Hundebombe und Hundekanone

Kuriosität aus dem Haus Stukenbrok

Einbeck. Einbeck im Jahr 1912: Streunenden Hunden ging es an den Kragen. Der neueste Stukenbrok-Katalog hatte die Lösung gegen Tiere, die auf der Fahrbahn nichts zu suchen hatten. Die Marke ASTE (August Stukenbrok Einbeck) ließ keinen Käuferwunsch offen. Eine ganze Seite des illustrierten Hauptkataloges von 1912 war deswegen neben dem damals obligatorischen Radfahrerfeuerwerk dem »Schutz gegen Hunde für Radfahrer und Automobilisten« gewidmet. Links im Bild sieht man die Hundebombe Nr. 3498 für Radfahrer.

Katalogtext: »Großes Modell. Bester Schutz gegen die Belästigungen von Hunden, bestehend aus leicht explosiven, dabei völlig ungefährlichen Stoffen. Man hat nur nötig, die Hundebomben auf die Erde zu werfen, wobei sie schußähnlich explodieren. Verletzungen des Hundes oder des Radfahrers selbst, auch wenn die Bombe in unmittelbarer Nähe niederläßt, sind ausgeschlossen. In Schachteln à zehn Stück verpackt, damit solche bequem in die Tasche gesteckt werden können«. Fünf Schachteln kosteten eine Mark achtzig. »Automobilisten« empfahl Stukenbrok jedoch die Hundebombe Nr. 4289, die »extra große Form, ganz besonders stark knallend«.

Das »Kistchen« in fünf Schachteln zu zehn Stück kostete eine Mark achtzig. Autos gab es um 1900 noch recht wenige, doch Fahrräder waren um die Jahrhundertwende auf dem Vormarsch. Verkaufte Stukenbrok 1902 noch 10.000 waren es 1906 schon 22.000. Ein anderes Kaliber im Wortsinn war die Hundekanone. Unter der Zeichnung steht im Katalog als Bildunterschrift: »Die Wirkung der Hundekanonen 226 und 1151. Die Hundekanone ist mit einer Schnur versehen, womit sie an der Lenkstange aufgehängt wird. Will man die Kanone abschießen, so genügt es, dieselbe abzuziehen und nach dem Hunde zu werfen. Sie wird dann in der nächsten Sekunde schußähnlich explodieren«.

Auf dem Foto kann man sehen, dass die Hunde hier nicht nur erschreckt, sondern offenbar regelrecht umgeworfen werden. Stukenbrok zeigte in seinem Katalog auch, wie man Hundekanonen und Radfahrer-Raketen am besten am Fahrradlenker befestigte (oben links und unten rechts). Sind die Einbecker Radfahrer 1912 wirklich mit einem Vorrat Hundekanonen durch die Straßen der Innenstadt gefahren, um sie »im geeigneten Augenblick stets fertig zur Hand« zu haben? Ging in jeder Straße und Gasse alle halbe Stunde eine Salve los, weil die dort ansässigen Hofhunde freudig mit dem Schwanz wedelnd den Fahrrädern nachliefen? Dröhnte ab und an Böllerkrach widerhallend durch die ganze Innenstadt, wenn die große Hundekanone Nr. 1151 zum Einsatz gebracht werden musste? … – Abgesehen davon, dass nicht nur die Hundekanonen, sondern auch die kleineren Hundebomben im Gegensatz zur Katalogbeschreibung sehr wohl gefährlich für Hunde waren: Wenn jeden Tag die Böller krachen, werden auch die Ohren der gutmütigsten Anwohner mürbe. Hundebomben und Hundekanonen hatten sicherlich keine große Zukunft.wk