Landgerichtsurteil zu Missbrauch an Zehnjährigem

Bewährungsstrafe für Wachmann | Schmerzensgeld

Einbeck/Göttingen. Er wollte nicht werden wie sein Vater, der ihn als Kind jahrelang sexuell missbraucht und misshandelt hatte. Drei Jahrzehnte lang ging er straffrei durchs Leben, doch dann beging er eine schlimme Tat: Im April 2017 missbrauchte ein Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma einen zehnjährigen Jungen auf dem Dachboden des PS.SPEICHERs in Einbeck.

Das Landgericht Göttingen verurteilte den 34-Jährigen am Donnerstag dafür zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Die Kammer änderte damit ein Urteil des Amtsgerichts Einbeck ab, das den Angeklagten zu drei Jahren Haft verurteilt hatte. Gegen dieses erstinstanzliche Urteil hatte der 34-Jährige Berufung eingelegt – mit Erfolg: Das Landgericht befand ihn zwar ebenfalls des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit Vergewaltigung für schuldig, hielt aber eine Bewährungsstrafe für tat- und schuldangemessen. Um möglichst zu verhindern, dass der Angeklagte weitere Straftaten begeht, ordnete das Gericht Führungsaufsicht an. Außerdem muss er die ärztlich empfohlenen Therapieangebote wahrnehmen.

Mit seinem Urteil entsprach das Gericht sowohl dem Antrag der Staatsanwaltschaft als auch dem Plädoyer der Nebenklage. Alle Verfahrensbeteiligten waren sich einig, dass das Rückfallrisiko deutlich geringer sei, wenn der Angeklagte nicht durch eine Haftstrafe aus seinen relativ stabilen Lebensverhältnissen herausgerissen wird und seine bereits begonnene Therapie fortsetzt. Der Angeklagte hatte sich nach dem Vorfall von sich aus um einen Therapieplatz bemüht, er nimmt seit einem Jahr an einem speziellen Präventionsprojekt der Psychiatrie teil.

Die Richter werteten es als strafmildernd, dass der Angeklagte sofort ein umfassendes Geständnis abgelegt und damit dem Jungen eine Aussage vor Gericht erspart hatte.

Er hatte den Jungen mit dem Versprechen, den Rennsimulator fahren zu dürfen, in einen für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Raum auf dem Dachboden gelockt und ihn dort missbraucht. Er brach aber die Tat von sich aus ab und ließ den Jungen wieder gehen. Dieses wirkte sich ebenso strafmildernd aus wie sein Verhalten im Prozess.

»Wir glauben, dass Sie ehrlich bereuen, was Sie da getan haben«, sagte der Vorsitzende Richter Matthias Thielbeer. Der 34-Jährige hatte sich vor der Verhandlung in einem persönlichen Gespräch bei der Mutter des Jungen entschuldigt. Außerdem verpflichtete er sich dazu, 5.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen.

Für die Mutter war dieses Gespräch sehr aufrührend, aber auch höchst wichtig: »Ich bin froh, dass ich meinen Frieden finden kann und mein Sohn auch«, sagte sie. Der Vorsitzende Richter war von ihrer Haltung tief beeindruckt: »Das ist bewundernswert, wie Sie mit der Sache umgehen.«pid-nie