Für eine würdevolle inklusive Lösung

Neuer Behindertenbeauftragter und Ausschussvorsitzende zur Barrierefreiheit im Alten Rathaus

Einbeck. Ein Bild von den Planungen zum geplanten Umbau des Alten Rathauses, insbesondere unter dem Aspekt des barrierefreien Zugangs, hat sich jetzt der neue Behindertenbeauftragte der Stadt Einbeck, Ulrich Neumann, gemacht. Gemeinsam mit den Vorsitzenden des Ausschusses für Jugend, Familie und Soziales, Eunice Schenitzki, und für Bauen und Stadtentwicklung, Andreas Fillips, sowie mit Fachbereichsleiter Stadtentwicklung und Bauen, Joachim Mertens, hat er das Gebäude innen und außen besichtigt.

Der 59-jährige Einbecker ist seit Kurzem im Amt. Viele Jahre war der gelernte Einzelhandelskaufmann in Einbeck beruflich tätig, inzwischen arbeitet er bei einem großen Möbelunternehmen mit Standorten unter anderem in Göttingen und Witzenhausen. Er habe, sagte der Behindertenbeauftragte, schon mit einigen Rollstuhlfahrern darüber gesprochen, wo es für sie Schwierigkeiten im Stadtgebiet gebe. ­Probleme mit Behörden und Zuständigkeiten habe er als Betroffener selbst erlebt ­– er sehe die Aspekte entsprechend anders als Personen ohne Einschränkungen, und er werde diese Anliegen eventuell auch mit besonderem Nachdruck verfolgen. »Ich sehe die sachlichen Aspekte, die Politik sollte außen vor bleiben«, führte er aus, und da sei es ihm wichtig, dass er an Weisungen aus der Politik nicht gebunden sei. Ein weiterer Wunsch Neumanns: ihn direkt ansprechen. Mit ihm ins Gespräch zu kommen, das werde so auch möglich sein, kündigten die beiden Ausschussvorsitzenden an: Ulrich Neumann könne an den Sitzungen teilnehmen, insbesondere auch dann, wenn es um Belange Behinderter gehe.

Welche Maßnahmen am Alten Rathaus geplant sind, erläuterte Fachbereichsleiter Joachim Mertens. Der Rathauskeller bleibe »relativ unangetastet«. Von dem Vorhaben, ihn beispielsweise für gastronomische Zwecke zu nutzen, habe man sich gelöst. Ein Stegsystem soll dafür sorgten, dass sich Besucher im Keller gut bewegen können.

Alle Geschosse werden mit einem Fahrstuhl erschlossen. Dessen Anbau erfolgt an der Südseite. Gerade für Behinderte, ob mit Rollstuhl, Rollator oder einfach nur nicht so gut zu Fuß, sei es wichtig, kurze Wege zu haben, stimmten Eunice Schenitzki und Ulrich Neumann überein. Unmittelbar am Zugang auf der Ebene zur Rathaushalle wird im jetzigen Stuhllager eine WC-Anlage installiert, die auch eine Behindertentoilette vorsieht. Das Stuhllager wird dahinter verlegt. Die Umrahmung des gotischen Fensters an der Südfassade bleibt erhalten und durch die Glaskonstruktion des Fahrstuhls auch weiter sichtbar. Die Fassade, betonte Joachim Mertens, werde nur punktuell durchbrochen. Zudem sei eine Konstruktion geplant, die etwas Abstand zum Gebäude halte. Als Beispiel für einen solchen Fahrstuhl verwiesen die Ausschussvorsitzenden auf die Inklusionsmaßnahme an der Westseite der Pestalozzischule.

Der vorgeschlagene vereinfachte Zugang ins Gebäude durch die Hintertür zum Rathaushof bezeichnete Ulrich Neumann als »den letzten abgeschobenen Platz«.

Das sei für die Betroffenen entwürdigend, zumal es über den Fahrstuhl bessere Zugangsmöglichkeiten gäbe.
Auch Vorschlägen zur – ausschließlichen – Nutzung der Behindertentoilette in der Sparkassen-Passage mittels Euro-Schlüssel erteilte er eine Absage. Wer eine Veranstaltung im Alten Rathaus besuche, hätte dann für einen Toilettengang einen ziemlich langen und aufwendigen Weg vor sich, den nicht jeder ohne Hilfe bewältigen werde.

Der Rathaus-Umbau sei seit Jahren ein Thema, nun wäre es Zeit, das endlich umzusetzen, hob Andreas Fillips hervor. An der Fassade zum Marktplatz, der touristisch attraktivsten Seite, werde nichts verändert oder kaputt gemacht. Man schaffe aber nicht nur eine Behindertentoilette, auf die sich die öffentliche Diskussion inzwischen fokussiert habe, sondern ermögliche einen inklusiven Zugang zum Alten Rathaus für viele Zwecke: zum Standesamt, zum Trauzimmer, zu Veranstaltungen oder Sitzungen. Man bemühe sich, möglichst vielen Nutzern gerecht zu werden.

Die Kosten für das komplette Umbauvorhaben bezifferte Mertens auf 946.000 Euro, wobei eine Unterstützung aus der Städtebauförderung von bis zu zwei Dritteln möglich sei. Diese Höhe werde man aber vermutlich nicht erreichen. Denkmalschutz und Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege würden keine Probleme sehen. Vorarbeiten könnten ab September beginnen.

»Respekt, das ist eine gute Planung«, so die Einschätzung des Behindertenbeauftragten zum geplanten Umbau.ek