Hubertus Zummach: Thesen gegen das »Bildungstollhaus«
Einbeck. Als »Bildungstollhaus Bundesrepublik« sieht Hubertus Zummach (links) Deutschland in seinem jüngsten gleichnamigen Buch. Nach mehr als 40 Jahren im niedersächsischen Schuldienst und seinen konkreten Erfahrungen vor Ort empfindet der Pädagoge die Situation als dramatisch.
»Die deutsche Bildungskrise ist langfristig ein ökonomischer Supergau für diese Republik, der die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise weit in den Schatten stellt«, fürchtet er. Zummach freut sich, dass er mit dem Cuvillier Verlag Göttingen, einem internationalen wissenschaftlichen Fachverlag, einen kompetenten Partner für seine Veröffentlichung gefunden hat - hier vertreten durch Martin Schmitz (rechts).
Zwar ist Hubertus Zummach vor fast zehn Jahren aus dem Schuldienst ausgeschieden und in den Ruhestand gegangen, das Thema Bildung lässt ihn dennoch nicht los, obwohl es an alternativen Gestaltungsmöglichkeiten für diesen Zeitabschnitt nicht mangele, wie er schmunzelt.
Der Autor spürt Restwut auf billige Polemik, öffentliche Diffamierung und populistische Diskriminierung der Lehrer. Er ist verzweifelt über die Hartleibigkeit der Gesellschaft, die sich weigert, die immensen Verwerfungen im deutschen Bildungssystem zu erkennen, und er ist überzeugt, dass die weitere sträfliche Vernachlässigung des Themas Bildung zu einer Megakrise führen wird. Bereits 2002 hat er ein Resümee seiner fast 40-jährigen Tätigkeit im Schuldienst gezogen, das, in kleiner Auflage gedruckt, schnell vergriffen war.
Nach einigen Buchprojekten zu völlig anderen Bereichen, beispielsweise über Rainald von Dassel oder über die Jagd, hat er sich nun doch noch einmal dem Bildungsthema gewidmet, das er in elf Kapiteln auf rund 220 Seiten gründlich untersucht. Damit die Schwierigkeiten behoben werden können, stellt er einen umfangreichen Forderungs- beziehungsweise Zielkatalog auf.
Dazu zählen unter anderem die Abschaffung der Länderkultusbürokratie, in der in der Regel nach Kassenlage entschieden wird, und die Schaffung eines bundeseinheitlichen Schulsystems, ein Aktionsbündnis von Schule und Wirtschaft nach skandinavischem Vorbild, die teilweise Umwidmung des Solidaritätszuschlags in einen Bildungsfond, eine bessere Lehrerausbildung mit mehr Praktika, eine größere Autonomie der Schulen vor Ort, härtere Sanktionen gegen Gewalt in Schule und Gesellschaft und eine offene Debatte über die Probleme von Migration und Integration.
»Wenn Wissen Macht bedeutet, Fortschritt und Wohlstand, dann dämmert Deutschland der Ohnmacht entgegen«, diesem warnenden Zitat von »stern«-Redakteur Hans-Ulrich Jörges stellt Zummach seine Forderungen gegenüber - er würde sich freuen, wenn seine Thesen Widerhall fänden. oh