Für weitere Generationen sehenswert: Strauß-Dia-Show

Zum 90. Geburtstag von Erich Strauß im Geschichtsverein: »Einbeck gestern - Einbeck 1984«, technisch aufbereitet von Hellmut Hainski

90 Jahre wäre Erich Strauß in diesem September geworden – Anlass für den Einbecker Geschichtsverein, seine Vortragsreihe mit der Strauß’schen Ton-Dia-Schau »Einbeck gestern – Einbeck heute (1984)« zu beginnen, digitalisiert durch Hellmut Hainski.

Einbeck. Es gibt Mehrgenerationenhäuser – genauso gibt es Mehrgenerationenprojekte, zum Beispiel die Ton-Dia-Schauen von Irmgard und Erich Strauß. 20 Reihen entstanden, die in etwa 740 Vorführungen von 30.000 Besuchern gesehen wurden, informierte Hellmut Hainski 2004 in einem Nachruf zu seinem Vorgänger im Amt des Geschichtsvereins-Vorsitzenden. Damit diese Zeitdokumente nicht verloren gehen, hat Hainski es übernommen, diese zu digitalisieren und so einer weiteren Generation zu erhalten. Sieht und hört man Bild, Ton und Musik passend zueinander, ist sowohl die Mühe des Ehepaars Strauß als auch die von Hellmut Hainski nur zu erahnen.

Das, was 1984 unter dem Titel »Einbeck gestern – Einbeck heute« begeisterte, fasziniert jetzt mehr denn je. Man hört eine Dampflok schnaufen, man sieht eine Postkarte des Bahnhofs Einbeck, und in angenehmstem Tempo und klarster Sprache informieren Susanne und Irmgard Strauß zur Existenz der Bahnstrecke Salzderhelden–Einbeck vom 10. September 1879 bis 30. September 1984. Ein weiterer Sprecher ist Armin Wolschendorf.

Historische Ansichten wie Fotografien, Postkarten und Lithographien, die die Generationen vor ihnen zur Einbecker Geschichte machten, trug das Ehepaar zusammen. Historische Fakten wie die ersten evangelischen Predigten in Einbeck im Kloster auf dem Möncheplatz kamen hinzu, ebenso Alltagsgeschichte und -geschichten, so die Lakritze von Buchterkirchen und Anekdoten von Emma Merkel. Vergnügtes Lachen des Publikums in der vollbesetzten Aula der Teichenwegschule beim Anhören der lustigen plattdeutschen Ferkel-Geschichte von Fritz Leiffhold. Originalstimmen von Zeitzeugen wie die Erinnerungen von Erich Meyer an den Brand des Steinernen Hauses 1906 sowie der Pohl’schen Mühle Silvester 1925 zeichnete das Ehepaar bereits auf, als noch kein Guido Knopp davon im Fernsehen berichtete.

Dazu kam das wache Auge, mit dem Erich Strauß die Veränderungen in seiner Heimatstadt Jahrzehnte hindurch wahrnahm und fotografierte. So gab er dem Zuschauer 1984 die Möglichkeit, das Stadtbild von einst mit jenem von 1984 zu vergleichen – 2011 auch bereits Geschichte: Fotos vom Marktkirchturm 1912 und vor 27 Jahren zeigen die Stadtentwicklung von oben. Dann folgt der »Erinnerungsgang für Ältere – ein Zeitdokument für die Jugend« dem Straßenverlauf.

Der häufige Einsatz der Abrissbirne ist – dank Strauß – genau festgehalten: 1969 war es die rechte Häuserzeile auf dem Möncheplatz und 1971 die Realschule, 1979 die Badehalle und die Zuckerfabrik. 1950 bereits riss man die Ecke Pastorenstraße/Breil für den Parkplatz ab. Manch weiteres Foto schmerzt, so eine Bauschutt-Aufnahme von der Neustädter Kirche 1963.

Über vom Putz befreite Fachwerk-Fassaden freute man sich 1978, zum Beispiel in der Marktstraße, und 1982 über restaurierte Häuser in der Tiedexer Straße. Viele dieser zusammengetragenen Dokumente und Fakten fanden Eingang in die Jubiläumsbücher des Geschichtsvereins.

Dass Zeitgeschichte in der Gegenwart beginnt, dass auch Vermessungs- und Straßenbauarbeiten Zeitdokumente sind – Erich Strauß erkannte dies bereits früh und fotografierte 1962 den Werdegang der »Kühner Höhe«. Ebenso konnte der Zuschauer die Entwicklung des Negenborner Wegs vom Feldweg über die 1963 gerade planierte bis zur bebauten Straße 1984 verfolgen. Auch, dass ein »Nichts« Zeitdokument ist, war ihm bewusst: so die leeren Straßen zur Ölkrise 1973 sowie der Grillplatz auf der Hube 1984. Hier stand bis zum »warmen Abriss« 1970 das Gasthaus. Blicke auf das Wohngebiet Jägerstuhl waren mit Fotos von 1926, 1963 und 1984 möglich.

Vom Neuen Markt blieb ein Nachbarschaftsbuch von 1753 erhalten. Den Informationen zu den Nachbarschaften folgte ein Einbecker Lied, vorgetragen vom Shanty-Chor, sowie passende Klänge zu den Festumzugsbildern – welch’ eine Mühe, sowohl in der Tonband-Ära als auch heute am PC, dies passend zum Bild umzusetzen. 1950 wurde des Stadtjubiläums mit einem großen Festumzug gedacht: Hochradfahrer und trompetende Mönche waren zu bewundern.

So bot sich viel Gesprächsstoff für die Zuhörer in der Teichenweg-Aula. Hier »im alten Schwimmbad«, so erläuterte die Geschichtsvereins-Vorsitzende Dr. Elke Heege, habe man für die Vorträge ein neues Domizil gefunden. Neben den vielen Interessierten konnte sie auch Irmgard Strauß begrüßen, und sie dankte Hellmut Hainski für sein Engagement. Mit stimmungsvollen Bildern, fotografiert aus der Dunkelheit in hellerleuchtete Einbecker Fenster, unterlegt von einem Abendlied, schloss das Strauß-Hainski-Werk.

Am 14. November folgt ein Vortrag zu Heinrich Melchior Mühlenberg.des