Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Sanierung

4,2-Millionen-Planung vorerst gestoppt

»Planorama« stellt Vorschläge für Neustädter Kirchplatz vor | Ausschuss schreckt vor hohen Kosten zurück

Den Neustädter Kirchplatz und das ehemalige Gemeindehaus hat der Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Sanierung besichtigt. Im gegen­wärtigen Zustand ist er kein »Platz«, und die vorgestellten Planungen dafür sind teuer – ein Dilemma, das der Ausschuss nicht lösen konnte.

Außer Spesen – erstmal – nicht viel gewesen: Das ist das vorläufige Fazit der Planungen zur Umgestaltung des Neustädter Kirchplatzes. Was mit großem Aufwand vorbereitet wurde, unter anderem mit einem Architektenwett­bewerb, ist vorerst gestoppt. Die vom Büro »Planorama« aus Berlin vorgelegte Kalku­lation hat die Mitglieder des Ausschusses für Stadtentwicklung, Planung und Sanierung möglicherweise so erschreckt, dass die Vorschläge nur zur Kenntnis genommen wurden. Es war allerdings einhellige Meinung im Ausschuss, dass der Platz so nicht bleiben könne.

Einbeck. Mit »Planorama«-Geschäftsführer Maik Böhmer und Projektleiter Thomas Lücke hat der Ausschuss den Platz besichtigt. Im September 2015 wurde ein freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb beschlossen. Im März 2016 wurde der Entwurf von »Planorama« als Sieger bekanntgegeben. Vor knapp einem Jahr wurde der Architektenvertrag für die Generalplanung vergeben, nachdem Anfang 2017 das Gemeindehaus erworben worden war.

Der Plan sieht vor, das Gemeindehaus abzureißen. Die Papenstraße vor dem Gericht soll nicht mehr für den öffentlichen Verkehr gewidmet bleiben. Die Zahl der Parkplätze wird um elf auf 32 verringert, die Bushaltestelle teilweise verlagert. Die Mittelinsel in der Hullerser Straße wird weggenommen. An die Ecke zur Löwenkreuzung soll ein Pavillon-Neubau gesetzt werden. Hier wird die Bushaltestelle integriert. Auch Gastronomie ist geplant. Die Verlängerung Richtung Gericht wird von Baureihen mit Formgehölzen gestaltet. Die Platzmitte ist frei, seitlich gibt es einen Brunnen. Der Ausbau soll niveaugleich erfolgen.

Die Kosten bezifferte »Planorama« auf 4,2 Millionen Euro – eine Summe, mit der die Ausschussmitglieder sich gar nicht anfreunden konnten. Aber auch eine »Sparversion« hatten die Planer parat, unter anderem mit Verzicht auf den Brunnen, auf Sondermodelle für die Beleuchtung, auf den Umbau der Ampel an der Löwenkreuzung, auf ein weiteres Buswartehäuschen, auf eine Asphalttragschicht im Unterbau oder auf Formgehölze. Das alles würde gut eine Million Euro weniger kosten, es blieben aber immer noch knapp drei Millionen Euro. Die Stadt hat 1,442 Millionen Euro an Eigenmitteln eingeplant. Die Gesamtmaßnahme war mit 2,3 Millionen Euro kalkuliert, wobei 860.000 Euro an Fördermitteln aus dem Topf »Städtebaulicher Denkmalschutz« erwartet werden. Es wären also noch zusätzliche städtische Mittel in Höhe von 1,7 Millionen Euro oder von knapp 500.000 Euro bei der Sparlösung notwendig.

Auf weitere Parkplätze könne man nicht verzichten, sagte Dr. Marion Villmar-Doebeling, FDP. Das Projekt sei überdimensioniert, die Realität werde anders aussehen. Dass man den Brunnen nicht herausnehmen dürfe, weil der Platz davon lebe, machte Joachim Dörge, CDU, deutlich. Auch sei ein stabiler Unterbau notwendig, weil man große Veranstaltungen dort plane.

»Sie haben sich viele Gedanken gemacht«, lobte Armin Hinkelmann, GfE, die Vorschläge. Angesichts der Kosten sollte man andersherum fragen, wieviel Geld man bereit sei auszugeben – und was man dafür bekomme. Die Planer hätten ein Gesamtpaket vorgestellt. Wenn man jetzt am Wesentlichen spare, sei das nicht mehr das ursprüngliche Konzept. »Entweder wir machen es richtig, oder wir lassen es sein.«

Wie weit Erwartungen und Vorschläge auseinanderliegen würden, zeigte Rolf Hojnatzki, SPD, an den Zahlen. Selbst bei der Sparvariante müsse man in die Kasse greifen. »Wollen wir eine halbe Million Euro zusätzlich bereitstellen? Und was bringt der Platz dann in der Nutzung?« Parkplätze müssten in der Nähe bleiben, unter anderem für die Arztpraxen. Eine gewisse Steigerung hätte man noch mitgetragen, aber irgendwann sei die Grenze erreicht. »Wir können uns an dieser Stelle diesen Schritt trotz des guten Konzepts nicht leisten«, bedauerte er, zumal man schon mit Summen von 10.000 Euro zu kämpfen habe. Da sei eine solche Belastung nicht zu ertragen.

Diese Aussage sei eine Steilvorlage für die Prioritätenliste, stellte Fachbereichsleiter Frithjof Look fest. Die Umgestaltung und der Wettbewerb seien ein Dauerthema, und die Kostenschätzung steige mit den Feinheiten. Der Ausbau der Hullerser Landstraße koste auch drei Millionen Euro, und da lege man wenig Wert auf Gestaltung, wie sie für den innerstädtischen Platz wichtig sei: Hier reiche es nicht aus, eine Schwarzdecke zu machen. »Wollen Sie das Geld bereitstellen?«, das sei die Kernfrage. Nur Parkplätze würden dem Stadtbild nicht gerecht, dafür sei der Platz zu wichtig und zu wertvoll. Mit dieser Maßnahme hätte man die Möglichkeit, den öffentlichen Raum vernünftig darzustellen. Seit 1986 sei das Thema in der Diskussion, irgendwann sei eine Entscheidung fällig.

Wenn man Schönes wegstreichen müsse wegen der Kosten, was bleibe dann als Wert der Aktion, fragte Heidrun Hoffmann-Taufall, CDU. Vielleicht könne man eine Lösung finden, die einen Investor für das geplante Gebäude einschließe. Sie sei nicht bereit, mehr als vier Millionen Euro für einen Platz auszugeben, von dem man keinen größeren Mehrwert erwarten könne.

»Können wir uns das leisten?«, das war auch die Frage von Eunice Scheunitzki, SPD, die das Verfahren lobte: Mehrere Vorschläge und eine tolle Planung seien vorausgegangen. Auch sie verwies auf die Notwendigkeit von Parkplätzen, zumal Ältere nur ungern ins nahe Parkhaus fahren würden. Was gewünscht worden sei, werde aus finanziellen Gründen nicht zum Tragen kommen, fürchtete sie.

Auch die Sparvariante sei etwas, »das nach was aussieht«, warb Maik Böhmer für die Vorschläge. »Sie haben dann immer noch einen neuen Platz mit hohem Aufenthaltswert«, denn so, wie er sich jetzt darstelle, sei es kein Platz.

Ein paar Millionen Euro dafür aus dem Ärmel schütteln, das wollte Klaus-Reiner Schütte, SPD, nicht, wenngleich er die Pläne gut finde. Mehrere weitere Projekte habe man offen, und das Geld werde für Kindergärten, Schulen oder Öffentlichen Personennahverkehr benötigt – das sei wichtiger als ein Platz zum Flanieren.

Für eine sinnvolle Nutzung sprach sich Albert Thormann, GfE, aus. Angesichts der Kostenexplosion fühle er sich »hinter die Fichte geführt«. Den Platz zukunftsorientiert zu gestalten, gehöre zur aktiven Infrastruktur, genau wie die Frage, was man sich leisten könne.
Die SPD stellte den Antrag, die Planung zunächst nur zur Kenntnis zu nehmen und eine Million Euro für eine deutlich abgespeckte Planung für den Platz zur Verfügung zu stellen.

Sie halte es für gut, die Entscheidung zu überdenken, sagte Heidrun Hoffmann-Taufall. Sie sei bereit zum Querdenken, und vielleicht könne man einen Kompromiss finden – aber das brauche Zeit.

Eigentlich finde der Ausschuss die Planung doch in Ordnung, vermutete Dietmar Bartels, Grüne, aber man habe den Finanzausschuss im Hinterkopf. Wenn man etwas umsetzen wolle, müsse man Geld in die Hand nehmen.

Ob man mit einer Millionen Euro etwas machen könne, diese Frage verneinte der Planer: Dafür könne man den Platz nicht mal einebnen, und selbst mit einem billigen Belag gehe es »immer Richtung zwei Millionen Euro.«

Nach einer längeren Sitzungsunterbrechung warnte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek den Ausschuss vor zu radikalen Schritten: Wenn man den Platz jetzt anfasse, habe das Gültigkeit für Jahrzehnte. Mobilität wandele sich, auch die Bedeutung von Parkplätzen, und das sollte man bedenken. Wenn man den Platz einebne, sollte man nicht vergessen, dass man in Fördergebiet liege: Je einfacher, desto geringer werde sie ausfallen.

Einstimmig einigte sich der Ausschuss darauf, die Pläne zur Kenntnis zu nehmen. Ansonsten soll in den Fraktion beraten werden, was man tun müsse und wolle und wie man die Eigenmittel verwende. In einer der nächsten Sitzungen wird der Neustädter Kirchplatz unter diesen Vorgaben die Politik also weiter beschäftigen.ek