»Die Bücher brennen«:

Frank Sommer spricht mit Schülern über die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933

Einbeck. Mit der großflächig und propagandistisch inszenierten Verbrennung von mehr als 20.000 »moralisch und politisch undeutschen« Büchern am 10. Mai 1933 auf dem Opernplatz in Berlin, der »Aktion wider den undeutschen Geist«, befasste sich Frank Sommer in der Einbecker Bücherei. Anlässlich des Gedenktages der Bücherverbrennungen hatte Bibliotheksleiterin Antje Bach in Kooperation mit dem Förderverein Alte Synagoge Einbeck den Berliner Schauspieler, Buchexperten und Leseförderer der Agentur »Eventilator«, der sich auf kreative Lese-, Sprach- und Bildungsförderung spezialisiert hat, nach Einbeck geladen. Rund 70 Schülern des zehnten Jahrgangs der Goetheschule und ihren Lehrern brachte er das Ereignis mit Original-Tonbeispielen, Augenzeugenberichten, Zeitungsausschnitten und Fotodokumenten näher.

Weiter erklärte er die zeitlichen Zusammenhänge bis zur Bücherverbrennung sowie Begriffe wie Aufklärungsfeldzug, kulturelle Revolution, Feuersprüche, Schandsäule, Professorenboykott, Differenzen zur ideologisch vorgegebenen Meinung und die Gefahr der freien Meinungsäußerung. Mit den Schülern war er sich einig, dass auch heute noch Bücher wegen Platzmangel, Schäden, Desinteresse, überholter Aktualität wie bei Reiseführern oder wissenschaftlichen Arbeiten sowie unpassendem Alter »entsorgt« werden. Dies geschieht aber nicht mehr aus Angst vor den angeblich »verfremdenden« Inhalten und die »entartete Kunst«, als Inszenierung mit Fackelschein auf einem wichtigen Platz einer Weltmetropole sowie mit umfassender Berichterstattung in den Medien. Gemeinsam beschäftigte man sich mit der Fragestellung, was die Texte von Erich Kästner, von Lisa Tetzner oder Bertolt Brecht so »gefährlich« für das System machte und aus welchen Gründen sie verbrannt wurden. Dabei ging er auch auf die damals verbreiteten Thesen »wider den undeutschen Geist« ein:

Das Volk trage die gemeinsame Verantwortung dafür, dass seine Sprache und sein Schrifttum reiner und unverfälschter Ausdruck seines Volkstums seien. Die Pflege dessen liege bei jedem Einzelnen, aber auch bei der Elite des Volkes, nicht aber bei seinen Gegnern. Diese zielgerichteten Aussagen richteten sich gemäß der Aussage »bist du nicht für mich, bis du gegen mich« nicht nur gegen Mitbürger jüdischen Glaubens, erklärte Sommer, sondern gegen alle, die bei der Wahrung des vorgegebenen »deutschen« Gedankengutes nicht »mitmachen« wollten.

Alle waren sich hinterher einig, dass Bücher nie mehr brennen dürften.mru