Eine kleine Welt im »Katastrophen-Alarm«

Theater-AG der Löns-Realschule erhält viel Beifall für Komödie über Szenen in einem Mietshaus

Die Aufforderung »Es darf gelacht werden« wäre nicht nötig gewesen, das Publikum der Theater-AG der Löns-Realschule amüsierte sich auch so prächtig über das jüngste Stück »Katastrophen-Alarm«. Wieder einmal zeichnete Rolf-D. Bartels, zugleich als Regisseur dabei, für das Stück nach einer Idee von J. Reiss verantwortlich. Ein Mietshaus mit seinen vielfältigen Bewohnern erwies sich als echter Mikrokosmos, eine bunte Mischung der Gesellschaft mit allen Besonderheiten und Macken, die verstärkt zutage treten, als besagter Alarm ausgelöst wird.

Einbeck. Auf Erweckungstour sind Elvira Jehlen und Amanda Hofer, zwei sehr beflissene Missionarinnen. Sie versuchen ihr Glück bei allen Bewohnern des Hauses, beispielsweise beim »stramm rechten« Heinz Röhrig und seiner Frau Renate, weniger stramm rechts. Früher, so Röhrig, sei alles anders gewesen, und niemand zweifelt daran, dass er meint, es sei »besser« gewesen. »Lieber Hakenkreuz statt Anarchie« fällt ihm zu einem Graffiti im Haus ein. Der Alt-Nazi hat nicht nur solide Vorurteile gegen alles Fremde, sondern auch eine Walther PPK und andere Waffen.

Frau Neubauer ist alleinerziehend, für das Leben mit den beiden zickigen Töchtern Janina und Anna möchte man sie sehr bedauern. Frau Horan, eine Türkin, bemüht sich, ihrer Tochter Hülya die Bedeutung des Kopftuchs näherzubringen, bislang vergeblich. Dass Gefahr aus Richtung Heinz Röhrig droht, hat Frau Horan schnell begriffen.

In der Vergangenheit lebt eine alte Mieterin, die durch technischen Fortschritt schnell an ihre Grenzen gerät. Sammy Lodenknecht, ein junger Homosexueller, findet sich in der bunten Mieterschar ebenso wie Pinky, ein Punkermädchen mit großem Durst, Lea und Olivia aus dem Schwarzen Block, die Ökos Michelle und Lara, die mit Soja-Klopsen und Müsli die Klischees erfüllen und die sich die Wohnung mit Nicht-Öko Lara teilen. Dazu gehört weiter eine Clique junger Frauen mit Geld: Franziska arbeitet in einem Chemieunternehmen, Larissa sieht sich als kommenden Filmstar, und Sabrina verzockt das Geld ihrer reichen Eltern.

Als Katastrophenalarm gegeben wird, sind alle ratlos, zumal niemand weiß, was die Ursache ist: Ein Chemie-Unfall ist ebenso denkbar wie ein Börsencrash, ein rechter Putsch, eine Epidemie, die Stürmung Europas, ein entflohener Straftäter. Für jeden entwickelt sich die Katastrophe aus dem persönlichen Blickwinkel, jeder geht auf seine Weise mit den Ängsten um, die sich daraus entwickeln. Die politisch Ambitionierten schmieden sofort Pläne einer Gegenrevolution, andere verbarrikadieren sich im Bad, die Reichen zicken einander an, die Missionarinnen geben den Rat, mit dem Beten anzufangen, und für die alte Frau ist das ganze Leben ohnehin eine Katastrophe. Jetzt ist die Gelegenheit, sich ganz und gar der Furcht hinzugeben, Vorurteile auszuleben, man hat es ja schon immer gewusst, und die eigene Haut zu retten.

Als die Alarmstufe erhöht wird, steigt auch im Haus die Spannung. Es werden Szenarien einer Wirtschaftsordnung durchgespielt, die auf Tauschhandel besteht, der Nazi entpuppt sich als Feigling, der sich selbst richten will, die Missionarinnen versagen bei Hilfeleistungen. Jeder macht sich seine eigene Katastrophe, alle geben anderen die Schuld.

In dieser angespannten und unsicheren Lage wird kurzentschlossen eine Weltuntergangsparty im Keller gefeiert. »Schlimmer kann’s nicht werden«, das steht mal fest. Alle haben schrecklichen Schiss, und in dieser Situation glaubt jeder alles, sucht nach Gründen und Ursachen und  Sündenböcken. Die erlösende Nachricht kommt aber doch noch: Es war alles nur eine Simulationsübung, die Bundesregierung bedankt sich für das besonnene Handeln der Bürger. Erleichterung macht sich breit - Ende gut, alles gut.

Mitwirkende auf der Bühne waren Katharina Wille, Marina Blumenberg, Kevin Skorzinski, Lenja Rawisch, Sara-Jean Fett, Melina Schikorr, Amelia Körber-Ahrens, Eda Yesilyurt, Lena Gebel, Melda Elci, Louis Fis Francia, Noura Morsi, Sina Fietze, Kashthury Parthiban, Jessica Otto, Eileen Mönnig, Adrienna Nolte, Leonie Meyer, Christin Göbel und Katharina Miesen. Ein Schülerteam war auch wieder für Aufbau, Technik, und Maske zuständig. Die Schüler hatten viel Freude an ihren Rollen, das, was die jeweiligen Charaktere ausmachte, haben sie überzeugend herausgearbeitet, einprägsam und prägnant. Der Jubel, mit dem die Zuschauer die Vorführungen bedachten, war berechtigt, zumal die Schüler wieder ein stimmiges Gesamtkunstwerk geschaffen hatten – einen vergnüglichen Theaterabend.oh