Einbeck liegt seit frühem Mittelalter an Verkehrsknotenpunkt

Straßen aus der Zeit der Römer und Franken / Ausfuhr von Tuchen und Leinenstoffen / Exportschlager war das Einbecker Bier

Wenn man in der Geschichte nach den ersten Spuren der späteren Stadt Einbeck sucht, landet man immer wieder bei dem bekannten »loco qui einbike vocatur« – dem Ort, der Einbeck genannt wird. Durch diesen Ort führten große Verkehrswege von Süd nach Nord und von Ost nach West. Hier wurde vor ungefähr 1.000 Jahren ein Kloster gegründet. Als dieses Kloster eine kostbare Reliquie geschenkt bekam, wurde Einbeck zu einem vom Papst persönlich bestätigten Wallfahrtsort. Wer auf die Wallfahrt ging und die Heilig-Blut-Kapelle besuchte, bekam einen Ablass auf das Fegefeuer. Gläubige aus nah und fern kamen als Pilger nach Einbeck.

Einbeck. Um die Pilger zu versorgen, reichten die vom Kloster produzierten Güter bald nicht mehr aus. Es kamen Händler in den Ort und bauten ihre Verkaufsstände auf. Dem einen oder anderen gefiel es in »Einbike« und er siedelte sich mit seiner Familie hier an. Die Pilger, die aus allen Richtungen nach Einbeck kamen, sorgten für Lohn und Brot für immer mehr Menschen, die in Einbeck sesshaft wurden. Das war sozusagen der Startschuss für das Entstehen der Stadt Einbeck. Zunächst war es nur ein Marktort mit agrarischer Umgebung im Schatten des Klosters. Das Kloster selbst beteiligte sich auch am Marktgeschehen. Aus seinem Grundbesitz kamen Natural-Erzeugnisse als Versorgungsgrundlage für die wachsende Bevölkerung. Der Ort wuchs weiter und dementsprechend stieg der Bedarf an Gütern. Dieser Bedarf konnte durch Eigenproduktion nicht gedeckt werden und setzte einen immer größer werdenden Einfuhrverkehr in Gang. Für die Stadtwerdung waren diese Importe aber eher weniger von Belang. »Die rein agrarische Umgebung, die nahen Wälder, die Eisenerzvorkommen bei Markoldendorf, sowie der Durchgangsverkehr hielten die Einfuhr lebensnotwendiger Dinge in normalen Grenzen«. Umgekehrt verhielt es sich mit der Ausfuhr von Waren. Verkauft wurden Tuche und Leinenstoffe – der Hauptexportartikel war aber das Bier. Die Transporte konnten schon in früher Zeit gut durchgeführt werden, denn Einbeck liegt am Knotenpunkt mehrerer alter Fernverkehrsstraßen.

Da war zum Einen die Straße vom Rhein und Westfalen über Höxter, Holminden, Gandersheim, Goslar, Braunschweig, Magdeburg. Diese West-Ost-Verbindung von Westfalen bis Magdeburg wurde schon in römischer und fränkischer Zeit benutzt. Eine zweite West-Ost-Verbindung lief über Höxter, Holzminden, Einbeck, Northeim, Nordhausen bis Leipzig. Die so genannte Einbecker Heerstraße lief durch den Solling. Die Straße durch den Solling ist heute noch erhalten – teilweise als große Eichenalleen. Im Mittelalter setzte man auf Höhenstraßen, denn im Tal, wo heute die meis-ten komfortablen Asphaltstraßen verlaufen, war damals manchmal monatelang wegen des sumpfigen Bodens kein Fortkommen.

Zum Anderen verlief auch die Nord-Süd-Verbindung durch Einbeck. Die Süd-Nord-Straße von Münden teilte sich in einen Abzweig nach Dassel und einen nach Einbeck. Die »einbeckische herstrasse« oder auch Uslarer Heerstraße »hielt sich als echte, alte Heerstraße auf der Wasserscheide zwischen den Zuflüssen der Dieße und Ilme und durchlief die ehemaligen Fluren der Wüstungen Grasborn und Limbek«. Eine zweite Süd-Nordverbindung – eine der ältesten Straßen in Südniedersachsen – ging von Hannoversch-Münden über Harste und Moringen nach Einbeck. Die Hamelner Straße, auch der Hämelsche Weg genannt, verlief von Einbeck über Eschershausen und Bodenwerder nach Hameln. Diese Straße war so etwas wie eine Vermittlungsstraße. Von hier aus ging es in alle Richtungen. Nach Bremen, Osnabrück und Holland – nach Göttingen durchs Eichsfeld nach Nordhausen bis Leipzig, aber auch in den Süden nach Nürnberg. An diesem Weg kamen alle Reisenden, Pilger und Gütertransporte vorbei.

Der immer größer werdende Exporthandel, »der bald nach der Stadtwerdung (nach 1200) eingesetzt haben wird und schon zu Anfang des 14. Jahrhunderts weites Ausmaß angenommen hatte«, ließ die junge Stadt weiter wachsen und die Bürger wohlhabend werden. Ein früher Nachweis für den Fernhandel mit Einbecker Bier ist eine Rechnung aus Hamburg von 1351: Es wurden zwei Pfund »pro cerevisie de Eimbeke« – 2 Pfund für Einbecker Bier ausgegeben. Aus dem Jahr 1378 stammt eine Rechnung, wonach der Vogt von Celle zwei Tonnen Einbeckischen Bieres für zweieinhalb Mark und vier Schilling gekauft hatte.

Nach der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde Einbeck Hansestadt. Das Absatzgebiet für das Bier deckte sich jetzt mit dem Verbreitungsgebiet der Hanse. Mehr noch – verbreitet war es »nicht nur im hansischen Handelsraum von Amsterdam bis Reval und Stockholm, sondern auch in Süddeutschland bis Innsbruck und München«. München sollte Anfang des 17. Jahrhunderts dem Absatz des Einbecker Bieres einen herben Schlag versetzen, doch das ist eine andere Geschichte.

Die Hansetransporte verliefen auf dem Wasser und zu Lande – für das Einbecker Bier wurde meistens die letzere Variante bevorzugt. Das Bier wurde aber auch verschifft. Von Lübeck aus gingen Transporte »nach den nordischen Ländern und zu den Städten längs der Ostseeküste«. Auf Frachtwagen rollten die schweren Bierfässer über die holprigen Landstraßen.

Die Fässer wurden aber auch durchziehenden Frachtwagen, die noch Platz hatten, mitgegeben – eine Art frühes Speditionswesen. Zum Beispiel wurden die Biere »von Einbec nach Holland und Flandern gebracht und waren dort als bessere Getränke geschätzt«.wk