Jugendmusik-Szene liegt brach

Aktivitäten von Jimie ruhen | Konzertplanungen liegen auf Eis | Probebetrieb wurde eingestellt

Die Jugendinitiative muss zurzeit auf Konzertplanungen verzichten: Verbindliche Verträge mit Künstlern könnten derzeit nicht abgeschlossen werden (Foto: Eulenfest Jimiebühne 2015).

Einbeck. »Unsere Aktivitäten ruhen anlässlich der Corona-Krise«, berichtet Stephan Richter, Vorsitzender der Jugendinitiative Musik in Einbeck (Jimie). Es gebe keine Konzerte, keine Bandproben und keinen musikalischen Austausch. »In Zeiten wie diesen, zeigt sich mehr denn je, wie sehr ehrenamtliche Arbeit auf Netzwerken aufbaut. Es gibt kaum Veranstaltungen oder Projekte, an denen Jimie allein beteiligt ist. Und da sehr viele unserer Partner gerade abwarten müssen, sind auch uns die Hände gebunden. Wir haben jegliche Planungen auf Eis gelegt und gehen derzeit keine verbindlichen Verträge mit Künstlern ein«, erklärte Richter.

Die Arbeit der Initiative beruhe auf zwei Säulen: auf Großveranstaltungen sowie dem Netzwerk zu mehreren Einbecker Nachwuchsbands, Barbetreibern, Musikschulen und anderen Veranstaltern – beide Punkte seien von der Kontaktsperre direkt betroffen. Selbst die Arbeit des Vorstands sei mit fünf Mitgliedern nicht durchführbar und habe sich auf WhatsApp verlagert. »Natürlich können wir auf Videokonferenzen zurückgreifen, aber uns fehlt die Grundlage zur Diskussion«, so Richter weiter. Zugleich verwaisen die drei Proberäume, die Jimie im Einbecker Haus der Jugend seit dessen Eröffnung im Juni 2016 verwaltet.

»Die Bands gucken aktuell in die Röhre«, kommentierte Kay Weseloh, stellvertretender Vorsitzender von Jimie. Man halte so gut es geht Kontakt zu allen Proberaumnutzern, Alternativen zum Proberaumbetrieb zu schaffen, sei jedoch nicht möglich.

»Die ersten Konzertabsagen sind raus«, bestätigte Timo Ehlert, Bassist der Band Libuda. Alle Maßnahmen hätten ihre Daseinsberechtigung, und man wolle diesen Nachkommen. »Wir haben zwei Personalwechsel gehabt und in unser Live-Setup investiert«, berichtete Ehlert, »wir sind sehr motiviert live zu spielen, das geht aber gerade nicht.«

Auch die Musikschule M1 nutzt einen HdJ-Proberaum für ihre Bandcoachings: »Auch wenn wir es schaffen, den Einzelunterricht per Skype, Zoom, WhatsApp und Facetime aufrechtzuerhalten, die M1-Bands und Band-AGs der Schulen können zur Zeit nicht unterrichtet werden«, teilte M1-Geschäftsführer Marcus Kümmerling mit. Da die Bandarbeit ein wichtiger Teil der M1-Philosophie sei, treffe sie die Proberaum-Schließung sehr hart.

»Keine Probe, kein kreativer Austausch – online kann man nicht jammen«, beklagte Tassilo von Seelen, Sänger der Band Green Machine, die aktuelle Situation. Der Kontakt zu anderen Bands sei weg, man habe die Zukunftsplanung für das neue Album aussetzen müssen und Konzerte seien restlos abgesagt worden.

»Es ist maximal frustrierend nicht proben zu können, und es gibt leider auch keine Ausweichmöglichkeit«, so Schlagzeuger Kim Anhalt, der mit seiner Band (noch ohne Namen) im Haus der Jugend übt. Vor allem als Drummer könne man aktuell nicht an seinem Instrument arbeiten. Musikalisch liege alles auf Eis. Das werfe die Gruppe um Monate zurück.

Ein Hoffnungsschimmer seien Richter zufolge die fortlaufenden Arbeiten an der neuen Multifunktionshalle am Kohnser Weg. In den neuen Räumlichkeiten wollte sich Jimie einen festen Platz im Veranstaltungskalender sichern. Zwar glaube er nicht daran, dass Jimie dort mittelfristig eine Veranstaltung durchführen dürfe, aber vielleicht ergeben sich aus Lockerungen des Kontaktverbots Möglichkeiten für neue Konzepte – die bereits erarbeiteten sind dann wahrscheinlich obsolet.

»Wir müssen umdenken. Wir können heute noch nicht sagen, wie die Konzertszene 2021 oder 2022 aussehen wird. Klar ist, dass Musik schon immer ein verbindendes, emotionales Element gewesen ist und ganz unterschied­liche Leute zusammengeführt hat. Das wird sie auch in Zukunft sein, nur das dann neu gestaltete »wie« ist noch unbekannt. Die Gesundheit unserer Besucher und Mitglieder hat natürlich oberste Priorität«, sagte Richter.

Jedoch habe der Vorsitzende das Gefühl, dass die kulturelle Arbeit nicht als systemrelevant angesehen werde und somit ganz weit am Ende von gelockerten Maßnahmen stehe. Daher sei es hilfreich, dass Jimie keinen finanziellen Verpflichtungen unterliegt, die dem gemeinnützigen Verein jetzt nachhaltigen Schaden zufügen können. Viele andere Kulturschaffende können das leider nicht von sich behaupten und blicken jetzt in eine ungewisse Zukunft.
Bis zum Ende der Corona-Pandemie freue sich der komplette Jimie-Vorstand daher umso mehr, wenn er doch noch irgendwo selbstgemachte Musik hört.kw/oh