Großartiger Musiker und Plauderer in »Einbeck Bleu«

Götz Alsmann begeistert im Wilhelm-Bendow-Theater / Vorpremiere des »Paris«-Programms mit Chansons in deutscher Fassung

»Willkommen in Paris« – mit Kusshand hieß Götz Alsmann das Publikum im Wilhelm-Bendow-Theater willkommen. In einer Vorpremiere stellte er mit seiner vorzüglichen Band sein neues Programm »Paris« vor. Mit französischen Chansons, ins Deutsche übersetzt und neu arrangiert, ist er nur scheinbar ein Wagnis eingegangen: Die Zuhörer waren begeistert von diesem Abend auf hohem musikalischem Niveau und mit amüsanten Plaudereien.

Einbeck. »Du bist mein liebster Gast« versicherte Götz Alsmann, den sich der Kulturring seit langem als Künstler gewünscht hatte, seinem Publikum. Der Besuch hier sei gleich dreimal etwas Besonderes, berichtete er: Zum einen sei er genau vor 25 Jahren, im September 1986, schon einmal in Einbeck aufgetreten. Zum anderen könnten sich die Einbecker auf sein »Paris«-Programm freuen, das eigentlich erst Ende Oktober erscheine. Und schließlich »debütierten wir in unseren neuen babyblauen Sakkos«, schmunzelte er. In Pariser Modekreisen werde die Farbe »Einbeck Bleu« genannt«.

Herrliche, klassische Chansons der 30er bis 60er Jahre habe man ausgewählt und sie am original Schauplatz für die CD aufgenommen: im zweitältesten Studio von Paris. »Alle waren dort«, zählte Alsmann auf: Bécaud, Aznavour »und vermutlich noch Johannes Brahms persönlich«. Auf dem Sofa von 1971 finde man sicher die genetischen Fingerabdrücke geschätzten 2.500 Praktikantinnen von Serge Gainsbourg.

»Es gibt also keine besseren Reiseführer als uns«, stellte Alsmann fest. Mit Stücken wie »Café de la Paix«, dem sanften »Liebe mich«, als »Aimee moi« 1956 von Dalida gesungen« und nun mit rotem Licht gekonnt in Szene gesetzt – Sänger und Band wussten vielfältig zu glänzen.

Er selbst, erläuterte Alsmann dem entzückten Publikum, habe 1967 beschlossen, zu sein wie Gilbert Bécaud, den er erstmals bei »Einer wird gewinnen« gesehen habe. Der Künstler trat auf mit Musikern in schwarzen Helanca-Rollkragenpullovern, setzte sich lässig mit Fluppe und Whisky ans Klavier und sang »Nathalie«: »Musikalisch gelebte Wucht«, befand der junge Götz da – und das habe ihn geprägt. Deutsche und französische Männer hätten einen gemeinsamen Genpool seit Karl dem Großen, überlegte Alsmann, als er den Zuschauern seine Band vorstellte mit Grandseigneur, Bonvivant, Filou und Maitre de Plaisir bestens besetzt. Rudi Marhold am Schlagzeug, Michael Müller am Bass, Altfrid M. Sicking, Vibraphon, Xylophon und Trompete, sowie Markus Passlick, Percussion, dazu »Grandtuftler« Helmut Philipps an der Technik sorgten für einen rundum stimmigen Abend.

Ob das flott arrangierte »Was wird aus mir?« von Bécaud, »Der Junge im Boot« von Henri Salvador, »Vagabund« oder »Wenn es Nacht wird in Paris«: Alsmann und seine Begleiter steckten die Klassiker ins neue Gewand, was ihnen durchweg gut zu Gesicht stand.

Frauen abzuschleppen wie Eddie Constantine, das sei ein weiteres Ziel seiner Jugend gewesen: »Hallo, schöne Frau, Sie warten auf Ihren Märchenprinzen, und hier bin ich« – was bei Sänger und Schauspieler Eddie alias Lemmy Caution spielend geglückt sei, habe sich für ihn in Münster als schwierig erwiesen. Den jugendlichen Schwärmer mag das schwer getroffen haben, die Zuhörer fanden die bildhaft dargestellte Szene sehr erheiternd. Mitreißen ließen sie sich auch von Alsmanns Traum von einer nächtlichen Wanderung durch Paris mit Zusammentreffen mit allen Großen der Chanson-Zunft – eine wahrlich traumhafte Szenerie.

Auf »Sarah«, »Wenn erst das Herz schlägt« oder »Der Wolf tanzt Chachacha« folgte die Erklärung zum Unterschied zwischen deutschem Schlager und französischem Chanson: Eigentlich, sinnierte Alsmann, seien sie sich ganz nah. Der Schlager ende jedoch beim Happy End, und im französischen Lied gehe es über den Hochzeitstag hinaus, beispielhaft zu hören an »Du lässt dich geh’n« von Aznavour, jedoch nicht so schwermütig wie seine Version, sondern locker verswingt.

Das gesamte Repertoire wurde mit reichem Beifall bedacht; besonders groß war die Begeisterung aber bei der Hommage an das Meer: »La mer« von Charles Trénet, mit Meeresrauschen und vielfältig musikalisch »gemalt«.Alsmann legt großen Wert auf gediegenes Äußeres und auf gediegene Sprache: So benutzt er schöne »aussterbende« Wörter wie Vestibül, Devotionalien, Konzertsaal oder Schallplatte – auch diese Details fügten sich harmonisch ins Gesamtbild des Abends ein. »Singen, spielen, Schabernack«, mit der Ankündigung seiner CD sowie einem Lebwohl verabschiedete er sich von den Einbeckern, die ihn aber ohne Zugabe nicht von der Bühne ließen. »Bonjour Madame« begleitete er auf der Ukulele, »Bei einer kleinen Tasse Tee« ließ er seine Gedanken schweifen. »C’est magnifique« reichte immer noch nicht; erst nach einer Wiederholung von »Das Meer« warf er letztmalig Kusshände ins Publikum: »à bientôt«, »bis bald« – hoffentlich löst er dieses Versprechen ein.ek