»Gott ruft in der nächsten Stunde nicht an«

Rundfunkgottesdienst aus St. Alexandri / Predigt und Musik im Zeichen von »Kantate«

Aus Einbeck nach ganz Norddeutschland und darüber hinaus: Der Rundfunkgottesdienst von NDR Info, WDR 5 und dem Nordwest-Radio ist am Sonntag aus der Einbecker Münsterkirche St. Alexandri übertragen worden. Am Sonntag »Kantate« stand die Musik im Mittelpunkt, sowohl bei der Gestaltung des Gottesdienstes mit der Kantorei als auch in der Predigt von Superintendent Heinz Behrends.

Einbeck. Eine Stunde, abzüglich einer Minute und neun Sekunden dürfe der Gottesdienst dauern, berichtete Toningenieur Werner Scharnofske im Übertragungswagen vor der Münsterkirche. Hier saß er mit Aufnahmeleiterin Monika Eckhoff, beide sorgten für eine reibungslose Übertragung.

Bereits am Sonnabend war in einer Ablaufprobe festgestellt worden, dass im ursprünglichen Programm noch etwas Luft war, deshalb wurden einige Liedstrophen ergänzt, An allen Sprechstellen in der Kirche sowie vor der Empore waren Mikrofone installiert, insgesamt ein knappes Dutzend.

Gegenüber dem üblichen Sonntagsgottesdienst, erfuhren die Gottesdienstbesucher vor der Übertragung, sei einiges anders: So wurden die Glocken frühzeitig abgeschaltet, sie würden als »Konserve« eingespielt. Die Abkündigungen entfallen. »Singen und sprechen Sie laut und deutlich mit«, so die Bitte von NDR-Rundfunkpastor Dirk Römmer an die Besucher. »Und machen Sie Ihre Handys aus, der liebe Gott ruft in der nächsten Stunde nicht an.« Außerdem die Anweisung: Sitzen bleiben, selbst beim »Vater unser« und beim Segen, denn »jeder kleine Laut geht über den Sender.« Schließlich der Hinweis, sich noch mal richtig »auszuhusten«, bevor eine rote und eine grüne Lampe am Mikrofon am Lesepult leuchten, das bedeute nämlich »Auf Sendung.« Von der Münsterkirche sei er »hell begeistert«, ergänzte Pastor Römmer.

Den Hörern stellte er die Kirche in einer kurzen Einführung vor. Schwerpunkte der Arbeit seien Musik sowie die Arbeit mit Kindern und Familien, der Besuch von St. Alexandri unter anderem wegen des Chorgestühls sehenswert. Mitwirkende im Gottesdienst waren Superintendent Heinz Behrends, zuständig für Liturgie und Predigt, Thomas Borchert als Lektor, Ingrid Mahnke, die die Fürbitten sprach, Dr. Martina Rehse an der Orgel und die Kantorei St. Alexandri unter der Leitung von Ulrike Hastedt.

Im Predigttext des Sonntags, Kolosser 3, 12 bis 17, heißt es unter anderem: »Darum lasst das Wort reichlich in euch wohnen. Mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern und singet Gott dankbar in euren Herzen.« Er singe, so Superintendent Heinz Behrends, gern unter der Dusche – nach anstrengender Gartenarbeit etwa Hermann van Veen. Duschen und singen, das sei wunderbar. Man komme nicht sauber und ohne Schuld durch den Tag, doch Gott ermutige dazu, abzulegen, was die Menschen von ihm trenne. Dazu gehörten auch Zorn und Lügen. Durch die Taufe könnten sie abgewaschen werden, der Mensch könne zu den Geliebten Gottes gehören.

Wie ein Gebäude aus Tönen sei die Musik aufgebaut, vergleichbar mit einem Dombau. Sie habe eine innere Ordnung, und sie sei in der Lage, den Menschen innerlich aufzubauen und ihn zu halten, wenn das Leben ihn durchschüttele. Singen stärke und erhalte den Glauben. Wenn die Worte im Alter verloren gingen, bleibe doch das Vertraute der Musik. Eine schöne Melodie könne nur aus einem schönen Herzen kommen, aus einem schönen Herzen komme eine gute Tat. Wer dankbar sei im Herzen, tue Gutes und habe einen Blick für andere.

Seine große Liebe zur Musik, führte Behrends aus, sei vermutlich in seiner Kindheit in seiner Heimatgemeinde in Ostfriesland gelegt worden. Der engagierte Pastor kämpfte dort mit großer Energie für eine neue Orgel: »Wir müssen Gott loben mit unserer Musik«.

Nach dem Gottesdienst stand der Superintendent den Hörern für persönliche Telefongespräche zur Verfügung. 45 Anrufe in zwei Stunden seien es gewesen, bilanzierte er anschließend. 43 mal gab es sehr positive Rückmeldungen, zwei Anrufe hatten thematisch nichts mit dem Gottesdienst zu tun. Bei den Gesprächen habe es viel Lob gegeben: »Wunderschön«, »zu Herzen gehend« oder »es passte alles«, so empfanden die Hörer den Gottesdienst. Einige sagten, sie hätten »Großer Gott, wir loben dich« oder andere Lieder laut mitgesungen; es sei deshalb gut gewesen, bekannte Stücke auszuwählen. Anerkennung erhielt Heinz Behrends auch für die Predigt. Sie wurde als »mitten im Leben« empfunden: »Sie sprechen gut zum Volke«, sagte jemand.

»Ich musste zuhören und habe nicht gewagt, in die Küche zu gehen«, hieß es in einem anderen Gespräch. Die Musik habe viele getröstet und aus der Traurigkeit geholt, etwa eine Hörerin, die ihren kranken Sohn pflege. Auch die Kantorei wurde sehr gelobt, berichtete Behrends aus den Gesprächen.

Schon einmal, am 13. Januar 1991, ist ein Gottesdienst aus der Münsterkirche übertragen worden, damals vom Deutschlandfunk und der Deutschen Welle. Die Predigt hielt – kurz vor dem Ausbruch des Golfkrieges – Superintendent Ulrich Renner. Wer sich für Mitschnitte der beiden Gottesdienste interessiert, kann sich an Eckhard Senger unter eckhard-senger@online.de wenden.ek