Geschäftslage auf stabiler Basis: Erwartungen eingetrübt

Keine Rezession in Sicht / 90 Prozent der Unternehmen stufen Geschäftslage als gut ein / Einzelhandel zeigt sich robust

Die Geschäftslage der niedersächsischen Wirtschaft ist äußerst stabil und bleibt im dritten Quartal nahezu auf dem Rekordniveau des Frühsommers. Mit zunehmender Skepsis blicken die Unternehmen aber auf die Entwicklungen in der Eurozone. Aktuelle Geschäftslage und Erwartungen klaffen deshalb auseinander. Die eingetrübten Erwartungen lassen den IHK-Konjunkturklimaindikator für Niedersachsen, der sich aus aktueller Lage und Erwartungen zusammensetzt, zurückgehen. Die reduzierten Erwartungen deuten jedoch nicht auf eine kommende Rezession hin.

Einbeck. Für das kommende Jahr bleiben die Unternehmen optimistisch. Die Investitions- und Beschäftigungspläne schwächen sich zwar ab, sind aber nach wie vor positiv. Die robuste Binnennachfrage und weiterhin hohe Erwartungen an das Exportgeschäft bilden die Basis für ein moderates Wachstum in den kommenden Monaten.

Das größte Gefährdungspotenzial geht von der bleibenden Ungewissheit über die politische Lösung der Staatsschuldenkrise aus. Im Herbst 2011 stufen über 90 Prozent der Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder zumindest befriedigend ein; auf diesem Niveau bewegt sich die niedersächsische Wirtschaft seit rund einem Jahr. Lediglich acht Prozent (Vorquartal: sechs Prozent) sprechen im dritten Quartal von einer schlechten Situation; 43 Prozent (Vorquartal: 45 Prozent) schätzen ihre derzeitige Lage als gut ein, 49 Prozent (Vorquartal: 48 Prozent) als befriedigend.

Die Erwartungen an die kommenden Monate haben sich allerdings merklich verschlechtert. Nur noch jedes fünfte Unternehmen rechnet mit einer weiteren Verbesserung in den kommenden Monaten; im zweiten Quartal waren es 28 Prozent. Und ebenfalls jedes fünfte Unternehmen (19 Prozent; Vorquartal nur elf Prozent) erwartet eine ungünstigere Geschäftsentwicklung. Aus dieser Verschiebung zum Patt zwischen positiven und negativen Erwartungen resultiert der Rückgang des Konjunkturklimaindikators auf 117 Punkte (Vorquartal: 127 Punkte). Das ergab die aktuelle Konjunkturumfrage der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern unter jetzt knapp 2.000 Unternehmen. Die Erwartungen der niedersächsischen Wirtschaft an das Exportgeschäft sind weiterhin hoch. 27 Prozent der Unternehmen (Vorquartal: 30 Prozent) rechnen mit weiterem Wachstum; 63 Prozent (Vorquartal: 64 Prozent) sehen ihre internationalen Geschäfte auf gleichbleibendem Niveau.

Die Industrie ist mit dem dritten Quartal sehr zufrieden. Nur jedes zehnte Unternehmen (Vorquartal: sieben Prozent) berichtet von einer schlechten Geschäftslage. Damit befindet sich die Industrie weiter auf einem Rekordniveau. Die Wachstumsdynamik der letzten Monate wird sich erwartungsgemäß abschwächen, darauf deuten die in die Zukunft gerichteten Geschäftserwartungen zu Auftragseingängen, Umsätzen und Exporten hin. Sie sind aber in der Tendenz noch positiv, so dass der Aufschwung intakt bleibt.

Die Investitionsplanungen bestätigen die grundsätzlich positiven Einschätzungen der Industrie: 26 Prozent der Betriebe wollen mehr investieren (Vorquartal: 37 Prozent), 21 Prozent der Betriebe wollen ihre Investitionen zurückfahren (Vorquartal: 14 Prozent). Auch die Beschäftigungsplanungen bleiben positiv und liegen weiter deutlich über dem langjährigen Durchschnitt.

Im Bauhauptgewerbe haben sich die Geschäfte im dritten Quartal zufriedenstellend entwickelt. Der Auftragsbestand liegt sichtbar über dem Vorjahresniveau. Insgesamt rechnen die Bauunternehmen saisonal bedingt in den kommenden Monaten aber wieder mit rückläufigen Geschäften.

Der Großhandel berichtet für das dritte Quartal über einen guten Geschäftsverlauf, allerdings haben sich die Erwartungen an die kommenden Monate leicht eingetrübt. Vor allem im Bereich des industrienahen Großhandels (Brennstoffe, Metalle, Maschinen und Ausrüstungen) haben die Umfragewerte die Rekordhöhen verlassen und zeigen jetzt eine »normale« Geschäftstätigkeit an, das heißt leicht positive Erwartungen und moderat steigende Umsätze. Der Einzelhandel zeigt sich wie schon in den letzten Quartalen robust. 91 Prozent aller Einzelhändler (Vorquartal: 92 Prozent) sind mit ihrer aktuellen Geschäftslage zumindest zufrieden. Optimismus strahlt der Handel auch weiterhin aus. Für das kommende Jahr rechnen unverändert 86 Prozent der Einzelhändler mit steigenden oder zumindest gleich bleibenden Umsätzen.

Bei guter aktueller Geschäftslage sind angesichts der gemäßigten Wachstumsperspektiven in der Industrie auch die Umfragewerte für die künftige Entwicklung des Verkehrsgewerbes etwas zurückgegangen. Auch für die kommenden Monate gehen die Unternehmen davon aus, dass die hohen Kraftstoffkosten über steigende Beförderungspreise auf die Kunden übertragen werden können.

Die Unsicherheiten an den Finanzmärkten und die steigenden Eigenkapitalanforderungen bei den Kreditinstituten machen sich jetzt auch bei den vorwiegend regional tätigen niedersächsischen Banken bemerkbar. Trotz guter Geschäftslage mit steigendem Kreditvolumen bei Firmen- wie Privatkunden im dritten Quartal rechnen die Banken im Saldo der Antworten erstmals seit der Finanzkrise 2008/2009 wieder mit einer ungünstigeren Geschäftsentwicklung. Ein Rekordquartal hatten die niedersächsischen Dienstleistungsunternehmen zu verzeichnen. 52 Prozent der Unternehmen (Vorquartal: 46 Prozent) berichten von einer guten Geschäftslage, nur vier Prozent (Vorquartal: drei Prozent) sind nicht zufrieden. Allerdings hat sich auch hier die Stimmung perspektivisch etwas abgekühlt. In der aktuellen Situation kann man eine Parallele zum Frühjahr 2007 erkennen, als die Konjunktur von hohem Niveau kommend eine leichte Abkühlung und dann über mehrere Quartale eine weitgehend stabile Entwicklung zu verzeichnen hatte, aber noch nicht in die Rezession abglitt. Der aktuell hohe Beschäftigungsstand, die weiter optimistischen Erwartungen an das Auslandsgeschäft und die robuste Binnennachfrage bilden eine stabile Basis für die wirtschaftliche Entwicklung 2012.oh