»Hör auf damit«:

Konfliktschulung für Grundschüler mit Stopp-Händen und Bohrerblick

Einbeck. Es gibt die Stopp-Hände, den Bohrerblick und den Reißverschluss und dazu einige Tricks, mit denen die Kinder deutlich machen können: Hier läuft gerade etwas, was mir nicht passt – aber ich kann mich wehren. Mit dem Programm »Gewaltfrei lernen« wird an der Leinetal-Grundschule in Drüber Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit vermittelt. Die Kinder erfahren Stärke, Fairness und Werte, und die Lernatmos-phäre der Schule verbessert sich nachhaltig. Für »Soziales Lernen in Bewegung« hat die Schule einen kompetenten Trainer engagiert: Oliver Henneke, Gründer und Vorstand des Fördervereins »Gewaltfrei Lernen«. Finanziell gefördert wird das Projekt von der Stiftung Sparda-Bank Hannover. Schulleiterin Sabine Emmendörffer-Bülau freute sich, dass das Programm jetzt zum zweiten Mal an der Grundschule laufen konnte.

Nach einer Grundschulung im vergangenen Jahr erfolgte jetzt eine Auffrischung beziehungsweise die Einweisung der neuen ersten Klassen. Alle sieben Klassen und somit mehr als 100 Schüler haben das sechsstündige Unterrichtsprogramm durchlaufen. Die Erfahrungen bisher seien sehr positiv, stellte sie fest. Zwar gebe es an der Schule meist ohnehin nur kleinere Konflikte, mal ein Drängeln oder Schubsen, aber die Schüler hätten gelernt, dabei erst einmal zu reden. »Hör auf damit, ich will das nicht«, diese klare Aussage sollte am Anfang stehen. Das Kind lernt damit, selbst zu handeln.Wenn das nicht ausreicht, wird es im zweiten Schritt Hilfe holen, etwa beim Lehrer beziehungsweise der Pausenaufsicht. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss Sanktionen erfahren, die an der Schule gemeinsam entwickelt werden. »Das funktioniert gut«, berichtete die Schulleiterin.

Vor dem Programm sollte ein Elternabend stehen, denn das neue Verhalten, das die Schüler einüben, wirkt sich auch zuhause aus, etwa auf Konflikte unter Geschwistern, und das sollten die Eltern wissen. Von Konfliktsicherheit können auch sie profitieren. »Erst einmal zu reden, das ist immer wichtig«, so die Schulleiterin. Verbunden mit dem Anti-Konflikt-Training ist aber auch Spaß:?Es wird gespielt, und die Aktionen laufen in der Regel im Team ab. »Das vermittelt nachhaltig: Es geht nur mit anderen.« Erarbeitet wurde das Programm maßgeblich von Oliver Henneke, Diplom-Sportwissenschaftler aus Köln. Seit 2007 gibt es »Gewaltfrei Lernen«. »Es ist uns wichtig, dass immer alle Kinder einer Schule mitmachen, denn sie lernen und leben miteinander – am liebsten lernen Kinder von Kindern«, weiß Oliver Henneke. 90 Schulen in Niedersachsen, Bremen und Ostwestfalen-Lippe haben bisher an dem mit vielen Bewegungsübungen konzipierten Unterricht des Fördervereins »Gewaltfrei Lernen« teilgenommen. Seit 2009 hat die Stiftung Sparda-Bank dafür insgesamt 500.000 Euro zur Verfügung gestellt – zur nachhaltigen Förderung sozialer Bildung. Die Aufgabe, das Projekt finanziell zu sichern, liegt bei den Schulen – und auch ein kleiner Eigenbeitrag der Eltern wird eingefordert, um die Wertigkeit des Angebots deutlich zu machen. In Drüber hat sich der Förderverein der Grundschule finanziell beteiligt. »Wir möchten eine Kultur von Hinsehen und Handeln verankern«, so Rainer Nickel, Geschäftsstellenleiter der Sparda-Bank Hannover in Northeim. Die im Training eingeübten »Stopp-Hände« unterstreichen das Nein der Kinder.

Der »Bohrerblick« macht deutlich, dass sie stets Blickkontakt zu ihrem Gegenüber suchen sollen, und der »Reißverschluss« hält sie dazu an, ihre Meinung aufrecht und gerade zu vertreten. Mit einfachen Tricks wie »Rutsche«, »Gorilla« oder »Pizza«, die immer wieder geübt werden, fällt es auch Kleineren leicht, sich aus unangenehmen Situationen zu lösen, zum Beispiel dann, wenn Größere sie bedrängen. »Und ganz wichtig: miteinander reden«, gibt Oliver Henneke den Schülern immer wieder mit auf den Weg.ek