»Ich möchte gern ich selber sein«

Aktionstage zur Vorbeugung von Essstörungen an den BBS Einbeck

Essstörungen sind für Betroffene psychisch belastend und können für den Körper lebens­bedrohliche Folgen haben. Zusätzlich ist die Erkrankung meist von Schamgefühlen, Selbst­abwertung, Zweifeln an der eigenen Person und Isolation gekennzeichnet. »Jeder Mensch muss essen«, da das Essen aber mehr als nur Nahrungsaufnahme, sondern auch durch Begriffe wie Gier, Lust, Freude, Scham, Furcht, Angst oder Verweigerung geprägt sein kann, berührt es auch die Seele. Ist diese beeinträchtigt, kann dies zu einem gestörten Essverhalten führen, was in Deutschland bei rund einer halben Million Mädchen und Frauen der Fall ist. Laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts gibt es bei jedem fünften Kind (21,9 Prozent) oder Jugendlichen zwischen elf und 17 Jahren ein unnormales Verhalten beim Essen; besonders stark vertreten war die Gruppe der 16-jährigen Mädchen mit 35,2 Prozent.

Einbeck. Alle Essstörungen haben gemeinsam, dass die Gedanken bei den Betroffenen ständig um die Nahrungsaufnahme kreisen, sie ein verzerrtes Selbstbild von sich haben und sich unter Druck gesetzt fühlen, so dass sie dies durch ihr Essverhalten, das zur Qual werden kann, versuchen zu kompensieren. Ärzte unterscheiden unter anderem in Magersucht (Anorexie), Ess-Brechsucht (Bulimie), Heißhungerattacken (Binge Eating Disorder) oder Übergewicht (Adipositas).

Nachdem Anja Koop von der therapeutischen Frauenberatung aus Göttingen einen interessanten Vortrag unter dem Titel »Essen ist mehr als Ernährung« im Rahmen der Reihe »Goethe lädt ein« und in Zusammenarbeit mit der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Einbeck, Sabine Möhle, in der Goethe-Schule gehalten hatte, wollten Kathrin Düvel und Anja Linneweber das Thema auch an den BBS Einbeck umsetzten. Zusammen mit Möhle entwickelten sie die Aktionstage »Ich möchte gern ich selber sein –  Essstörungen vorbeugen« für 45 Schüler der zehnten Klasse der Löns-Realschule Einbeck und der Oberschule Bad Ganderseheim. Im Rahmen der Zusammenarbeit und curricularer Vorgaben verbringen die Jugendlichen montags ihre Profilkurse an den Berufsschulen in verschiedenen Bereichen.

Für den Schwerpunkt Gesundheit und Soziales hatten sich Möhle, Linneweber und Düvel für die Nahrungsaufnahme und damit einhergehende Probleme entschieden, um den Heranwachsenden ein gutes Gefühl für ihren Körper zu vermitteln, positive Anreize zu setzen und präventiv zu arbeiten, so dass sich die Schüler in ihrem Körper wohlfühlen und sich nicht von dem übertriebenen Schlankheitswahn anstecken lassen. Bis zu den Winterferien werden die Jugendlichen bei den Aktionstagen sensibilisiert, angefangen mit theoretischen Grundlagen, die ihnen von Schülern des beruflichen Gymnasiums Gesundheit und Soziales Schwerpunkt Ökothrophologie unter der Leitung von Lehrerin Heike Teves vermittelt wurden. In vier Workshops lernen die Jugendlichen auch Interaktionsübungen, »Leckere Shakes für die Auszeit« oder »Snoezelen« kennen, also neue sinnliche Ansätze für sich und ihre Körper, um auch mal abschalten zu können sowie mit sich und dem Aussehen glücklich zu sein. Neben einer Abschlussreflexion gibt es auch noch eine Stilberatung mit Ines Haupt von Schünemann Mode und Sport« sowie Informationen von Anja Koop zu Behandlungsmöglichkeiten. Die Leiterin des Projektes »Mit Biss ins Leben« präsentierte unter anderem Einblicke, wie Betroffene Unterstützung bekommen können, welche Möglichkeiten und Beratungsstellen es gibt und wie Essensstörungen erkannt werden, auch von Angehörigen.

Sie wies darauf hin, dass die anonyme Beratungsstelle fachspezifische Ansätze dienstags in der Zeit von 17 bis 19 Uhr und donnerstags von 11 bis 13 Uhr in Göttingen, Groner Straße 32/33, Telefon 05551/45615, E-Mail therapeutische-frauenberatung.de, aber auch einmal im Monat in Einbeck in der Zeit von 9.30 bis 11.30 Uhr im Raum der Gleichstellungsstelle der Stadt Einbeck, Neues Rathaus, anbietet; der nächste Termin ist am 22. November.

Alle Beteiligten der Aktionstage wollen neue Perspektiven aufzeigen, das Selbstwertgefühl der Schüler steigern, Essproblemen vorbeugen und dafür sorgen, dass die Jugendlichen »gern sie selber sind«.mru