellen. »Wir feiern das Brot des Lebens, dann dürfen wir auch die nicht vergessen, denen es zum Überleben am täglichen Brot fehlt. Wenn diese Gesinnung nicht vorhanden wäre, dann würde die Feier des Fronleichnamsfestes zu einer Phrase«, so Marschler. Die Fotos zeigen die Fronleichnamsfeier 1962 auf dem Einbecker Möncheplatz mit Pfarrer Marx und Kaplan Lipp sowie den für das Fest geschmückten Eingang von St. Josef.oh