Ortsrat Salzderhelden

Jury-Favorit findet auch hier große Mehrheit

Für Umsetzung und Nutzung: Aktive Arbeit des Kultur-Förderkreises erforderlich | Bedenken ernst nehmen

Der Entwurf des Büros Cortnum, der Sieger der Jury, ist im Ortsrat Salzderhelden diskutiert worden. Bei der Weiterentwicklung der Pläne muss, das war dem Ortsrat ganz wichtig, der Kultur-Förderkreis eingebunden werden.

Salzderhelden. Mit den Planungen zum Wiederaufbau des Bohrturms an der Saline hat sich der Ortsrat bei seiner jüngsten Sitzung beschäftigt. Er nahm den Beschluss, den der Bauausschuss kürzlich zu einem von einer Jury ausgewählten Entwurf gefasst hatte, zustimmend zur Kenntnis, und er machte darauf aufmerksam, dass Belange von Anwohnern und Naturschutz zu berücksichtigen seien. Zudem sollte man sich zunächst auf die Instandsetzung der Fördertechnik konzentrieren. Dafür muss der Kultur-Förderkreis wieder handlungsfähig werden.

Bis die Online-Sitzung inhaltlich in Fahrt kam, dauerte es aber eine Weile: Ortsratsmitglied Dr. Reinhard Binder, FDP, zweifelte die ordnungsgemäße Ladung an; zudem werde nicht barrierefrei und offen diskutiert, da nicht alle vier eingereichten Entwürfe vorgestellt würden. Sein Antrag, die Tagesordnung zu ändern, wurde allerdings abgelehnt.

Zum Wiederaufbau der abgebrannten Anlage an der Saline hätten verschiedene Treffen stattgefunden, erinnerte Ortsbürgermeister Dirk Heitmüller. Zunächst wurde die Idee verfolgt, ein gemeinsames Zentrum für den Kultur-Förderkreis und die Naturscouts zu errichten, was jedoch mit Blick auf Platzbedarf und Kostenfrage nicht weiter verfolgt wurde. Daraufhin habe die Verwaltung entschieden, einen Architektenwettbewerb auszurichten. Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege hatte mitgeteilt, ein Wiederaufbau 1 zu 1 sei nicht gewünscht: Das Bauwerk sei zerstört, die Materialien nicht mehr zu beschaffen. Deshalb sollte man lieber eine neue Interpretation anstreben, so die Vorgabe des Landes und auch der Unteren Denkmalschutzbehörde.

Vier Architekten wurde ausgewählt, Entwürfe einzureichen. Er habe den Ortsrat im Juli darüber informiert, ohne dass es Widerspruch gegeben habe, so Heitmüller.

Der Jury gehörten Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, er selbst und Ortsratsmitglied Heinz-Hermann Wolper, der Bauausschussvorsitzende Andreas Fillips, Karl-Heinz Wessel als Vorsitzender des Kultur-Förderkreises sowie Denkmalpflegerin Krimhild Fricke, Baudirektor Joachim Mertens und Birgit Tatje vom Gebäude- und Liegenschaftsmanagement an.

Die Vorschläge der Büros wurden anonymisiert präsentiert. Jedes Jurymitglied hatte drei Wertungspunkte zu vergeben, und der Siegerentwurf erhielt 19 Punkte, gefolgt von 14 Punkten für den Zweitplatzierten. Man könne also sagen, dass der Sieger mit großer Mehrheit ausgewählt wurde. Den Ortsrat halte er in diesem Zusammenhang nicht für unterrepräsentiert. Man hätte immer mehr beteiligen können, aber: Die Stadt sei Eigentümerin der Anlage, ihre Wünsche seien maßgeblich.

Darauf verwies auch Ortsratsmitglied Klaus Haendel, SPD: Die Stadt sei zudem Versicherungsträgerin. Der Ortsrat habe kein Vorrecht bei einer Entscheidung, er sei jetzt beteiligt, könne aber keine Entscheidungshoheit geltend machen. Eine solche Auswahl sei immer auch eine Geschmacksfrage, aber letztlich entscheide die Eigentümerin. Es sei keine knappe Entscheidung gewesen, das müsse der Ortsrat akzeptieren. Wichtiger als über die Hülle zu diskutieren, sei ihm jedoch die Frage nach dem Innenleben des Turms. Ein leerer Turm nutze niemandem. Vielmehr sei es wichtig, dass wieder Sole gefördert werde. Deshalb sollte man darüber sprechen, wie man die Technik wieder zum Leben erwecken könne.

Die alte Fördertechnik in Gang zu setzen, um sie Besuchern zeigen zu können, das sei wichtig, bestätigte Florian Koch, SPD. Nur eine schöne leere Hülle bringe nichts. Ihm persönlich sage die Auswahl zwar nicht so zu, aber auch er verwies auf die Eigentumsverhältnisse. An Dr. Binder gerichtet, stellte er fest, es sei nicht gut, dass Themen, die man im Ortsrat miteinander besprechen sollte, öffentlich, in diesem Fall über die Zeitung, ausgetragen würden. Es wäre besser, Dinge persönlich zu klären und mit- statt übereinander zu reden. Der Ortsbürgermeister werde oft angegangen für Dinge, an denen ihn keine Schuld treffe.

Seiner Ansicht nach habe die Stadt die Interessen Salzderheldens zu vertreten, nicht über den Kopf des Ortsrats hinweg, so Dr. Binder. Per Mitteilungsvorlage zu informieren, sei zu wenig. Er verstehe nicht, dass der Denkmalschutz den Wiederaufbau als Nachbau nicht wünsche, diese Meinung teile er nicht, denn vieles werde nachgebaut. Außerdem sei der Ortsrat kein »closed shop«: Er stehe dazu, Probleme öffentlich zu machen.

Man werde es nicht allen Recht machen können, und man sollte am Jury-Ergebnis festhalten, sagte Heinz-Hermann-Wolper, CDU. Der Kultur-Förderkreis, der beteiligt werden müsse, müsse sich neu aufstellen. Gemeinsam mit der Verwaltung und dem Ortsrat sei der Entwurf weiterzuentwickeln. Mit »hätte« oder »wäre« komme man nicht weiter, jetzt müsse man das Beste für den Ort daraus machen.

Wie man das am besten regeln könne, darauf sollte man sich konzentrieren, stimmte Martin Nowak, SPD, zu: Die Bedenken, die aus der Ortschaft kämen, sollte man erst nehmen.

Den Entwurf läuterte Architekt Mathias Cortnum: Die Anfrage im August habe sein Büro gern angenommen, denn es sei ein Denkmalschutzprojekt, es sei Bauen im Bestand, und das Objekt sei in Salzderhelden. Die Aufgabenstellung umfasste, zwei Räume zu schaffen, deren ungefähre Fläche vorgegeben war, und den Turm neu zu interpretieren. Der Entwurf sehe eine Grundfläche von etwa 200 Quadratmetern Grundfläche vor. Beim Turm habe man sich von der Geschichte des Ortes und der Saline inspirieren lassen, die identitätsstiftend sei. Ein Salzkristall, der an eine Salzlampe erinnere, wurde anstelle des Bohrturms entworfen. Das Stahlgerüst wird mit transparenter Folie bespannt. Cortenstahl bekommt schnell einen schützenden Rostmantel, der gut zu einem Industriedenkmal passt. Vorgeflammtes Holz ergänzt den optischen Eindruck. Er sei stolz auf den Erfolg, sagte er, mit denen die Vorgaben, so das Jury-Urteil, gut interpretiert wurden. Nun komme es darauf an, den Vorschlag mit Bauherren und Nutzern genehmigungsfähig zu gestalten. Eine 100-prozentige Zustimmung habe er nicht erwartet, der Entwurf polarisiere durchaus. Aber man werde Bedenken, etwa der Nachbarn, ernst nehmen.

Auf einen ähnlichen Turm in Lüdenscheid verwies Dirk Heitmüller. Daran könne man erkennen, wie sich das Licht auswirke. Von der angedachten Handysteuerung von der Burg sollte man Abstand nehmen, auch im Sinne der Anwohner.

Er sehe den Entwurf nicht als identitätsstiftend, sondern als Fremdkörper an, kritisierte Dr. Binder. Zudem sollte man die Entscheidung nicht allein dem Ortsrat überlassen, sondern mehr Einwohner beteiligen, etwa bei einem öffentlichen Termin in der Turnhalle. Der Turm mache nur Sinn, wenn man wisse, was damit passieren solle; sonst bedeute er nur mehr Aufwand für die Stadt. Er finde es zweifelhaft, nur auf den Kultur-Förderkreis zu setzen. Den Beschluss des Bauausschusses sollte man nur zur Kenntnis nehmen und die Entwicklung bei den Akteuren vor Ort berücksichtigen, bevor man erneut im Ortsrat berate, so sein Vorschlag.

Auf die 34 Teilnehmer an der Online-Sitzung verwies der Ortsbürgermeister daraufhin: Selbst wenn man die Ortsratsmitglieder abziehe: So viele Zuhörer habe man in Präsenz lange nicht gehabt. In der Tat müsse sich der Kultur-Förderkreis schnell handlungsfähig aufstellen.

Auf den Beschluss des Bauausschusses schaute Heinz-Hermann Wolper. Die Beteiligung des Ortsrats sei da ausdrücklich vorgesehen. Ein Auftrag sei aber noch nicht erteilt. Erst wenn die Akteure handlungsfähig seien, werde weiter am Projekt gearbeitet.

Der Kultur-Förderkreis habe eine Bauhütte auf den Weg gebracht, er bemühe sich, die alte Fördertechnik herzustellen. Die Arbeit in der Pandemie sei schwierig, aber es gebe über 90 Mitglieder, und er sei zuversichtlich, dass sich der Vorstand neu aufstellen könne, betonte Florian Koch.
Dr. Binder plädierte dafür, eine Entscheidung zu verschieben, bis der Verein wieder aktiv und das Konzept für die Räume geklärt sei. Dieser Vorschlag wurde abgelehnt.

Mit Mehrheit sprach sich der Ortsrat dafür aus, den Beschluss des Bauausschusses zu unterstützen. Belange der Anwohner und des Naturschutzes sollen berücksichtigt werden, etwa wegen zur Beleuchtung. Das werde geregelt, hieß es. Das Hauptaugenmerk soll auf der Instandsetzung der Fördertechnik liegen, wenn es um die Kostenermittlung geht. Der Kultur-Förderkreis soll sich schnellstmöglich neu aufstellen, und in einer Arbeitgruppe aus Veraltung Ortsrat, Vereinsvorstand und Architekt sollen weitere Schritte abgestimmt werden.ek