IGS bietet als neue Schule eine einmalige Chance

Start zum neuen Schuljahr in Einbeck | Initiative informiert interessierte Eltern | Ganztagsschule

Zum neuen Schuljahr wird es in Einbeck eine Integrierte Gesamtschule (IGS) geben. Sie wird in der Wilhelm-Bendow-Schule am Hubeweg eingerichtet. Start ist mit vier fünften Klassen, die Schule wächst dann Jahr für Jahr um jeweils vier weitere Klassen. Etwas zu Konzept, Inhalten und Arbeitsweise konnten zahlreiche interessierte Eltern jetzt von Vertretern der Initiative für eine Integrierte Gesamtschule und von Praktikern von den Gesamtschulen Bodenfelde und Bovenden erfahren. Neben Siegfried Pinkepank und Holger Auer von der Initiative standen Michael Jaritz, Schulleiter der seit 1971 bestehenden IGS in Bodenfelde, sowie Frauke Schridde und Barbara Soppa-Bretschneider, Lehrerinnen an der vor neun Jahren gegründeten IGS Bovenden, Rede und Antwort.

Einbeck. Er freue sich, dass die Eltern sich kümmerten und informierten, sagte Siegfried Pinkepank. Das sei eine gute Basis für die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule. Die Initiative finde ein weiteres Schulangebot für Einbeck gut und wichtig, wobei es sich um nichts Neues, sondern etwas längst Überfälliges handele. Kinder seien verschieden, und darauf gründe sich die pädagogische Arbeit, so Holger Auer. Die IGS nehme als weiterführende Schule Schüler mit allen Laufbahnempfehlungen auf. Dabei solle ein repräsentativer Querschnitt für das Einzugsgebiet erreicht werden. Lehrer aus allen Schulformen würden hier unterrichten. Gemeinsames Lernen gehöre zur IGS-Identität; durch differenzierten Unterricht gelinge eine individuelle Förderung. Ein Baustein sei das Lernen im Sinnzusammenhang; statt Fach für Fach wird in integrierten Fächern unterrichtet, etwa zu den Bereichen Gesellschaft oder Naturwissenschaften. Weiter vorgesehen sind Projektunterricht und außerschulische Lernorte. Für kooperatives Lernen haben die Schüler feste Lern- und Bezugsgruppen auf mehreren Ebenen. Die Klasse setzt sich aus mehreren Tischgruppen zusammen. Jeweils zwei Tutoren leiten die Klassen. Mehrere Klassen bilden einen Jahrgang. »Alle arbeiten am individuellen Erfolg«, versicherte Auer. Tischgruppen, Klassengemeinschaft und Jahrgang seien eng miteinander verzahnt.

Die IGS in Einbeck werde eine verhältnismäßig große Schule, kündigte Siegfried Pinkepank an. Sie werde jedoch nicht so empfunden, da jeder Jahrgang seinen Bereich habe und das Jahrgangsteam in der Nähe der Klassen zu finden sei. Jedes Kind werde nach seinen Fähigkeiten gefördert und gefordert. Innere Differenzierung gebe es im Klassenverband, äußere Differenzierung innerhalb des Jahrgangs. Das Erlernen einer zweiten Fremdsprache sei ab Klasse 6 möglich. Da es immer mehr Fachlehrer als Klassen gebe, sei die Einrichtung wechselnder Lerngruppen möglich. Vorteil des Konzepts sei, dass alle Schüler durch die Tischgruppen profitierten. Die Schüler könnten sich gegenseitig helfen, es würden Arbeitstechniken vermittelt, und schwache Schüler könnten besser unterstützt werden. Außerdem sei die IGS eine inklusive Schule, sie stehe auch Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf offen. Über bauliche Veränderungen wird der Landkreis als Schulträger dafür sorgen, das Gebäude barrierefrei zu gestalten.

Auf Nachfragen der Eltern, ob eine gemischte Klasse, in der in Tischgruppen miteinander gesprochen werde, nicht mit großer Unruhe verbunden sei, berichteten die IGS-Lehrer von ihren Erfahrungen. So gebe es eine »30-Zentimeter-Stimme« und akustische Signale, über die sich das Verhalten regeln lasse. Durch kooperatives Lernen würden die Kinder zudem mehr aufnehmen, das sei  lebendiger als Frontalunterricht. Angstfreies, effektives Lernen, dafür stehe die Gesamtschule.

Klassenarbeiten würden mit verschiedenen Anforderungen erstellt, ebenso mögliche Hausaufgaben. Wer viel wissen wolle und viel leisten könne, werde begleitet. Das Lehrerkollegium werde gut »durchmischt« mit neuen und erfahrenen Kräften. Zurzeit werde eine Planungsgruppe zusammengestellt, die die neue Schule vorbereite. Sie werde ihre Arbeit im Februar aufnehmen. »Verdonnert« würden die Kollegen nicht, an der IGS zu unterrichten, sondern sie müssten sich bewerben. Man hoffe, möglichst viele für diese Arbeitsweise zu begeistern. Die IGS werde eine Ganztagsschule sein, das sei zwingend, erläuterte Holger Auer. Man richte eine teilgebundene Ganztagsschule mit bis zu drei Schulnachmittagen pro Woche ein. Unterricht, Förder- und Freizeitangebote, Freiarbeit, Schulsozialarbeit und das gemeinsame Mittagessen werden angeboten. Für das Essen wird der Landkreis eine neue Mensa bauen, 700.000 Euro stehen dafür im Haushalt bereit. Allerdings werde das Projekt nicht zum Schuljahresbeginn fertig, so dass man erst einmal improvisieren müsse, aber das sollte für eine Übergangszeit gelingen, war Pinkepank überzeugt. Die Stundentafel setzt auf Doppelstunden mit 80 Minuten, zwischen 7.45 und 8 Uhr gibt es einen offenen Anfang. Pädagogische Mitarbeiter werden den Unterricht als Vertrauenspersonen der Schüler teilweise begleiten. Der Landkreis stellt als Schulträger die Beförderung sicher. Für Bodenfelde, erläuterte Michael Jaritz, funktioniere das für 36 Ortschaften.

Schulschluss ist um 15.50 Uhr – wenn die Schüler dann nach Hause kommen, ist ihr Arbeitstag in der Regel beendet, »Berge von Hausaufgaben« wird es nicht geben. Die Aufgaben können in der Schule in den Arbeits- und Übungsstunden gemacht werden.

Einmal pro Woche trifft sich ein sogenannter Klassenrat, der oft von Schülern geleitet wird. Dabei werden unterschiedliche Themen angesprochen, die die Schüler betreffen.

Eine Oberstufe, auch das machten die Referenten deutlich, werde es für die IGS in Einbeck nicht geben. Den Wunsch des Schulträgers, vorhandene Oberstufen nicht zu schwächen, könne man verstehen. Wer das Abitur anstrebe, habe dazu die Auswahl zwischen den Oberstufen vor Ort. Die Durchlässigkeit zum Gymnasium sei in der Sekundarstufe schwierig, die Schulen arbeiteten in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Arbeitsanreize auf gymnasialem Niveau würden auf der IGS aber geboten.

Während es im dreigliedigen Schulsystem zehnmal mehr Ab- als Aufsteiger gebe, sei keine Schule so durchlässig wie die IGS. Abschulung oder Sitzenbleiben gebe es nicht. Von Klasse 5 bis 8 ist es möglich, Lernentwicklungsberichte beziehungsweise nachvollziehbare Erläuterungen statt der Notenzeugnisse zu erstellen; Noten sind erst ab Klasse 9 verpflichtend. Kinder lernten nicht wegen der Noten, sie könnten allerdings die Motivation zerstören. Für Einbeck sei das Verfahren aber noch nicht entschieden. Erworben werden können sämtliche Abschlüsse der Sekundarstufe I. Dadurch, dass die Schullaufbahn so lange wie möglich offen gehalten werde, sei die IGS ein Erfolgsmodell, betonten die Lehrkräfte. Es gebe weniger Abgänger ohne Schulabschluss als im dreigliedrigen Schulsystem, und es gebe mehr Schüler mit erweitertem Sek.I-Abschluss, die auch das Abitur ablegten. Es werde nicht schon in der Grundschule über Lebenschancen entschieden, und niemand werde zurückgelassen.

Wenn die IGS am Hubeweg beginnt, wird parallel die Wilhelm-Bendow-Hauptschule auslaufen. Eine räumliche Trennung beider Schulen sei durch innere Organisation im Gebäude möglich, betonte Siegfried Pinkepank. Er könne die Ängste, die einige Eltern äußerten verstehen, aber die neue Schule biete zugleich eine einmalige Chance. Engagierte Lehrer setzten auf die Rückmeldungen von Eltern, saugten Wünsche und Kritik auf. Die Eltern ermunterte er, diese Möglichkeit zu nutzen. Die IGS habe eine große Anziehungskraft, und das komme nicht von ungefähr. »Sie soll hier eine richtig gute Alternative zum dreigliedrigen Schulsystem werden, und Sie können froh sein über die künftige Alternative«, sagte er den Eltern.ek