Ein wichtiger Schritt zur eigenen Persönlichkeit

38 Abiturienten an den Berufsbildenden Schulen verabschiedet | Dank für Unterstützung durch die Lehrer

Ihre Abiturzeugnisse erhielten jetzt 38 Abituri­enten der Berufsbildenden Schulen Einbeck im Rahmen einer feierlichen Abschiedsfeier. Das beste Abitur und die beste Deutschleistung hat Merlin Severith abgelegt. Johanna Mück hat die beste Leistung in Englisch erbracht.

Einbeck. »Abi-Brand – es wird nicht lange gefackelt« lautete das Motto des Jahrgangs 2015. Rund 14.500  Unterrichtsstunden liegen hinter den Abiturienten, rechnete Schulleiter Renatus Döring. In seiner Rede ging er der Frage nach, was guter Unterricht sei. Dabei bezog er sich auf den Neuseeländer John Hattie, der Schülerbefragungen zusammengetragen und festgestellt hat, dass Fernsehen und lange Sommerferien hinderlich für den Lernerfolg seien.

Auch offener und jahrgangsübergreifender Unterricht sowie web-basiertes Lehren und Lernen helfe nicht. Wenig hilfreich seien zudem eine geringe Klassengröße und Hausaufgaben. Hilfreich hingegen seien regelmäßige Leistungsüberprüfungen, vorschulische Fördermaßnahmen und lehrergeleiteter Unterricht. Besonders wichtig seien ein feedback durch Lehrkräfte, problemlösender Unterricht, fachspezifische Lehrerfortbildungen, Programme zur Lesefortbildung und ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler. »Auf den Lehrer kommt es an«, fasste Döring knapp zusammen. Die Lehrenden würden zum Ausgangspunkt des Lernens. Unterricht sei ein Miteinander, das beide Seiten brauchen. Es brauche Lehrkräfte, die mit Leidenschaft ihrer Aufgabe nachgehen, damit sich bei den Schülern Lernerfolg einstellt. Ein guter Lehrer stelle das eigene Handeln in Frage, arbeite mit anderen Lehrern zusammen und schaffe ein fehlerfreundliches Klima. Döring freute sich, dass viele Lehrer an den BBS so arbeiteten. Besonders Susanne Brandes, Abteilungsleiterin der Beruflichen Gymnasien und Pflanzentechnologie, dankte er für ihre Arbeit.

Wenn Teamarbeit gelinge, trage sie zur Entlastung des Einzelnen bei und helfe, die Unterrichtsqualität zu verbessern. Die Evaluation des Unterrichts, die an den BBS seit zehn Jahren durchgeführt werde, sei ebenfalls wichtig. In diesem Jahr wurden die Lehrkräfte von den Schülern besser bewertet als je zuvor. Damit sei der Erfolg der Abiturienten auch der Erfolg der Lehrer, so Döring weiter. Die Lehrer hätten aber auch viel von den Schülern gelernt, räumte er ein. Zum Abschluss versprach Döring den Schülern auf ihrem weiteren Lebensweg »noch viel Großartiges«, und er wünschte, sich dass die Schüler Menschen hätten, die sie vertrauensvoll begleiteten.

Die stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Einbeck, Beatrix Tappe-Rostalski, gratulierte im Namen der Stadt Einbeck. Die neuen Herausforderungen sollten die Abiturienten annehmen und manchmal auch interessante Umwege wagen, meinte sie. So ermunterte sie die Abiturienten, sich bei der Karriereplanung auch in der Heimat umsehen.  »Gehen Sie mit Hoffnung und Zuversicht an Ihr Leben.«

Susanne Brandes, Mareike Plate und Jessica Steckel blickten für die Lehrerschaft auf die vergangenen Jahre zurück und nahmen dabei Bezug auf das bekannte Märchen »Hans im Glück«. Hans, machten die Lehrer deutlich, habe seinen Blick immer wieder auf das Glück gerichtet. Und auch die Abiturienten könnten nun glücklich sein, denn sie seien von der beschwerlichen Last der Schule befreit. 15.600 oder 16.800 Stunden Schule hätten die Schüler hinter sich. Wenn man von einem Durchschnittstempo von fünf Kilometern ausgehe, dann hätten die Abiturienten etwa 78.000 Kilometer hinter sich und damit zweimal die Erde umrundet. »Sie sind richtige Langstreckenläufer geworden. Für diese langen Strecken braucht man Ausdauer, Konzentration und Disziplin und eine Portion Glück«, so Brandes. Immer wieder habe es kleine Erfolgserlebnisse gegeben, nun sei der krönende Abschluss da. »Es hat sich gelohnt, die Anstrengungen auf sich zu nehmen.« Bezugnehmend auf das Märchen könne es den Abiturienten vielleicht töricht erscheinen, an einem Tag den Lohn für sieben Jahre Arbeit zu verlieren. Patentrezepte für ein glückliches Leben gebe es nicht, aber Dinge, die man bewusst steuern könne. Gerade in der heutigen Zeit sei der persönliche Kontakt ein Mittel  gegen Vereinsamung  und damit eine Möglichkeit, das individuelle Wohlgefühl zu steigern. »Durch Freundschaften und enge Beziehungen fühlt man sich in seiner Lebenssituation gestärkt.« Brandes meinte, dass die Schüler in den letzten Jahren erlebt hätten, das, je mehr man sich kennengelernt habe, desto wohler habe man sich gefühlt. Damit hoffte sie, dass die Schule ihrem Motto »Wo man fürs Leben lernt und Freunde gewinnt« gerecht geworden sei.

Im Gegensatz zu Hans konnten die Schüler aber keine Materialien mit in die Schule bringen und dafür gute Noten erhalten. Die erbrachten Leistungen wurden bewertet. Manch einer hatte mehr Glück, ein anderer hat konzentrierter gelernt oder regelmäßiger seine Hausaufgaben gemacht. Nicht alle, räumte Brandes ein, seien glücklich über die Themen der Abiturklausuren gewesen. Vielleicht aber könnten die Abiturienten  rückblickend sagen, dass sie Glück mit den Lehrkräften gehabt hätten. Die Lehrer hatten Allgemein- und Fachwissen vermittelt, die Schüler hätten sich den besten Grundstein für den Berufsweg gelegt. In der Projektarbeit und in den projektorientierten Unterrichten hätten die Schüler soziale Kompetenzen erworben und ihre Persönlichkeit weiter entwickelt. Für die Zukunft wünschte Brandes den Abiturienten alles Gute.

Nicht wenige werden die Zeit an den BBS als leicht und problemlos empfunden haben, stellte Lehrkraft Jessica Steckel heraus. Nicht immer seien die Schüler mit der  erwarteten Aktivität zufrieden gewesen. Aber gerade Tätigkeit sei ein Schlüssel zum Glück. Für ein träges Leben bestrafe einen das Gehirn mit negativen Gefühlen. In den drei Schuljahren hätten die Schüler verschiedenste Themen bearbeitet, sich schriftlichen Leistungsüberprüfungen gestellt, und dem Zeit- und Erfolgsdruck stand gehalten, so Mareike Plate. Wie Hans im Glück seien die Abiturienten nun von einer großen Last befreit.

Die Abiturienten hätten die Erfahrung gemacht, dass man Hürden überwinden kann, sie haben gelernt, nach einem Stolpern wieder zu laufen, sich den Problemen und Anforderungen zu stellen und diese zu lösen. Sie haben vielleicht auch gelernt, einmal etwas wegzustecken oder mit Kompromissen weiterzuleben. Ihr Selbstbewusstsein sei durch diese Erfahrung entwickelt worden, und das gebe Kraft für die Zukunft, meinte Steckel. Nicht jeder werde seinen Traumberuf ergreifen können, dennoch hofften die Lehrer, dass die Schüler die richtige Berufswahl träfen. »Nur wenn man sich Ziele setzt, die man auch mit den eigenen Befähigungen erreichen kann, ist es möglich, ein befriedigendes Berufsleben zu führen.« Und das schließe nicht aus, dass man sich immer neue Herausforderungen suche. Nach dem Abitur  werde man schnell höher liegende Bedürfnisse entwickeln und die Motivation zur Weiterentwicklung beobachten. Es gehe darum, umfassend »Sie selbst« zu werden, meinte Steckel in Richtung der Abiturienten. Mit dem Abitur hätten sie bereits einen entscheidenden Schritt  auf dem Weg zur persönlichen und beruflichen Selbstverwicklung getan.

Zufriedenheit, das wünschte Plate den Abiturienten. Denn wer innerlich zufrieden sei, verfüge über eine positive Grundstimmung. Die stelle sich ein, wenn Ansprüche und Erwartungen erfüllt seien. Eine weitere Zutat für mehr Zufriedenheit sei es, aktiv zu sein – ob privat oder beruflich. In unruhiger Zeit sollten sie aber auch das Sichbesinnen und die Ruhepause nicht vergessen. Und so wünschte Plate, dass die Abiturienten die Balance zwischen Ehrgeiz und Gelassenheit entwickeln. Und Brandes  wünschte den Schülern eine glückliche Hand bei allen Prüfungen, Glück beim Lösen von Problemen und einen Menschen, der sie liebt.

Für die Abiturienten traten Janina Kalinowski und Tim Grobecker ans Rednerpult und erinnerten an die Schulzeit und gemeinsame Aktivitäten. Sie gingen der Frage nach, was Reife sei. Ob die Abiturienten das Ziel des Erwachsenwerdens erreicht hätten, sei fraglich, sie seien dem aber näher gekommen. Den Lehrern bescheinigten sie Hilfsbereitschaft, Zugewandtheit und Zielorientiertheit. Zudem skizzierten Kalinowski und Gobrecht auf humorvolle Art den durchschnittlichen Tag eines Abiturienten – er beginnt erst spät und steckt voller Analysen, auch der Alltagstätigkeiten. Die Schüler dankten ihren Eltern und den Lehrkräften für die Unterstützung.Die musikalische Umrahmung übernahm Jana Melching mit der Band »mind the gap«. Im Anschluss luden die Schüler zu einem Umtrunk ein, abends wurde der Abi-Ball gefeiert.sts