Einbecker Schüler sammelten Erfahrungen im Praktikum

Überwiegend positive Erfahrungen in unterschiedlichen Berufen / Freundliche Betreuer / Berufswunsch trotz Praktikum teils unklar

In den vergangenen zwei Wochen fand das Betriebspraktikum des zehnten Jahrgangs der Goetheschule statt. Alle Schüler haben sich dafür bei Betrieben in und außerhalb von Einbeck beworben und erhielten viele neue Eindrücke. Doch welche Erfahrungen haben sie gemacht? Was haben sie gelernt? Und inwiefern hilft ihnen das Praktikum bei der Berufswahl? Einige Praktikanten stellten sich den Fragen des »Einbecker Morgenpost-Praktikanten.

Einbeck. In der zweiten Etage der Hauptstelle der Sparkasse sitzen Pascal Biedefeld und Kyra Hellmann und bereiten den Postausgang vor. Die Aufgabe besteht darin, Briefe in rote Umschläge zu verpacken und dann zu sortieren. Sie haben sich für die Sparkasse entschieden, um Einblick in die Arbeitsabläufe des Betriebs zu gewinnen und etwas über das Bankwesen zu lernen. Und diese Erwartungen hätten sich erfüllt, sagt Kyra, denn dies sei das erste Mal innerhalb des bereits seit mehr als einer Woche andauernden Praktikums, dass die beiden Jugendlichen solche oder ähnliche Aufgaben verrichten sollten. Vielmehr habe man bisher sehr viel gelernt, und die Arbeit im Betrieb mache Spaß. Die verbreitete Meinung, die Sparkasse sei »spießig«, sei falsch.

Das Praktikum sei sehr interessant, bestätigt Pascal. Viele Jugendliche wüssten nicht viel über den Bankbetrieb, doch er hätte jetzt gelernt, wie er sein Geld richtig anlegen kann. Die primären Aufgaben der Praktikanten bestehen darin, Geld ein- und auszuzahlen sowie Buchungen vorzunehmen. Auch bei einigen Kundengesprächen seien sie dabei gewesen, jedoch nicht im Kredit- und Wertpapierbereich. Von ihren Betreuern sind sie sehr freundlich aufgenommen worden. So bekamen sie am ersten Tag eine Mappe mit Informationen über den Betrieb, und die Mitarbeiter stehen jederzeit für Fragen zur Verfügung. Am interessantesten sei der Besuch im Verbundcenter gewesen, also in der Abteilung, die sich mit Immobilien und Versicherungen beschäftigt. Beide können sich dort eine spätere berufliche Tätigkeit vorstellen. Beeindruckend sei, so Kyra, dass die einzelnen Abteilungen »wie Zahnräder ineinandergreifen«. Pascal und sie sind sich einig, dass es gut ist, neben der schulischen Ausbildung auch Erfahrungen im Berufsleben zu sammeln. Dafür sei das Praktikum eine gute Möglichkeit.

Für Thao Nhi Luong ist das Praktikum im Kindergarten Benser Mauer eher schleppend angelaufen. Die tägliche Routine habe ihr zuerst gar nicht gefallen. »Nach den ersten zwei Tagen dachte ich: Oh mein Gott.« Danach habe sie aber von Tag zu Tag besser in den Betrieb hineingefunden. Die Betreuer seien sehr nett und für Fragen immer offen. Außerdem sei ihre Tätigkeit anders, als man denkt. Von außen sei die Komplexität des Berufes nur schwer zu fassen. So gäbe es immer wieder schwierige Situationen, wie zum Beispiel die Schlichtung eines Streits zwischen zwei »Schützlingen«. Ob sie sich vorstellen kann, später Erzieherin zu sein? »Es wäre möglich«, sagt sie. Sie weiß bloß nicht, ob sie die Routine über einen langen Zeitraum aushalten kann. Zwei Wochen seien ein guter Zeitraum für ein Praktikum. Es sei nur wünschenswert, mehrere Praktika zu machen, um noch weitere Berufe kennen zu lernen.

Franziska Sowa hat sich in einer Anwaltskanzlei beworben, weil sie sich für Gerichtsverhandlungen interessierte und hoffte, mehr über Recht und Politik zu erfahren. Tatsächlich hat sie während des Praktikums einiges gelernt und durfte sogar einmal einer Gerichtsverhandlung beiwohnen. Auch freut sie sich über die uneingeschränkte Akteneinsicht, für die sie vorher zum Schweigen verpflichtet worden war. Sie habe »richtig coole Betreuer«, und es herrsche eine lockere Stimmung am Arbeitsplatz. Nebenbei gäbe es Kekse für die Mitarbeiter, die so gut seien, dass sie auch mal heimlich zugreifen würde. Dazu kämen die für Praktikanten typischen »Nebenaufgaben« und Botengänge. Bei ihrem Arbeitstag würde ihr aber kaum langweilig, weil sie immer etwas zu tun habe. Sie hat noch keine genauen Zukunftspläne. Es sei noch zu früh für eine Berufswahl. Trotzdem sei das Praktikum eine »gute Erfahrung«.

Jacqueline Prenzler und Julian Nienstedt haben einen Platz in der Stadtbücherei bekommen. Beide interessieren sich für Bücher und wollten zudem ihre Allgemeinbildung verbessern. Die Praktikanten müssen Bücher inventarisieren, Besuchern helfen und auf die Ordnung in den Regalen achten. Beiden gefällt ihr Praktikum sehr. Die Betreuer seien sehr nett, man sei »nicht überfordert, nicht unterfordert«, und man erhalte viele Anregungen zum Bücherlesen, insbesondere in der neuen Abteilung »17 Plus«. Jedoch wollen beide nicht Bibliothekare oder Bibliotheksgehilfen werden. Jacqueline will Psychologie studieren, und Julian möchte später im sozialen Bereich arbeiten. Besonders beeindruckt hat die Jugendlichen, dass die Kundschaft aus Angehörigen aller gesellschaftlichen Schichten besteht. Auch habe man gelernt, dass Ordnung im Leben sehr wichtig ist. Das Praktikum wird von beiden positiv bewertet.

My Lisa Nguyen hat sich für eine Arztpraxis entschieden, weil sie sich vorstellen kann, später Ärztin zu sein. Dieser Beruf sei hoch angesehen, weil Ärzte Menschen helfen, sagt sie. Zuerst habe sie nur zuschauen dürfen, dann habe sie aber auch unter Aufsicht Blutdruck messen, ein EKG durchführen und Patienten abhören können. Ihr gefiel es im Betrieb gut, »weil alle immer nett zu mir sind«. Sie habe bereits viel über Medizin und Anatomie gelernt. Ein gutes Betriebsklima sei für ein funktionierendes Unternehmen wichtig. Auch müsse ein gutes Verhältnis zwischen den Mitarbeitern und den Patienten herrschen.

Alle Befragten sind sich einig, dass ein Praktikum eine gute Möglichkeit ist, das Berufsleben kennenzulernen, das sich sehr vom Schulalltag unterscheidet. Auf ihre Berufswahl hat das Praktikum aber möglicherweise keinen großen Einfluss.bm

Mai-Ur-Bock-Anstich zum Brauhaus-Hoffest