Faszinierendes von Arktis- und Antarktis-Reisen

Kapitän zur See Thilo Natke hielt Vortrag auf Einladung der St. Alexandri-Stiftung

In der vollen Münsterkirchen-Krypta – seitlich waren auch noch Bänke besetzt – lauschten die Zuhörer aufmerksam Natkes Powerpoint-Präsentation.

Einbeck. Beeindruckende Fotos in einem fesselnden Vortrag, gehalten von einem Menschen, für den der Beruf immer noch Berufung ist: Kapitän zur See Thilo Natke war zu Gast bei der Einbecker St. Alexandri-Stiftung. In der vollbesetzten Münsterkirchen-Krypta berichtete er von Schiffsreisen »bis ans Ende der Welt – Mit Kreuzfahrtschiffen zu Eisbären und Pinguinen«. Von seinen etwa 10.000 Reisefotos daheim hatte er eine Auswahl aus den jüngsten 15 Jahren mitgebracht. Zu seinen 40 Berufs­jahren gehören 160 Polarreisen, erläuterte Natke. Von 1993 bis 2018 war er auf der »Hanseatic«, davon 19 Jahre als Kapitän. Nun ist er Chef der neuen »Hanseatic nature«, die 139 Meter lang ist und Platz für maximal 230 Passagiere bietet. Das Erzählte stehe beispielhaft für alle Expeditionskreuzfahrten, nicht nur die seiner Reederei.

Der visionäre Pionier dieser damals exotischen Fahrtziele war Lars-Eric Lindblad mit einem in Finnland gebauten Schiff, der »Explorer« für 90 Passagiere mit dem »Standard einer Jugendherberge«. Auch Natke war 1991 dort Offizier. Als erstes Kreuzfahrtschiff durchfuhr die »Explorer« 1984 die Nordwestpassage. Um heute Pionier zu sein, muss man Genehmigungen einholen: Die erhielt die Reederei 2014, so dass Natke das erste westliche Kreuzfahrtschiff durch die Nordostpassage in der russischen Arktis lenken konnte. Ebenfalls im Sommer 2014 gelangte das Schiff bis auf 480 Kilometer an den Nordpol heran, etwas, was bis dahin nur Eisbrecher schafften. Länder, Routen, Ziele rund um Arktis und Antarktis erklärte und veranschaulichte der Kapitän auch mit Karten. Fotos unterschiedlicher Jahre zeigten die Folgen der Erwärmung: die abnehmenden Gletscher.

Bei solchen Reisen sei man weit weg von klassischen Häfen: Die Reisenden steigen deshalb um auf sogenannte Zodiac-Schlauchboote. In eines hat sich auch schon mal ein Seeleopard verbissen. So ein Boot hat aber mehrere Luftkammern. Begleitet von speziellen Experten – auch diese werden Lektoren genannt – und Eisbärwächtern werden dann Natur, Tierwelt und Orte erkundet. Beeindruckende Fotos folgten, so etwa aus Grönland Fjord-Aufnahmen mit Spiegelungen und Gletscher, von denen Eisberge abbrechen und dann die absurdesten Formen annehmen können. Auch dem langjährigen Freund Arved Fuchs und dessen Schiff begegne er hier häufiger als in Deutschland. Nur 6.000 Einwohner hat die zweitgrößte Stadt Grönlands, Sisimiut: Die farbigen Häuser erklärte Natke mit besserer Erkennbarkeit in stockdunklen Wintern. Dem Schiffsfotografen gelang etwas Rares: eine Aufnahme von einem Rudel Beluga-Walen. Eisbären sind zu beo-bachten, ob schwimmend, sitzend, springend, neugierig das Schiff anschauend – oder ganz prosaisch als Fell auf der Leine oder Hose eines Inuit-Jungen. Die Robbe ist »das Schwein Grönlands« und sei in Supermarkt und Restaurant selbstverständlich.

Weiter ging es in Richtung Antarktis mit Fotos von riesigen Albatros-Kolonien auf den Falkland-Inseln und Königspinguinen in Südgeorgien: Viel Gelächter bei Natkes Erklärung zum »Kaffeewärmer«-Flaum der Jungtiere. Hier sind die Strände auch voll von Pelzrobben, die sich stark vermehrt haben, seit es weniger Pelzmäntel gibt. Ebenfalls eines der Reiseziele hier ist die Antarktische Halbinsel, deren Klima wärmer sei als man sich vorstellen würde, und Schnee an Deck sei schon etwas Seltenes, erklärte er ein Foto. Und wieder beeindruckten Fotos von Eiskulissen, Torbögen in Eisbergen, Tafeleisberge mit glatter Oberfläche und Reisende, die auf Eisschollen spazierengehen – wenn dies Wetter, Wind und Dicke der Schollen zulassen.

Die beiden Pole, das stehe auch für die Schöpfung, hatte eingangs Thomas Borchert, Mitglied des Stiftungsvorstands, das Vortragsthema begründet. Ein weiterer Grund sei, erneut interessante Referenten mit Bezug zu Einbeck einzuladen – wie bereits bei den Lesch-Vorträgen. Dass dies hier mehr als gelungen war, zeigten die Stühle, die noch herbeigeholt werden mussten, die aufmerksamen Zuhörer und natürlich der umfangreiche Schlussapplaus für den Kapitän – in Einbeck lebend, wenn nicht gerade unterwegs. Mit einem guten Tropfen wurde Thilo Natke gedankt.des