Für eine gerechtere Gesellschaft

»Einbecker Tafel« blickt auf fünfjähriges Bestehen zurück | Lebenschancen auch für Schwache eröffnen

Einbeck. In einem reichen Land sind Menschen arm, die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auf: Notwendig ist deshalb die »Einbecker Tafel«. Das fünfjährige Bestehen des ökumenischen Projekts wurde jetzt »gefeiert« – sofern das ein Grund zum Feiern ist.

Beim Gottesdienst in der Münsterkirche stellte Pastor Daniel Konnerth die vielen ehrenamtlichen Stunden heraus, die für das Projekt geleistet worden sind. Pfarrer Ewald Marschler nahm in den Blick, dass Arbeitslosigkeit tiefes Leid bedeute, dass die größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich stillschweigend toleriert werde und es zu wenig Mut und ein Festhalten an Strukturen gebe.

Die Helfer der Tafel hätten in den vergangenen Jahren Menschen, denen das Wasser bis zum Hals stehe, die Hand gereicht, hätten Menschen, die in schwierigen Lebenssituationen stünden, geholfen. Christliche Gemeinden könnten auf verschiedenen Ebenen helfen, stellte Marschler fest. Menschen in einer Sinn- und Lebenskrise zu begleiten und ihnen Hilfe anzubieten, sei eine Kernaufgabe für eine Gemeinde - auch oder gerade weil es eine schwierige Aufgabe sei. Wichtig sei, dass in den Gemeinden ein Klima herrsche, in dem Betroffene sich trauen, zu signalisieren, dass sie Hilfe brauchen. Es müsse ein Klima geben, in dem sich Menschen getragen fühlten mit ihren Sorgen und Nöten.

In dieser Stadt gebe es mehrere hundert Menschen, die am Rande des Existenzminimums lebten, beklagte Marschler. Für sie habe die Bitte »Unser tägliches Brot gib uns heute« eine Wirklichkeit, die erschrecken lasse. Und so war Marschler dankbar für die Freiwilligen, die Dienste übernommen haben, und für die Kooperationspartner sowie für die positive Aufnahme in der Bevölkerung. »Wir hoffen, dass wir durch unser Tun Menschen, denen das Wasser bis zum Hals steht, weiterhin helfen können.« Und er hoffte, dass Politiker dieses Tun künftig stützen, damit es überflüssig wird. Er rief dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass die Gaben der Schöpfung an alle Menschen gerecht verteilt werden – für eine Gesellschaft, in der auch der Schwache Lebenschancen hat.

Thomas Döhrel vom Leitungsteam der »Tafel« blickte zurück auf das fünfjährige Bestehen der »Tafel«. Im Sommer 2007 habe sich der Kirchenvorstand St. Alexandri daran gemacht, das diakonische Profil der Gemeinde zu schärfen. Nahezu zeitgleich habe Kirchenkreissozialarbeiter Marco Spindler versucht, eine »Tafel« zu gründen. Er fand in der katholischen St. Josefs-Gemeinde und in der evangelischen St. Alexandri-Gemeinde tatkräftige Mitstreiter. Die »Tafel« wurde ein ökumenisches Projekt. Erste Räume waren am Stiftplatz 1 vorhanden. Der Bosch-Service Lukatsch organisierte Sponsoren für ein Auto. Lebensmittelspender wurden gefunden.

45 Kunden kamen zur ersten Ausgabe im Januar 2008. Die 72-Stunden-Aktion der katholischen Gemeinde sorgte im April für die Renovierung der Räume. »Mit Gottes Hilfe« sei das Projekt initiiert worden, und jetzt laufe es auch mit dieser Hilfe, stellte Döhrel heraus. Im Oktober 2011 erfolgte der Umzug in den ehemaligen Getränkehandel, wieder sorgten Jugendliche für die Renovierung. »Unsere Arbeit hat sich verbessert, ist leichter geworden.«  Die Helfer würden Hand in Hand arbeiten, und dafür bedankte sich Döhrel bei den Ehrenamtlichen.

Kirchenkreissozialarbeiter Marco Spindler meinte, dass man nicht stolz sein könne auf das fünfjährige Bestehen - werde doch mit der »Tafel« die ungerechte Verteilung der Ressourcen zweimal in der Woche deutlich. Rund um die »Einbecker Tafel«  habe sich eine eigene soziale Tafel gebildet: 60 Helfer würden kontinuierlich mitarbeiten. Und dabei hätten Menschen zusammengefunden, hätten sich Freundschaften gebildet. Und: »Unsere Tafel kommt ohne hauptamtliche Arbeit aus«, stellte Spindler heraus. »Die Liebe zu den Bürgern der Stadt eint die Tafel-Mitarbeiter.« Dieses »großartige Engagement« setze ein Zeichen der Menschlichkeit.

Den ehrenamtlichen Mitarbeitern und dem Leitungsteam zollte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek Anerkennung. Die Tafel leiste mehr als die Versorgung von mehreren hundert Menschen, das zeigten auch die Kochkurse oder die gesunden Kinderpakete. Im Namen von Rat und Verwaltung dankte sie allen, die sich für die Tafel engagieren.

Das TafelProjekt ist auf Markoldendorf ausgedehnt worden und wird ab August auch auf Dassel ausgeweitet.  Der stellvertretende Dasseler Bürgermeister, Max Schlüter, bedankte sich dafür und überbrachte gute Wünsche von Rat und Verwaltung der Stadt Dassel.

Thomas Borchert, Vorsitzender des Kirchenvorstands St. Alexandri, dankte nicht nur den Ehrenamtlichen, sondern auch dem Leitungsteam mit Pfarrer Ewald Marschler, Thomas Döhrel und Marco Spindler.sts