»Kanal Nummer 5« und Millionen Helferlein

Projektsommer der Kernstadt-SPD mit Besuch der Kläranlage | Verbrauchtes wird zu sauberem Wasser

Der Termin war geruchsmäßig etwas herausfordernd, aber sehr informativ: Die Einbecker Kläranlage hat die Kernstadt-SPD jetzt bei ihrem Projektsommer besucht. »Wir hören uns um« lautet das Motto in diesem Jahr, und Vorstandsmitglied Peter Traupe freute sich über guten Zuspruch. Der Abteilungsleiter der Abwasserreinigungsanlage, Bernd Droste, berichtete den Besuchern über die Arbeit des Klärwerks.

Einbeck. Für die Teilnehmer gab es viel zu sehen, »aber die meisten Investitionen liegen unter der Erde«, sagte er in der Leitwarte, wo er einen Überblick über die Anlage vermittelte. Am Uweweg in der Kolonie Siegfried wird Abwasser aus der Kernstadt und aus den südlichen Ortschaften gereinigt. 23 Pumpwerke sind im Einsatz, über die das Abwasser auf die Anlage geschafft werden. Für die Norddörfer sei ebenfalls einmal ein Anschluss an die zentrale Einrichtung geplant gewesen, allerdings sei dann doch ein dezentrales Konzept umgesetzt worden auf der Basis von Orts- und grundstücksbezogenen Kläranlagen. Einen Neubau gibt es zurzeit in Stroit; die vorherige Anlage hat im Winter nicht stabil gearbeitet, bis Oktober soll die Maßnahme abgeschlossen sein.

Man habe einen hohen Anteil von Fixkosten, erläuterte Bernd Droste, die variablen Kosten seien relativ gering. Der rückläufige Wasserverbrauch, bestätigte er auf Nachfrage, führe zu Ablagerungen im Netz, so dass die Kanalreinigung etwas häufiger erfolgen müsse; der Aufwand halte sich aber mit einem dreijährigen Rhythmus noch im Rahmen. Gedacht sei die Anlage in Einbeck für einen höheren Industrieanteil, ausgelegt auf 96.000 sogenannte Einwohnergleichwerte. Bei der Erweiterung 2000/2002 sei sie für 72.000 Einwohnergleichwerte konzipiert worden, inzwischen liege die Auslastung bei 64.000 Einwohnergleichwerten. Würde man Kreiensen dazunehmen, müsste man eine Transportleitung bauen; die Anlage wäre entsprechend zu erweitern. Neue Vorgaben zur Reinigungsleistung stünden derzeit nicht am Horizont, so Droste weiter, eventuell komme eine weitere Reinigungsstufe. Ändern werde sich die Klärschlammverordnung: Danach darf Klärschlamm nicht mehr auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht, sondern nur noch verbrannt werden. Damit sei möglicherweise ein Transportproblem verbunden. Derzeit bringe man den Klärschlamm direkt oder über Kompostierung auf die Felder, die Grenzwerte würden gut eingehalten.

Zunächst am Schaubild und später direkt auf der Anlage konnten die Teilnehmer verfolgen, wie aus verbrauchtem sauberes Wasser wird. »Wir füllen unseren eigenen Duft ab, «Kanal Nummer 5”«, scherzte Bernd Droste, als einige Besucher die Nase kräuselten. Mit einem Hebewerk und einer Schnecke wird das ankommende Wasser in die Anlage befördert. Hier durchläuft es den Siebrechen, in dem Grobstoffe hängen bleiben. Über Sandfang und Vorklärbecken werden die Inhaltsstoffe getrennt, vor allem Fette und Öle. Das Vorklärbecken hat ein freies Volumen von drei Millionen Litern – eine Menge, die immens erscheint, die jedoch bei Starkregen wie etwa Anfang August gar nicht ausreicht. Regenwasserspitzen können abgefangen werden. Wird es zu viel, geht das bei solchen Extremereignissen verdünnte Schmutzwasser über einen Überlauf direkt in die Ilme. Pro Tag, so der Abteilungsleiter, würden 4.000 bis 5.000 Kubikmeter Abwasser anfallen – bei Starkregen könnten es auch 20.000 Kubikmeter sein. Die mechanische Reinigung endet mit der Vorklärung.

Die meisten »Mitarbeiter« sind in der biologischen Reinigung tätig: Die Mikroorganismen im 6,50 Meter tiefen, druckbelüfteten Belebungsbecken schaffen die Reinigung von bis zu 275 Litern pro Sekunde. Die fleißigen Helferlein werden täglich beobachtet und in ihrer Menge bestimmt, die notwendig ist, damit sie ihre Arbeit gut verrichten. »Sie brauchen frisches, gesundes Abwasser und Sauerstoff«, so Bernd Droste. Dann könnten sie Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphat abbauen. Am Ende der Anlage stehen zwei Nachklärbecken, Wenn das Abwasser sie passiert hat, gelangt es gereinigt in die Ilme. Eine weitere chemische Reinigungsstufe wird bei Bedarf eingesetzt, wenn die Mikroorganismen ihre Arbeit nicht schaffen, beispielsweise bei hohem Phosphoranteil.

Vorgaben für die Güte des gereinigten Abwassers kommen aus der Abwasserverordnung, an den gesetzlichen Regelungen wirken die Europäische Union und der Bund sowie der Landkreis als Abwassergenehmigungsbehörde mit. Von dieser Stelle werden sechsmal pro Jahr unangemeldet Proben gezogen. Früher kam der Landkreis 24 mal pro Jahr, inzwischen dürfe man im eigenen zertifizierten Labor 18 Proben selbst untersuchen. Die Termine müssen im Vorjahr verbindlich festgelegt werden.

In zwei Faultürmen mit je 2.000 Kubikmetern Fassungsvolumen, 8,30 Meter hoch, spalten die Mikroorganismen Wasser und Methangas ab. Das Gas wird an die Stadtwerke verkauft, die damit ein Blockheizkraftwerk auf dem Klärwerksgelände betreiben. Damit werden die Gebäude und die Faultürme beheizt, und etwa 50 Prozent des benötigten Stroms wird erzeugt.

Ungünstig wirkt es sich auf die Anlage aus, wenn die Toilette als Abfallbehälter missbraucht wird: Hygieneartikel gehören nicht ins Klo, sondern in den Müll, verdorbene Lebensmittel in die Biotonne.14 Beschäftigte arbeiten an der Kläranlage. Der Betrieb bildet zudem auch aus. Der nächste SPD-Projektsommer-Termin ist am morgigen Dienstag, 19. August. Um 18 Uhr ist dann Treffen an der Einbecker »Tafel«, Münsterstraße/­Ecke Hohe Münsterstraße. ek