In »artgerechter Fahrzeughaltung« für Technik begeistern

Erster Aufschlag für den künftigen PS-Speicher im Einbecker Kornhaus Bauarbeiten beginnen im Juli Eröffnung Mitte 2013

Draußen blubbert ein Lanz, drinnen wird Begeisterung geweckt für ein neues Projekt in Einbeck: Sammeln, bewahren, erforschen, dokumentieren und präsentieren – viele Ziele und Möglichkeiten stecken hinter dem PS-Speicher, mit dessen Umsetzung in diesem Monat begonnen wird. Ein großformatiges Bauschild, das verrät, was es mit diesem künftigen Erlebnis-Angebot im ehemaligen Kornhaus auf sich hat, ist jetzt enthüllt worden, der offizielle Startschuss für eine Stätte des Lernens und des Lehrens, für eindrucksvolles Ambiente, das zum Staunen anregen soll.

Einbeck. Von einer NSU von 1918, einem »Deutschland«-Motorrad von 1906 aus Einbecker Produktion und schließlich von einem Hurtu Benz aus dem Jahr 1897 aus gab Karl-Heinz Rehkopf, Vorsitzender der Kulturstiftung Kornhaus, Erläuterungen zum PS-Speicher. Unter der Federführung der Stiftung wird das Museum geplant, umgesetzt und später auch betrieben. »Ich habe alles angezettelt«, wandte er sich mit einem Augenzwinkern an alle, die das Vorhaben bisher unterstützt hätten. Planerisch habe man sich alle Mühe gegeben, nun hoffe man, dass das Vorhaben so gut sei, dass es weitere dauerhafte Förderung erfahren werde. Mit viel Fingerspitzengefühl habe sich eine »hoch motivierte Truppe« um das Anliegen gekümmert, mit heterogener Ausbildung, unterstützt von externen Fachberatern. »Wir sind Museums-Laien«, verriet Rehkopf. Darüber könne man stutzen, aber vielleicht könne man deshalb erfolgreich sein: Man sei eben nicht beratungsresistent, von klassischen Museumskenntnissen unbelastet, sondern stattdessen professionelle Besucher solcher Sammlungen, und man gehe die Sache aus Sicht des Kunden an. Eine weitere Erfolgschance sei die Abwesenheit von Störfaktoren. »Hier geht die Post ab«, freute er sich über die Unterstützung von städtischer Verwaltung und Gremien. Das sei eine Wohltat und Freude.

Der PS-Speicher wolle die Besucher mitnehmen auf eine Zeitreise durch die individuelle Mobilität, sie wolle Anregungen geben. Dabei sei viel Interaktion geplant, man könne ausprobieren und mitmachen. Besonders gut empfinde er die Nähe der Berufsbildenden Schulen, das werde, schmunzelte er, zu einer »jugendlichen Dauerbelagerung« beitragen. Die Schulleitung habe sich bereits vom PS-Bazillus anstecken lassen. Geplant sei unter anderem, jugendliche »Guides« auszubilden, um gerade diese Altersgruppe anzusprechen.

Den Namen PS-Speicher habe man mit Blick auf den ehemaligen Kornspeicher gewählt, in dem man sich befinde: ein schützenswertes Industriedenkmal, das die Erinnerung an Landtechnik bewahre. Die Ergänzung »PS« passe kurz und knackig dazu. Auf den Begriff Museum wolle man bewusst verzichten. Das bedeute Staub, damit wolle man nicht beginnen. Jugendliche hielten ein Museum für uncool, für etwas für alte Leute. Gerade sie wolle man aber gewinnen, auch mit Blick auf die endlosen beruflichen Möglichkeiten, die der Technikbereich biete.

»Bisher haben wir nur Glück gehabt«, freute sich Karl-Heinz Rehkopf vor bisherigen und künftigen Weggefährten: Die Stadt habe die Chance gesehen, der Landkreis habe Weitblick gezeigt, und von Hannover aus habe man wohlwollend ins Leinetal geschaut.

Die Leidenschaft für Motortechnik hat Karl-Heinz Rehkopf früh erfasst. So zeigte er ein Foto von sich als Dreijährigem auf einem 500-er Motorrad. Als 16-Jähriger posierte er auf einer 100-er »Victoria«, für die er hart arbeiten musste. »Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann stand die Sammlung vor der Tür« – ganz so einfach, wie er es im Reim darstellte, wird es nicht gewesen sein, zumal jedes Stück durch seine Hände gegangen ist. Dabei habe er kom-petente Hilfe gehabt, verwies er unter anderem auf Karl Reese vom Oldtimer-Verband Deutschland: »Er weiß einfach alles. Er hat einen Zylinderkopf.«

Wenn man eine Sammlung konservieren wolle, benutze man entweder Öl – oder man trenne sich vom Eigentum. So sei dieser Traum für eine »artgerechte Fahrzeughaltung« entstanden. In Einbeck habe er mit Rüdiger Haack und Manfred E. Schulz tatkräftige Mitstreiter gefunden, die beispielhaften Einsatz zeigten und sich im Stiftungsrat engagierten. Ebenso ging sein Dank an Baudirektor Gerald Strohmeier, der gerade mit Blick auf das Bauwerk Kornhaus geholfen habe. Viele weitere Mitwirkende seien wie sie mit Power und Begeisterung dabei. »Ich bekomme mehr, als ich gab«, stellte Rehkopf fest. Die Stiftung ermögliche den Weg, die Sammlung der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. So wünsche er dem PS-Speicher stets eine hohe Kompression, ein Zünden kurz vor dem oberen Druckpunkt, keinen Kolbenklemmer oder -fresser und stets einen großen Fanclub.

Vor über drei Jahren habe er erstmals von der Sammlung gehört, erinnerte sich Landrat Michael Wickmann. Er halte es für eine glückliche Fügung für die Stadt und den Landkreis, dass so etwas mit »autoverrückten Idealisten« hier entstehen könne. Künftigen Generationen könne man zeigen, wie die Entwicklung der Motorisierung stattgefunden habe. Das Tolle an Karl-Heinz Rehkopf sei nicht nur der Umfang der Sammlung, »sondern das, was er hat, funktioniert auch«. So habe man die Chance, Neues und Gebrauchtes gegenüber zu stellen. Weiter komme man zu einer sinnvollen Nutzung von Gebäuden. Dass sich mehrere Stiftungen und zwei Ministerien in dieselbe Richtung bewegt hätten, zeige, wie wichtig diese Sache für Niedersachsen, für den Landkreis und die Stadt Einbeck sei. Sie seien überzeugt, dass sich das Projekt künftig trage. Die Verbindung zur Berufsschule sei ebenso positiv zu sehen wie die Idee der Ilmebahn, einen Haltepunkt einzurichten, damit Besucher den PS-Speicher mit dem historischen Schienenbus erreichen könnten. Wickmann sprach von einer faszinierenden Zusammenarbeit und sagte Dank, »dass sie ein großes Geschenk in Südniedersachsen lassen.«

Ähnlich formulierte es Bürgermeister Ulrich Minkner, der von einer faszinierenden Idee schwärmte. Das Kornhaus als Stadtbild prägendes Gebäude sei mit den Jahren immer mehr verfallen, und er habe keine Idee gehabt, was man damit machen könnte. Zaghaft seien die ersten öffentlichen Schritte in den vergangenen Jahren gewesen, und daraus sei ein großes Projekt entstanden. Für Einbeck entstehe ein neuer touristischer Faktor, der gut zum vorhandenen RadHaus passe. Er hoffe für die Stadt, dass es so weitergehe, wie es begonnen habe.

Theo Schulte blickte für die Stiftung auf die zweijährige Vorbereitungszeit für das Projekt zurück. Dank Karl-Heinz Rehkopf, der begeistert sei und der begeistern könne, habe sich die passende Mannschaft gefunden. Ziel sei es, eine lebendige Stiftung und Ausstellung zu schaffen. Der Landkreis habe Ziele und Motto früh positiv zur Kenntnis genommen und sich mit 300.000 Euro aus der Kultur- und Denkmalstiftung beteiligt. Die Förderzusage über eine Million Euro habe Wirtschaftsminister Bode Anfang Juni persönlich überbracht. Weiter gebe es Geld von der AKB-Stiftung, von der Stiftung Niedersachsen, vom Niedersächsischen Amt für Denkmalpflege, von der Sparkassenstiftung sowie von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz – zusammen seien es derzeit 1,69 Millionen Euro. Das Projekt mit einem Volumen von fünf Millionen Euro sei gesichert, so Schulte weiter. Die künftigen Betriebskosten würden aus dem Erlös getragen.

Entstehen sollen mehr als 2.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Weiter sind ein Verkaufsbereich sowie Gastronomie geplant. Baubeginn ist im Juli, Mitte 2013 wird der PS-Speicher eröffnet.ek