Rat Einbeck

Haus der Jugend wird an den Kohnser Weg umziehen

Einstimmige Entscheidung bei fünf Enthaltungen | Option Jugendgästehaus bleibt | Gelände bietet viele Chancen

Das Haus der Jugend soll an den Kohnser Weg um­ziehen. Die ehemaligen Flüchtlingsunterkünfte werden umgebaut mit der Option, dort auch ein neues Jugendgästehaus anzu­siedeln. Das hat der Ein­becker Rat bei seiner Sondersitzung am Mittwoch einstimmig – bei fünf Enthaltungen – beschlossen. Damit endet ein nahezu zweijähriger Prozess der Entscheidungsfindung, von dem manche sicher gehofft hatten, dass er schneller ablaufen würde.

Einbeck. Eine »komprimierte Darstellung« gab Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek vor der Diskussion. Das Projekt »PS.SPEICHER« sei eine bedeutsame Entwicklung für Einbeck, betonte sie. Sie freue sich darüber, und es gebe von Politik und Verwaltung größtmögliche Unterstützung. Die Kulturstiftung Kornhaus habe 2012 für ihr Vorhaben den Erwerb des Hauses der Jugend beantragt, der Rat habe dem zugestimmt, verbunden mit der Zusage, den Verkaufserlös zweckgebunden für ein neues Jugendzentrum zu verwenden. Nach intensiver Standortsuche seien drei Alternativen in die engere Auswahl gekommen. Zudem ergaben sich die Varianten Neubau und Walkemühle/Liegnitzer/Kolberger Straße. Am 1. April hat sich der Fachausschuss mit deutlicher Mehrheit für Kohnser Weg/Flüchtlingsheim ausgesprochen mit dem Hinweis, die Finanzierung zu berücksichtigen. Zugleich wurde eine Sonderratssitzung beschlossen. Die Empfehlung hatte Bestand für einen Tag: Der Verwaltungsausschuss hat sich für die Prüfung von Kohnser Weg und Sülbecksweg ausgesprochen. Inzwischen, so die Bürgermeisterin, habe es für das Grundstück Kohnser Weg ein Angebot über 95.000 Euro gegeben. Das Deutsche Rote Kreuz habe Interesse am Betrieb eines Jugendgästehauses, wolle allerdings nicht für Umbaukosten aufkommen.

Für den Standort Sülbecksweg sei mit Kosten von 855.000 Euro zu rechnen, 735.000 Euro seien es für Kohnser Weg ohne Jugendgästehaus, knapp 1,1 Millionen Euro mit Jugendgästehaus. 560.000 Euro stehen aus dem Verkauf zur Verfügung, weitere 100.000 Euro aus der AKB-Stiftung anlässlich des 90. Geburtstags von Johanne Büchting, zweckgebunden für die Einrichtung des neuen Jugendzentrums. In der vergangenen Woche hat der Verwaltungsausschuss sich einstimmig für den Kohnser Weg ausgesprochen und dabei ein Jugendgästehaus einbezogen. Wenn für dieses Vorhaben zusätzlich erhebliche Investitionen vorgesehen seien, könne das nur zu Lasten anderer Projekte gehen, warnte die Bürgermeisterin mit Blick auf den Zukunftsvertrag.

Es sei längst überfällig, dass die Realisierung in Gang gesetzt werde, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende Margrit Cludius-Brandt. Niemand habe gedacht, dass es so lange dauern werde, bis die Grundlagen gelegt seien, aber es sei gut, dass Bewegung in die Sache komme. Leider habe es keine frühzeitige Einbindung der Politik gegeben, und auch innerhalb der Verwaltung hätte die Zusammenarbeit besser laufen können. Damit hätte man sich Arbeit gespart und Zeit sinnvoller genutzt. Als schließlich alle Fakten auf dem Tisch gelegen hätten, habe die Politik nur wenig Zeit gehabt, sich ein Bild zu machen. Die Entscheidung sei verdient, und sie hoffe, dass man in einem Jahr einziehen könne. Für den Kohnser Weg spreche, dass es dort die besten Entwicklungschancen gebe, auch in Verbindung mit dem Jugendgästehaus. Der Platz biete alle Möglichkeiten, die Konzepte der Jugendlichen zu verwirklichen.

Die intensive Prüfung und die lange Geschichte des Themas seien wichtig gewesen, und sei richtig, dass die Verwaltung das so gemacht hatte, so Dirk Ebrecht. Der CDU-Fraktionsvorsitzende erinnerte daran, dass erst vor zwei Wochen der Kaufpreis für den Kohnser Weg auf den Tisch gekommen sei. Als »beschämend« bezeichnete er die Äußerungen der Anwohner in der Informationsveranstaltung in der Neustädter Kirche. Im Kohnser Weg gebe es die Zukunftsperspektive für das Jugendgästehaus, allerdings sei das Geld begrenzt: Beides sei zurzeit nicht machbar. Der »PS.SPEICHER« bringe Einbeck nach vorn, war Dr. Reinhard Binder, FDP, zuversichtlich. Zugleich sollte man die Möglichkeiten des neuen Jugendhauses nutzen. Er hätte den Standort Walkemühlenweg bevorzugt, aber der Kohnser Weg biete viel Möglichkeiten, gerade in Verbindung mit einem Jugendgästehaus, wobei sekundär sei, wer es betreibe. Wenn man hier investiere, müsse man an anderer Stelle vorsichtiger sein. Er kenne langsameres Vorgehen der Verwaltung als in diesem Fall. Aus Sicht der FDP sei das ein gutes Ergebnis: Es entstehe ein repressionsfreier Raum, den Jugendliche brauchten.

Die Grünen hätten mehrmals die Position gewechselt, so Dietmar Bartels, aber es seien immer neue Fakten aufgetaucht. Für den Sülbecksweg und die Jugendarbeit an einem Standort hätte er viele Möglichkeiten gesehen. Zum »Fremdschämen« sei es gewesen, was die Anwohner dort gegen das Projekt vorgebracht hätten. Für den Kohnser Weg spreche, dass es Platz für ein Gästehaus und eine Mehrzweckhalle gebe. Die Stadt habe zwei Häuser verkauft, und der Erlös reiche nicht für etwas Neues – unter diesem Aspekt habe man ein Verlustgeschäft gemacht.

Er sei froh, zu einem Ergebnis zu kommen, sagte Rainer Koch, GfE/Bürgerliste. Für Fakten- und Erkenntnisentwicklung sei Zeit notwendig gewesen. Die GfE habe die Meinungsfindung intensiv begleitet. Das Grundstück sei groß genug für die Pläne, das Vorhaben sei schnell umsetzbar, es sei preiswerter als andere Standorte, und es sei kein nachbarschaftlicher Widerstand zu erwarten – das spreche für diesen Standort. Er freue sich, dass der Beschluss des Jugendausschusses bestätigt wurde, betonte Rolf Hojnatzki, SPD. Nicht zuletzt spare dieser Schritt die möglichen Kosten für den Abriss der Gebäude, die sich auf einem fremden Grundstück befänden. Es gebe jetzt eine klare Perspektive, und die finanziellen Herausforderungen könnte man vielleicht mit Förderung über das Integrierte Entwicklungskonzept (IEK) meistern. Er führte zudem die Nähe der Sportstätten als weitere Vorteile dieser vernünftigen Lösung an. Die Politik habe dem »PS.SPEICHER« viel Unterstützung gegeben, unter anderem dadurch, dass das Haus der Jugend vorzeitig zur Verfügung gestellt wurde. Die Verwaltung müsse rasch handeln, in nächster Zeit erwarte man einen genauen Fahrplan. Wichtige Entscheidungen würden nicht im Hauruck-Verfahren getroffen, das sei im privaten Bereich so wie in der Politik, stellte Heidrun Hoffmann-Taufall, CDU, fest. Manches sei eben nicht so eindeutig, wie man das gern hätte. Für optimal habe sie zunächst den Standort Stukenbrok-Park gehalten, da habe es aber zu viele Hindernisse gegeben. Auch die Neustädter Gemeinde hätte Vorteile gehabt. Der Kohnser Weg trage den Bedürfnissen der Jugendlichen nach Raum Rechnung, sie würden nicht zu stark reglementiert, könnten sich frei fühlen und sich ausprobieren.

Man vergebe mit einer Entscheidung für den Kohnser Weg die Chance, Jugendarbeit zu bündeln, für Integration zu sorgen und neue Wege zu sehen – das bedauere sie, und deshalb werde sie sich der Stimme enthalten, kündigte Beatrix Tappe-Rostalski, CDU, an. Auch Antje Sölter, CDU, die sich für den Sülbecksweg positioniert hatte, kündigte eine Enthaltung an. Ein neues Jugendhaus sei aber dringend notwendig, und so werde sie demokratisch mitarbeiten, die Entscheidung umzusetzen. Ein kirchlich-kommunales Jugendprojekt hätte Willi Teutsch, CDU, favorisiert, das wäre nachhaltig gewesen. Die Verlagerung an den Kohnser Weg sehe er als Ausgrenzung. Das befürchtete auch Fraktionskollege Bernd Huwald. Er wäre für einen Standort in Richtung Innenstadt oder Wohngebiete gewesen. Zudem halte er es für falsch, in abrissfähige Gebäude zu investieren. Einstimmig hat sich der Rat dafür ausgesprochen, sofort mit der Umsetzung der Planung für den Umzug des Hauses der Jugend an den Kohnser Weg zu beginnen. Zugleich soll dafür geplant werden, ein Jugendgästehaus auf dem Gelände unterzubringen, nachdem zuvor Finanzierung und Betrieb ­sichergestellt sind. Enthalten haben sich vier CDU-Ratsmitglieder – Beatrix Tappe-Rostalski, Antje Sölter, Willi Teutsch und Bernd Huwald – sowie Bürgermeisterin Dr. Michalek.ek