Rat Einbeck

Ganz starke Mehrheit für die Entwicklung des Poser-Parks

Parteien weitgehend einig bei Bebauungsplan / Weg frei für Ansiedlung von Kaufland, Möbel-Boss und expert / GfE übt Kritik

Das war eindeutig: Mit 26 Ja- und zwei Nein-Stimmen sowie vier Enthaltungen hat der Einbecker Rat am Mittwochabend den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nummer 73 »Tiedexer Feld II« in Einbeck beschlossen. Damit wird der Weg frei für die Ansiedlung von Geschäften auf dem ehemaligen Poser-Gelände an der Hullerser Landstraße, es gibt grünes Licht für das Millionen-Projekt Poser-Park.

Einbeck. Bis zur Abstimmung wurde um das Projekt noch politisch gerungen. Eine Stadt lebe von Veränderungen und durchlebe Veränderungsprozesse, machte Rolf Hojnatzki, SPD, deutlich. Das gelte auch für den Industriestandort Einbeck. Wenn man jetzt grünes Licht gebe für den Poser-Park und für eine neue Nutzung einer unattraktiven Industriebrache, müsse man bedenken, dass ohne das Engagement des Investors nichts möglich wäre. Im Westen der Stadt entstehe eine neue Lebensader, dies sei zugleich eines der bedeutendsten Projekte der vergangenen Jahre. Die Politik habe sich dazu intensiv Gedanken gemacht und über Jahre diskutiert. Das Bild, dass in diesem Zusammenhang Kröten zu schlucken seien, sei nicht nur eine unappetitliche Vorstellung, sondern habe auch mit der Realität  nichts zu tun. Mit der Umsiedlung des Elektromarktes schaffe man das, was der Betreiber sich vorstelle, und endlich gebe es zudem wieder einen Möbelmarkt in Einbeck. Neu sei das Angebot des Lebensmittelmarktes, und wenn es in Northeim mit Kaufland und Marktkauf funktioniere, könnte das auch in Einbeck klappen. Das sei gesunder, nicht aber ruinöser Wettbewerb. Einbecker kauften nicht nur in Einbeck, dagegen könne man etwas tun, und künstliche Schutzwälle für die Innenstadt würden niemandem helfen. Die IHK, nahm Hojnatzki Stellung zu deren Kritik, sei eine Interessenvertretung, die keine Unruhe im Wettbewerb wolle, sondern Vorhandenes konserviere. Der Rat sei zuständig für die Interessen aller Einwohner, und die »ganz überwiegende Mehrheit der Bürger« stehe hinter dem Projekt. Die SPD habe diesen Weg, neue Impulse zu setzen, positiv begleitet, und sie werde das weiter tun.

100-prozentige Zustimmung signalisierte auch Jörg Brödner, CDU, seine Fraktion habe von Beginn an hinter den Plänen gestanden. Man wünsche sich neue Impulse und zugleich eine gestärkte Innenstadt, doppelte Sicherheit »wie Hosenträger und Gürtel.« Die Verantwortung für die Stadt stehe neben dem Respekt für den Investor. Er beantragte eine namentliche Abstimmung, die anschließend auch durchgeführt wurde. Mit viel Optimismus, erinnerte Anne Trybuhl, FDP, habe ihre Fraktion das Vorhaben unterstützt. Man sehe sich nun auf einem guten Weg. In einem transparenten Planungsvorhaben konnten Bedenken ausgeräumt werden. Die Akzeptanz der Bevölkerung sei selten so hoch wie beim Poser-Park. Nach über dreijähriger Planungsphase könne man sich nun auf die Neugestaltung freuen, die eine Belebung für die Stadt bedeute. Die FPD wünsche allen Beteiligten eine gute Hand bei der Durchführung.

Er sei reich, denn er habe eine eigene Meinung, so Peter Osterloh, GfE: Was die Mehrheit wolle, müsse nicht zwingend richtig sein, und auch vor fachlichem Hintergrund spreche er sich gegen das Vorhaben aus. Der demografische Wandel mit mehr Älteren bedeute weniger Mobilität. Man müsse deshalb die Versorgung zu den Bürgern bringen. Zudem sehe er Defizite bei der Abwägung. Die GfE, betonte er, habe eine ablehnende Haltung nur zu Kaufland, sie sei nicht grundsätzlich gegen den Poser-Park.

Er sehe im Zusammenhang mit der Neuansiedlung nicht die Gewinnung von neuen Kofferraum-Kunden, führte Walter Schmalzried, CDU, aus, sondern die Kunden würden kanalisiert. Bisher seien sie nur schwach an Einbeck gebunden worden, das werde jetzt besser. Sicher werde Wettbewerb entstehen, aber das sei eine Konkurrenz, die die Innenstadt nicht gefährde, sondern zu ertragen sei – wenn man Augenmaß walten lasse und auf die richtigen Sortimente setze. Der Investor sei hier präzise auf die Wünsche der Politiker eingegangen, habe Verantwortung für die Innenstadt gezeigt und akribisch geplant. In der künftigen Konstellation werde sich einiges zurechtrücken. Wer Angst um sein Geschäft habe, müsse sich Neues ausdenken, forderte er. Er habe es sich nicht leicht gemacht, ja zu sagen, und alle Gutachten seien keine 100-prozentige Garantie für ein Gelingen, sondern sie würden die Politik nicht von ihrer Verantwortung entbinden – dem wolle er sich stellen. Dem Investor dankte er für seine Geduld und das Eingehen auf die Einbecker Wünsche.

Zunächst sei er froh gewesen, dass auf dem Poser-Gelände etwas passiere, aber inzwischen habe er seine Meinung geändert, sagte Marc Hainski, GfE. Die Politik solle bestimmen, was in der Stadt geschehe und nicht einen Investor als Heilsbringer ansehen. Den Möbelhandel bezeichnete er als »Zwergenmarkt«, der die Stadt bürgergerechte Nahrversorgung, eine Investition in der Südstadt und vielleicht einen größeren Möbelmarkt kosten werde. Man lege sich fest, eine weitere Entwicklung sei nicht möglich. Leider habe die GfE den Weg nicht frühzeitig anders mit lenken können.  Drei Gutachten, drei Ergebnisse – ein neues Gutachten lehne sie deshalb ab, es sei sinnlos, so Dr. Ursula Beckendorf, GfE. Allerdings habe eine von ihr durchgeführte Händlerbefragung im Frühjahr ergeben, dass 55 Prozent der Innenstadt-Kaufleute die Ansiedlung bei Poser negativ sehen würden. Viele Dinge seien bei der Meinungsbildung abzuwägen. Wenn sie sich für das Wohl der Innenstadt entscheide, müsse sie gegen Kaufland stimmen, wenn sie das Gesamtwohl der Stadt im Auge habe, für das Vorhaben. Da beides nicht gehe, werde sie sich enthalten.

Seine Stimme für die Innenstadt erhob Siegfried Kappey, GfE: Wenn es eine effiziente Wirtschaftsförderung gäbe, könnte man etwas ansiedeln, das für die Stadt richtig sei. Die Innenstadt sei ein kulturelles Erbe, und wenn man Poser nicht verhindern könne, sollte man alle Kraft darauf verwenden, den Stadtkern nicht zu vergessen. Kaufland sei überproportional, das sei das große Problem, und er begleite das Vorhaben mit großer Sorge. Sie sei froh über den Investor, der die Kraft habe, Einbeck wachzuküssen – das könne man eben nicht selbst tun, so Heidrun Hoffmann-Taufall, CDU. Vielmehr brauche man noch mehr davon, es gebe nämlich außer Poser mehr »Dornröschen«, die auf einen Prinzen warteten.

Für ihn komme der Verbraucher in der Debatte zu kurz, warf Marcus Seidel, SPD, ein. Jeder Konsument sei mündig und entscheide, wo er kaufe. Bisher habe man in Einbeck einen dominierenden Betrieb, was dazu führe, dass das Preisgefüge höher sei als in Regionen mit mehr Wettbewerb. Die Bürger wollten weiter gern in Einbeck einkaufen, sie befürworteten das Vorhaben. Den Antrag auf namentliche Abstimmung unterstützte er. Man lebe in einer historischen Stadt, aber nicht in einem Museum, betonte Alexander Kloss, SPD. Deshalb müsse die Stadt für jüngere Menschen attraktiver werden. Die Stadt tue gut daran, das Gelände bereinigen zu lassen. Der Investor sei ein Glücksfall, und die Entscheidung treffe man nach einem langen Prozess – verantwortungsvoll auch für die »neue« Stadt Einbeck.

26 Ratsmitglieder sprachen sich für den Bebauungsplan aus. Dagegen votierten Marc Hainski, Siegfried Kappey, Kurt Meyerholz und Peter Osterloh, alle GfE, es enthielten sich Dr. Ursula Beckendorf und Udo Mattern, beide GfE. Nicht anwesend waren Dirk Ebrecht, CDU, Georg Folttmann, GfE, Dr. Reinhard Binder, FDP, und Burghard Jablonski, SPD. Rainer Koch, GfE, hatte nicht mit abgestimmt.ek