»Einbeck macht noch nicht mit?«

Jugendschutzprojekt / Kommunale Alkoholprävention / Lukas-Werk: Kampagne forcieren

Ist kommunale Suchtprävention wirklich notwendig? Johanna Pogodda und Stefan Jagonak vom Lukas-Werk Suchthilfe in Northeim sagen »Ja!«. Im Zuge des »HaLT«-Projektes wurde eine Kampagne »Jugendschutz – wir machen mit« vom Landkreis Northeim, der Polizeiinspektion Northeim/Osterode sowie dem Lukas-Werk gestartet. Diese Kampagne soll einerseits Jugendliche über die möglichen Folgen riskanten Alkoholkonsums aufklären und informieren und andererseits Erwachsene an ihre Verantwortung und Vorbildfunktion gegenüber Kindern und Jugendlichen erinnern. Grundsätzlich soll wieder ein stärkeres Bewusstsein für das Thema »Jugendliche und Alkohol« geschaffen werden.

Einbeck. In Einbeck wird die Kampagne unter dem Motto »Jugendschutz – Einbeck macht mit« mit lokalen Kooperationspartnern umgesetzt. Beteiligt sind neben dem »HaLT«-Projekt des Lukas-Werks, dem Landkreis Northeim und der Polizei das Einbecker Bündnis für Familie, das Einbecker Kinder- und Familienservicebüro und der Präventionsförderverein FIPS – Einbeck ist die erste Stadt, in der die Öffentlichkeitsarbeit für die Kampagne in Form einer Plakataktion stattgefunden hat.

»Jugendschutz – Einbeck macht mit« steht auf den Plakaten geschrieben, die an viele Supermärkte, Kioske und Tankstellen in Einbeck verteilt worden sind. Doch leider bislang mit wenig Erfolg: Einbeck macht noch nicht mit: Alkoholtestkäufe vom 18. Juli in Einbeck haben gezeigt, wie einfach Jugendliche an alkoholische Getränke gelangen. Bei elf Versuchen, Alkohol zu kaufen, haben die Testpersonen (15 und 16 Jahre) sieben Mal alkoholische Getränke erhalten (»EM« berichtete) – ein schockierendes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass der Verkauf von Spirituosen an Minderjährige nicht nur gesetzlich verboten ist, sondern auch ein erhebliches Risiko für die Jugendlichen mit sich trägt: Zum einen schadet Alkohol Jugendlichen mehr als Erwachsenen, weil sie sich noch in ihrer körperlichen Entwicklung befinden, zum anderen können die meisten Jugendlichen die möglichen Folgen ihres Alkoholkonsums noch nicht richtig einschätzen.

Bei einem vor kurzem auf Einladung des Lukas-Werks durchgeführten Fachgespräch, bei dem neben den lokalen Kooperationspartnern zur Durchführung der Kampagne unter anderem die Polizei, Schulsozialarbeiterinnen, Experten der Jugendpflege, Vertreter der kommunalen Verwaltung und der lokalen Politik anwesend waren, wurden der riskante Alkoholkonsum von Jugendlichen und die mangelnde Sensibilität bezüglich des Themas als vorherrschende Problematik identifiziert. So konnte die Polizei berichten, dass die Anzahl der Strafdelikte von Minderjährigen im Zusammenhang mit Alkohol immer weiter zunimmt. Auch dass Eltern ihren Kindern oft erlauben, Alkohol zu trinken, sei ein Problem. Häufig geschehe dies auch aus Unwissenheit darüber, was Alkoholkonsum im heranwachsenden Körper bewirke. Hier zeige sich auch bei einigen Erwachsenen noch großer Aufklärungsbedarf. Aus Sicht der Jugendpflege sei fehlende Zivilcourage ebenfalls ein großes Manko. Selbst wenn Erwachsene über das Thema »Alkohol und Jugendliche« und die Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes informiert seien, trauten sie sich oft nicht einzugreifen, wenn sie Verstöße bemerkten.

Nach diesem Fachgespräch und dem schlechten Ergebnis der Testkäufe sehen sich die Initiatoren der Kampagne in ihrer Einschätzung bestätigt und werden mit weiteren Aktionen daran arbeiten, eine »Kultur des Hinsehens« zu etablieren. Wenn jetzt nicht nur die Experten hinschauen und sich weiter Gedanken machen, sondern auch die Jugendlichen und Erwachsenen aus Einbeck, kann es vielleicht bald wirklich heißen: »Jugendschutz – Einbeck macht mit« beziehungsweise »Jugendschutz – Alle machen mit«, denn geplant ist, die Kampagne landkreisweit auszudehnen. In Northeim werden in Kooperation mit dem erzieherischen Jugendschutz, der Polizeiinspektion Northeim/Osterode und dem Fachbereich III des Landkreises, Sicherheit und Ordnung, Infomappen erstellt. Diese Mappen beinhalten neben dem Jugendschutzgesetz das Plakat zur Kampagne, Gesetzestexte und Infomaterialien mit Kontaktdaten, um eventuelle Fragen klären zu können. Die Mappen werden auf die kommunalen Ordnungsämter verteilt, sie sollen bei Anmeldung einer Veranstaltung, auf der auch Alkohol ausgeschenkt werden soll, herausgegeben werden.

Eine ähnliche Aktion ist in Bad Gandersheim geplant: Zum Altstadtfest am Freitag und Sonnabend, 7. und 8. September, sollen auch hier Informationen an die Getränkehändler ausgegeben werden. Unterstützt wird die Kampagne dort vom Arbeitskreis Prävention und der Helios-Klinik. »Kommunale Präventionsarbeit ist nur erfolgreich, wenn möglichst viele kontinuierlich mitmachen und sich verantwortlich fühlen«, sagt »HaLT«-Projektleiterin Johanna Pogodda. Insofern sind sie und Stefan Jagonak froh darüber, dass sich das Netzwerk, das sich im Landkreis für den Jugendschutz engagiert, stetig wächst.oh