Jahrelanger Betrug, aber ein mildes Urteil

Vor dem Schöffengericht: Junge Frau, die von einer Bekannten 18.130 Euro ergaunert hat

Einbeck. Zwei Verhandlungstage waren angesetzt, aber bereits um 11 Uhr erging das Urteil. Eine 25-Jährige, die früher in Einbeck wohnte, nun in Northeim, stand jetzt als Angeklagte vor dem Schöffengericht beim Amtsgericht Einbeck.

Ihr wurden 19 Fälle zur Last gelegt, in denen sie die Mutter ihres ehemaligen Freundes über einen längeren Zeitraum um einen erheblichen Betrag erleichtert haben soll. Zwischen Februar 2016 und Juni 2017 erlangte sie so insgesamt 18.130 Euro. Sie täuschte der 58-Jährigen vor, Bargeld oder Überweisungen zu benötigen und »lieh« sich immer wieder Geld: Das Amtsgericht würde mit Räumungsverfahren drohen. Dafür benötige sie 500 Euro, dann für eine kurzfristige Überbrückung aus Geldnöten 700 Euro, mal 550 Euro, dann 450, 800 Euro und sogar 1.150 Euro für Forderungen, dann wieder 1.000 Euro zur Abwendung eines Arrests sowie 280 Euro bei Bankgebühren. Im Oktober 2016 schrieb dann angeblich der »Polizeipräsident« dem Opfer, dass noch 500 Euro gezahlt werden müssten, damit ein Guthaben bei der Volksbank ausgezahlt werden könnte. Für »Krankenhauskosten« der Angeklagten überwies die Frau aus einem Einbecker Ortsteil 1.350 Euro.

Auch einen Darlehensvertrag über 3.000 Euro gab es. Um Vertrags-Rückzahlungen zu besprechen, bat die Angeklagte die Ältere im September 2017 zu einem Treffen auf den BBS-Parkplatz. Kaum saß die junge Frau bei der anderen im Auto, hatte die 58-Jährige den Eindruck, so ihre Zeugenaussage, diese würde ihre Hand heben, und ehe sie sich’s versah, saßen zwei Unbekannte mit Masken oder Schalmasken hinten im Wagen, ein Mann und eine Frau, die ihnen beiden Messer an den Hals hielten – ob Tomaten- oder Schweizer Messer, wüsste sie nicht mehr. Sinngemäß hieß es dann, dass sie 1.500 Euro wollten, das wüsste sie doch, das hätte er ihr geschrieben – eine seltsame Handy-Nachricht in dieser Richtung hatte die Frau Tage zuvor nicht weiter beachtet: »Woher hat der meine Handynummer?« Sie solle nun zur nahen Sparkasse fahren und das Geld abheben. »Bitte gib' denen, was sie wollen. Es geht um meinen Sohn«, soll die Angeklagte gesagt haben. Die junge Frau hat einen siebenjährigen Sohn, ist zurzeit schwanger, lebt getrennt von ihrem Mann und bezieht Hartz IV.

Die Zwei gingen zusammen in die Filiale. Das Opfer erklärte, gar nichts abheben zu können und bat die andere, die Polizei zu rufen. Die Angeklagte sagte zu, dies über ihren Vermieter tun zu wollen. Als sie dann rausschauten, waren die Täter weg.

Zuhause habe sie niemandem von dem Vorfall erzählt, berichtete das Opfer. »Ich musste das erstmal für mich verarbeiten.« Sie habe »gezittert am ganzen Leib« und sei total geschockt gewesen. Das sei auch der Grund, weshalb sie nicht sofort zur Polizei gegangen sei, erklärte sie auf Nachfrage des Pflichtverteidigers der Angeklagten, Olaf Wiesemann aus Northeim. Das Opfer wurde als Zeugin umfangreich von Richterin Martina Sievert, dem Staatsanwalt und dem Verteidiger befragt. Es gab Diskussionen um das Datum von Whatsapp-Nachrichten, um Aussagen bei der Polizei, die sie nun nicht mehr genau erinnerte, zum Sohn der jungen Frau sowie zur Freundschaft ihres Sohnes mit der Angeklagten.

Die Angeklagte saß mit zumeist unbeweglicher Miene neben ihrem Verteidiger und war zeitweise mit ihrem Handy beschäftigt. »Meine Mandantin räumt die Vorwürfe ein. Das Ganze tut ihr leid«, erklärte der Pflichtverteidiger nach der Pause. Die 25-Jährige entschuldigte sich bei der Geschädigten. »Davon habe ich nichts.« Die übrigen Zeugen wurden ohne Aussage entlassen. Die umfangreichen Vorstrafen wurden vorgetragen. Strafmildernd sei nun der Umstand, dass es das Opfer der Jüngeren leichtgemacht habe, strafverschärfend dagegen der hohe Gesamtschaden, das ausgenutzte Vertrauensverhältnis sowie die Geschehnisse mit dem »Messer am Hals«. Dies sei als Beihilfe zu werten. Der Staatsanwalt hielt eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, für angemessen sowie einen Bewährungshelfer und 150 gemeinnützige Arbeitsstunden. »Zu einem Betrug gehören immer zwei«, stellte der Verteidiger fest. Die Getäuschte sei »unglaublich naiv« gewesen. Die Taten würden über zweieinhalb Jahre zurückliegen, seitdem sei nichts geschehen. Er halte zwei Jahre ebenfalls für angemessen.

Das Gericht folgte der Staatsanwaltschaft zum großen Teil: Zwei Jahre Freiheitsstrafe, auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt, mit einem Bewährungshelfer, 150 Stunden gemeinnützige Arbeit, die Verfahrenskosten und die Einziehung des Geldes, lautete das Urteil des Schöffengerichts. Die Angeklagte habe die »Gutmütigkeit« des Opfers »gnadenlos ausgenutzt«, stellte die Richterin fest. Das Geständnis wurde strafmildernd gewertet, weil es eine umfangreiche Beweisaufnahme ersparen würde. Und zur Bewährung: »Wir wollen nochmal alle Augen zudrücken.« Das Urteil wurde angenommen.des