Europäische Union hielt Einzug in den BBS-Unterricht

Zum EU-Projekttag war Christian Grascha zu Besuch bei den Industrie-Kaufleuten / Aufgaben, Geschichte, Ziele und Vorteile der EU

Jugendlichen die Europäische Union näher zu bringen – das ist das Ziel des EU-Projekttages, der seit 2007 jährlich an Schulen durchgeführt wird. Christian Grascha, FDP-Mitglied des Landtags, besuchte Industrie-Kaufleute in der BBS Einbeck, und er veranschaulichte Schülern und Lehrern die Strukturen und Aufgaben der Europäischen Union.

Einbeck. Der Projekttag der Europäischen Union wurde zum sechsten Mal für Interessierte aller Schultypen und Klassenstufen angeboten, und er geht auf eine Initiative von Bundeskanzlerin Angela Merkel zurück, die ihn während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007 anregte. Seitdem besuchen Abgeordnete des Deutschen Bundestages, des Europäischen Parlaments und der Landtage sowie Regierungschefs der Bundesländer verschiedene Schulen, und sie ermöglichen den Jugendlichen Einblicke in den europapolitischen Alltag. In Einbeck erklärte Christian Grascha, Mitglied des Niedersächsichen Landtags, angehenden Industrie-Kaufleuten der BBS Einbeck sowie Teamleiter Harald Meyer und Ulf Scupin, Abteilungsleiter Wirtschaft und Informatik, die Strukturen, Zusammenhänge sowie die Ziele und Ideen der Europäischen Union.

Grascha eröffnete seinen Vortrag, indem er den Schülern erklärte, dass er vor 16 Jahren selber die BBS als angehender Industrie-Kaufmann besuchte, bevor er 1999 den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt habe. Seit Februar 2008 sei er Mitglied des Landtags und arbeite aufgrund seiner beruflichen Kenntnisse primär in den Fachausschüssen Haushalt und Finanzen.

Von den Römischen Verträgen 1957 ausgehend, die Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande unterzeichnet hatten, habe sich die EU kontinuierlich vergrößert, so Grascha. Zurzeit gehören ihr 27 Staaten an und weitere, wie Kroatien, Türkei, Island und Serbien, hoffen auf eine Aufnahme. Mit den Verträgen von Rom hatten die Mitglied-Staaten versucht, den freien Handel zu verbessern sowie einen gemeinsamen Markt mit Freizügigkeit zu realisieren, was auch gelungen sei, betonte Grascha, da in der heutigen Union in Bereichen wie Landwirtschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft die Staaten eng miteinander verbunden seien.Die EU umfasse momentan rund 500 Millionen Einwohner in 27 Staaten mit 23 verschiednen Amtssprachen, erläuterte der Vorsitzende der FDP im Landkreis Northeim. Unter anderem befasse sich die Gemeinschaft mit juristischen und inneren Angelegenheiten, der Währungspolitik sowie mit der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Mitglied-Staaten, so Grascha.

Er verdeutlichte den Schülern, dass Vertretungen in den verschiedenen Gremien oft abhängig von der Größe, der Wirtschaftskraft oder der Einwohnerzahl eines Landes seien. So habe Deutschland, wie auch Italien, Frankreich und Großbritannien, 29 Sitze im Ministerrat (Malta nur drei Sitze) und stelle 99 von 754 Abgeordneten im Parlament, von denen allein zehn aus Niedersachsen kämen. Weiter gebe es acht politische Fraktionen, die an keine Koalitionen gebunden seien, so dass sich bei jeder Entscheidung neue Mehrheiten bilden könnten.Innerhalb der EU, wie auch in Deutschland selbst, existieren unterschiedliche Lebensstandards, so dass es Zahler und Empfänger gebe. Grascha erläuterte, dass die Bundesrepublik ein Netto-Zahler sei und 2008 8.774 Millionen Euro in die Gemeinschaft eingezahlt habe, wobei Griechenland, Polen, Spanien und Portugal primär das meiste Geld empfangen. Dieses sei vor allem in Griechenland schwierig, da kein Katasteramt vorhanden sei, welches die finanzielle Zuwendung gezielt abrufen und verteilen könnte.

Neben den gemeinsamen Projekten wie Weltraumforschung oder Airbus setze sich die EU auch gezielt für die Verbraucher ein, etwa für Preistransparenz, Schengener Abkommen oder die Verringerung der Handy-Kosten bei Auslandsaufenthalten, so Grascha. Da der Euro auch eine starke Währung sei, die Leitwährung nach dem Dollar, würden viele vom einheitlichem Geld profitieren, so der Politiker, denn es gebe keine Umtauschgebühren sowie Wechselkurs-Risiken, was vor allem dem Export-Land Deutschland helfe. Die anschließende Fragerunde beschäftigte sich mit der Vergleichbarkeit der Abschlüsse in den EU-Ländern, dem Aufstieg der Piraten-Partei sowie den sich stetig steigernden Benzin-Preisen. Grascha kündigte an, dass es dringend eine Akzeptanz der unterschiedlichen Berufs-Qualifikationen geben sollte, damit der Fachkräftemangel verringert werden könnte und diplomierte Universitäts-Absolventen in einem anderen Land nicht nur als Taxi-Fahrer arbeiten müssten.

Der Einsatz der Piraten für das Urheberrecht finde seine Unterstützung, so Grascha, doch habe sich die FDP dafür, wie auch für den Erhalt der Bürgerrechte, schon lange vorher eingesetzt. Er betonte, dass der Aufstieg der Piraten ihn überrasche und dass seine Partei seit der letzten Bundestagswahl einige konzeptionelle Fehler begangen hätte, die aber seit der Neuorientierung Anfang 2012 behoben seien.

Für die Schüler war die »Abzocke« beim Benzin ein wichtiges Thema, auf das der Politiker einging. Er kündigt an, dass es bald eine Meldepflicht der Ölkonzerne an das Kartellamt gebe, so dass nicht mehr willkürlich an einem Tag die Preise mehrfach variiert werden könnten. Zwar regelten Angebot und Nachfrage den Markt, doch könnte Deutschland dem Vorbild einiger EU-Länder folgen, in denen nur einmal am Tag die Preise geändert werden dürften. Eine weitere Möglichkeit sei, dass es mehr Anbieter gebe, damit durch den erhöhten Konkurrenzkampf ohne mögliche Preisabsprache die Preise sinken könnten.mru