Großes Interesse, die fliegenden Säuger kennenzulernen

NABU Dassel-Einbeck veranstaltet im Rahmen der Europäischen Fledermausnacht Exkursion am Krähengraben / Netze gespannt

So nah kommt man den Tieren sonst wohl nie: Überall in Europa haben sich am Wochenende Naturfreunde aufgemacht, um bei der Fledermausnacht dabei zu sein, und auch in Einbeck, der zentralen Veranstaltung für den Landkreis Northeim, konnte der Naturschutzbund NABU zahlreiche Teilnehmer begrüßen. Ihre Geduld wurde belohnt, denn sie erfuhren nicht nur viel Interessantes über die fliegenden Säugetiere, sondern konnten zudem beobachten, wie sie in Netzen gefangen, begutachtet und anschließend natürlich wieder freigelassen wurden.

Einbeck. Überall in Europa heiße es an diesem Abend »Fledermäuse, Fledermäuse, Fledermäuse«, hieß NABU-Vorsitzender Karl-Eduard Schütz die Teilnehmer am Krähengraben willkommen. Mehr als 30 Länder beteiligten sich an der Europäischen Fledermausnacht, und der NABU sei zum 16. Mal vor Ort dabei. Gerade Kinder wieder enger mit der Natur vertraut zu machen, das sei eine wichtige Aufgabe des NABU, führte er aus: »Es ist traurig, dass sie 15 bis20 Handy-Klingeltöne kennen, aber eine Amsel nicht von einem Sperling und eine Eiche nicht von einer Buche unterscheiden können.« Der NABU sei zahlenmäßig eine der stärksten Gruppen der Region: mit fast 1.000 Mitgliedern, allerdings immer derselben überschaubaren Zahl von Aktiven. Interessierte seien deshalb zum Mitmachen willkommen, und gerade für Kinder sei die Gruppe »Rudi Rotbein« interessant.

Informationen zum Thema Fledermäuse gab es von Kai Steinbüchel. Vieles von dem, was er berichtete, wussten die Kinder schon, anderes brachte Groß und Klein gleichermaßen zum Staunen. Die Fledermaus ist das einzige fliegende Säugetier. Sie fliegt eigentlich mit den Händen, zwischen den »Fingern« ist die Flughaut gespannt. Von Oktober bis März hält die Fledermaus Winterschlaf, dazu zieht sie sich in Höhlen und Spalten zurück, der Organismus läuft auf Sparflamme. Im April wachen die Tiere aus dem Winterschlaf auf, im Mai ziehen die Weibchen in die Wochenstube, wo sie sich auf die Geburt des Nachwuchses vorbereiten. Wochenstuben gibt es beispielsweise im Alten Rathaus in Einbeck, wo bei einer Quartierszählung vor etwa vier Wochen etwa 150 Weibchen und ihre Jungen ermittelt wurden. Das Alte Rathaus sei deshalb, genau wie auch die Münsterkirche, mit der Plakette »Fledermausfreundliches Haus« ausgezeichnet worden. Eine der größten Wochenstuben der Region gibt es im Heimatmuseum in Northeim: Hier wurden rund 1.500 Weibchen gezählt. Die Jungen – meist nur eins pro Weibchen – fliegen im August erstmals aus. Gelegentlich verirren sie sich dabei in Wohnhäuser oder andere Gebäude. Wenn man Türen und Fenster öffnet und laute Musik anmacht, suchen sie meist von selbst das Weite. Allerdings wusste Kai Steinbüchel auch von einem Einsatz im Göttinger Uniklinikum zu berichten, wo ein paar 100 Fledermäuse im Treppenhaus ihn und weitere Helfer ordentlich auf Trab gehalten haben.

Im September folgt die Paarung. »Das ist das einzige Mal im Jahr, wo das Männchen gebraucht wird – ansonsten fliegt es nur, schläft oder chillt«, schmunzelte der Experte. Ob die Befruchtung erfolgreich war, entscheidet sich im folgenden Frühjahr, auch abhängig davon, ob die Bedingungen günstig sind, ein Junges großzuziehen. Das Sperma wird solange in der Samentasche des Weibchens gespeichert. Im Oktober fressen sich die Tiere eine Speckschicht an, die sie für ihren Winterschlaf brauchen.

Die Lebenserwartung einer Fledermaus liegt bei drei bis vier Jahren. In Deutschland gibt es 23 Arten, alle stehen als gefährdet auf der Roten Liste. Im Landkreis Northeim sind sieben bis acht Arten anzutreffen. Weltweit gibt es 926 Arten. Natürliche Feinde der Tiere sind Nachtgreifvögel, aber auch die Menschen. Windkraftanlagen sind ebenso gefährlich wie Autos. Pro Nacht fressen Fledermäuse etwa die Hälfte ihres eigenen Gewichts, das sind bis zu 3.000 kleine Insekten wie Mücken. Zwei oder drei regnerische Nächte, in denen sie keine Beute machen können, überstehen sie, aber danach treibt der Hunger sie wieder raus. Dabei sind Fledermäuse bis zu 50 Stundenkilometer schnell.

Größte heimische Art ist das Große Mausohr mit einer Spannweite von 40 Zentimetern – sie ist auch im Alten Rathaus zu Hause. Die Kleinsten sind die Zwergfledermäuse, etwa so groß wie eine Fingerkuppe. Zu den Besonderheiten der Tiere zählt, dass sie mit Ultraschall ein exaktes Bild ihrer Umgebung gewinnen. Sie haben zudem ein gutes Gedächtnis, Flugrouten können sie »speichern«. Die Ultraschalllaute sind für menschliche Ohren nicht zu hören, erst mittels eines Detektors kann man sie feststellen und entschlüsseln: »Das funktioniert wie ein Dolmetscher«, so Kai Steinbüchel, zumal man aufgrund der Frequenzen die Arten bestimmen könne. In die Netze des NABU-Teams mit Thomas, Anja und Kai Steinbüchel, Alexander Hacke, David Anderson, Michael Schmidts und Claudia Anderson gingen an diesem lauen und trockenen Sommerabend unter anderem Wasserfledermäuse, Zwergfledermäuse und Abendsegler.ek