Ein Schlaganfall ist ein Notfall: keine Zeit verlieren

Goethe lädt ein: Dr. Christoph Herrmann referiert über Risikofaktoren, Symptome und Therapien bei einem Schlaganfall

Einen besonderen Themenbereich nahm die Goetheschule in ihrer Reihe »Goethe lädt ein« diesmal in den Blick: den Schlaganfall. Dr. Christoph Herrmann, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Rehabilitationswesen und Verkehrsmedizin an den Asklepios-Kliniken Schildautal in Seesen, referierte über die in Deutschland dritthäufigste Todesursache – den Schlaganfall. Henning Birke vom Arbeiter-Samariter-Bund gab anschließend Ratschläge zur Ersten Hilfe.

Einbeck. Ein Schlaganfall ist eine plötzlich einsetzende Funktionsstörung des Gehirns. Zu 80 Prozent wird er durch den Verschluss eines hirnversorgenden Gefäßes aufgrund eines Blutgerinnsels ausgelöst. Die übrigen 20 Prozent der Schlaganfälle resultieren aus einer Hirnblutung. Nervenzellen werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und beginnen abzusterben. In jeder Sekunde, die der Schlaganfall andauert, sterben Hirnzellen ab. Die ersten Stunden nach einem Schlaganfall sind entscheidend. Bei Verdacht auf einen Schlaganfall müsse daher schnell gehandelt werden, erklärte Dr. Herrmann.

Denn: durch rasches Handeln und einen frühen Therapie-Beginn können Gehirnzellen vor dem Absterben gerettet und spätere Beeinträchtigungen gemindert werden. So besteht die Chance, die geistigen und körperlichen Folgen des Schlaganfalls zu begrenzen oder zu vermeiden. Jede Minute zählt: Jeder Schlaganfall ist ein Notfall. Deshalb ist es besonders wichtig, die Schlaganfall-Symptome zu kennen, zu erkennen und richtig zu handeln.Sehstörungen, Sprach- und Sprachverständnisstörungen, Lähmungen, Taubheitsgefühl, Schwindel mit Gangunsicherheit oder auch sehr starker Kopfschmerz können auf einen Schlaganfall hindeuten. Wann immer der Verdacht auf einen Schlaganfall besteht, ist dies als lebensbedrohlicher Notfall anzusehen. In der Notfallsituation gilt es, sofort den Notruf 112 zu wählen, denn nur im Krankenhaus kann die Ur-sache des Schlaganfalls ermittelt und die richtige Therapie eingeleitet werden.

Grundsätzlich ist der Schlaganfall keine reine Alterskrankheit. Die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden steigt aber mit zunehmendem Alter. Ursache für einen Schlaganfall können beeinflussbare und nicht beeinflussbare Risikofaktoren sein. Wichtig zu wissen ist, dass sich die verschiedenen Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder arterielle Verschlusskrankheit gegenseitig beeinflussen können. Nicht beeinflussbare Faktoren sind unter anderem das Alter – das Schlaganfall-Risiko steigt mit zunehmendem Lebensalter deutlich an. Nicht beeinflussbar ist ebenfalls die erbliche Veranlagung. Zu den wichtigsten Risikofaktoren, die man selbst in der Hand hat, gehören der Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung, Übergewicht, Bewegungsmangel, Rauchen und Alkohol. Dr. Herrmann riet zu sportlicher Betätigung – am besten zwei- oder dreimal die Woche.Die meisten der Risikofaktoren haben eines gemeinsam, sie fördern die sogenannte Arteriosklerose. Dabei lagern sich Stoffe wie Cholesterin an den Innenseiten der Blutgefäße ab. Die normalerweise elastische Gefäßwand wird zunehmend starr, und ihre glatte Innenwand wird rau. An den rauen Stellen sammeln sich immer mehr Ablagerungen. Sie wachsen an, so dass sich das Gefäß immer mehr verengt. Kleine Bestandteile aus dem Blut bleiben hängen und verklumpen. Es bilden sich Blutgerinnsel, sogenannte Thromben. Wenn diese sich lösen, können sie in kleinere Hirnarterien geschwemmt werden und diese verschließen. Den Menschen trifft dann der Schlag. Schlaganfall-Patienten sollten zunächst in Stroke Units behandelt werden, das sind Spezialstationen. Auf den Stationen erfolgt die Diagnostik, die Betroffenen werden überwacht und therapiert. Der englische Begriff »stroke« lässt sich mit dem deutschen »Schlag« übersetzen, »unit« bedeutet so viel wie »Einheit«. Eine Stroke Unit hat die apparativen und die personellen Voraussetzungen für die notwendigen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. Die lebensnotwendigen Funktionen der Betroffenen können rund um die Uhr überwacht werden, ein erfahrenes Team unterschiedlicher Fachärzte, bestehend aus Neurologen, Kardiologen, Neuro- und Gefäßchirurgen sowie Radiologen, arbeitet zusammen. Außerdem beginnt hier schon in den ersten Tagen die Rehabilitation durch Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie. In der Regel verlassen die Betroffenen nach drei bis fünf Tagen die Stroke Unit. Von hier aus werden sie entweder auf eine neurologische beziehungsweise allgemeine Normalstation verlegt, oder sie werden direkt in eine Rehabilitationseinrichtung überwiesen.

»If you don’t use ist, you loose it«, stellte Dr. Herrmann fest. Im Anschluss an den Schlaganfall müsse das geübt werden, was verloren gegangen ist, und zwar ausdauernd und intensiv. Eine »hochverdichtete Therapie« verspreche den größten Erfolg, allerdings immer individuell auf den Patienten abgestimmt. Folgen eines Schlaganfalls gibt es auf der körperlichen, der geistigen und der psychischen Ebene.

Zusammenfassend stellte der Neurologe fest, dass ein Schlaganfall häufig sei und zu Behinderungen führen könne. Schlaganfall sei nicht gleich Schlaganfall, aber immer ein Notfall. Er riet zur Vorsorge durch eine gesunde Lebensführung.sts