Männer sollen sich mehr um ihre Gesundheit kümmern

Professor Dr. Manfred Blech berichtet beim Einbecker Lions-Club anschaulich über gutartige und bösartige Prostatavergrößerungen

»90 Prozent aller Männer kennen den Hubraum ihres Autos, jedoch nur 30 Prozent wissen ihren Cholesterinwert«, mahnte Professor Dr. Manfred Blech, Urologe aus Northeim, bei seinem Vortrag beim Einbecker Lions-Club. Unter dem Thema »Wenn die Prostata wächst – gutartig oder bösartig?« sprach er über Prostataerkrankungen, und er appellierte an die Frauen, ihren Männern »Druck« zu machen, damit sie regelmäßig zur Vorsorge gehen.

Einbeck. Lions-Präsident Wal­ter Schmalzried begrüßte die zahlreichen Zuhörer im »Panorama«, und er forderte, dass jede Person sich rechtzeitig um ihre Gesundheit kümmern sollte, um sich nicht fragen zu müssen: »Warum habe ich mich nicht früher mit dem Thema ‘Vorsorge’ befasst, denn Lebensqualität kommt nicht von allein.«Da 60 Prozent der Frauen, aber nur 15 Prozent der Männer, zu Vorsorgeuntersuchungen gehen, appellierte Professor Dr. Manfred Blech: »Frau­en rettet eure Männer«. Die Ehefrauen oder Partnerinnen hätten ein besseres Verhältnis zu ihrem Körper, und sie müssten daher den Herren »Druck« machen, denn die frühzeitige Erkennung einer Prostataerkrankung biete gute Heilungschancen. Er forderte, dass Männer nicht nur an ihr Auto denken sollten, sondern auch an ihre Gesundheit.

Schon Andreas Vesalius habe 1551 die Pros­tata bildlich dargestellt, die unterhalb der Harnblase liegt und die den Anfangsteil der Harnröhre bis zum Beckenboden umkleidet. Sie besteht aus rund 30 bis 50 Einzeldrüsen, die ein Sekret produzieren, das bei der Ejakulation in die Harnröhre abgegeben wird und sich dort mit den Spermien vermischt. Es bildet zusammen mit den Samenzellen aus dem Hoden, dem Samenblasensekret und dem Sekret der Bulbourethraldrüse das Sperma, das leicht sauer, dünnflüssig sowie trübe ist und vom Testosteron reguliert wird. Weiter erhält es auch zahlreiche Enzyme, Fette und Mineralsalze, die für die Befruchtung benötigt werden.Es sei ein Irrglauben, so Blech, dass die Prostata lebensnotwendig sei, ihre Erkrankungen immer bösartig enden würden und sie entscheidend für die »Männlichkeit« sowie die Potenz wäre. Auch die Größe spiele meistens keine so wichtige Rolle, da es verschiedene Ausprägungen gebe; bei einem jungen Erwachsenen gleicht sie in Größe und Form einer Kastanie.

Sehr verbreitet sei als erste Untersuchung die rektale Ertastung mit den Fingern – vor der zahlreiche Männer Angst hätten –, bei der der Arzt erfühlt, in welchem Zustand sich die Prostata befindet. Weich wie die Handinnenfläche sei gut, erklärte Blech, wohingegen eine Knöchelhärte auf einen Tumor deute. Ob die Prostata bösartig befallen sei, könne mit Ultraschall nicht sicher erfahren werden, erläuterte der Urologe, da mit dieser Methode nur die Größe der Ausprägung erkannt und der Restharn­wert bei nicht kompletter Entleerung der Blase bestimmt werde. Weitere Untersuchungsmethoden seien Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT) und Posi­tronen-Emissions-Tomographie (PET) sowie in schwierigen Fällen die Urodynamik, bei der mit einem Mess-Katheter das Wasserlassen untersucht wird, sowie die Urinuntersuchung. Seit den 1980er Jahren gibt es die Untersuchungen des prostataspezifischen Antigens (PSA), das es nur in der Prostata und ihrem Gewebe gibt. Zwar ist das Antigen ein wichtiger Marker der Urologie, doch muss er auch kritisch hinterfragt werden, da Erhöhungen ebenfalls durch Entzündungen, Abtastungen, Katheter und selbst durch intensives Fahrradfahren entstehen können.

Eine weitere Methode ist die Biopsie, bei der kleine Gewebeproben aus der Prostata entnommen werden. Zusammen mit der transrektalen Ultraschall-Untersuchung (TRUS) erhält der Arzt eine genaue Darstellung, und er kann Größe, Auffälligkeiten und Form beurteilen. Bei Verdacht auf Prostatakrebs werden mit dieser Technik zehn bis zwölf Proben fächerförmig aus dem Außenbereich der Drüse gewonnen. Sind Auffälligkeiten tast- oder sichtbar, punktiert der Arzt sie gezielt.

Als benigne Prostatahyperplasie (BPH) werde eine gutartige Vergrößerung der Prostata be­zeichnet, die zu Problemen beim Wasserlassen oder im schlimmsten Fall zu Nierenversagen führen könne. Das langsame Wachstum der Pros­tatadrüse und des Zwischengewebes sei jedoch normal bei Männern mittleren und hohen Alters, so dass viele es gar nicht merken würden und auch keine Beschwerden hätten. Symptome der BPH können ein reduzierter oder unterbrochener Harnstrahl sowie verzögertes Wasserlassen, permanentes Nachträufeln, ständiger oder nächtlicher Harndrang oder Restharngefühl sein, welche Blasenüberdehnungen, Blasensteine, Harnwegsentzündungen und Nierenfunktionseinschränkungen nach sich ziehen können. In der Therapie helfen Medikamente, Dauerkatheter, Prostataausschälungen oder Laserbehandlungen, pflanzliche Präparate wie Brennnesselwurzel und Kürbiskerne hingegen nur bedingt. Die transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P) gilt als der »Goldstandard« in der operativen Therapie des BPS. Dabei werden zehn bis 50 Gramm erkranktes Gewebe aus der Prostata »abgehobelt« – wie das »Fruchtfleisch aus der Orangenschale« –, um so den »Weg wieder freizumachen«.

Als bösartige Erkrankung tritt der Prostatakrebs (PCA) häufiger als Lungenkrebs oder der Brustkrebs bei Frauen auf. Bei 60.000 Patienten wird er jährlich erkannt, von denen rund 12.000 sterben. Die Erkrankung ist im Frühstadium symptomlos, doch können später Beschwerden wie Blasenentleerungsstörungen (Dysurie), blutiger Urin, Knochenschmerzen sowie Gewichtsverlust und Blutarmut auftreten. Da der Verlauf ähnlich wie bei der BPH ist, sind Vorsorge und genaue Untersuchungen wichtig.

Bei der Therapie gibt es verschiedene Möglichkeiten, die unter anderem Strahlentherapie, Prostataoperationen, hochintensiven und fokussierten Ultraschall (HIFU) sowie »Active surveillance« (aktive Beobachtung) umfassen. Früher hatte die radikale Prostatektomie, die operative Entfernung, einen schlechten Ruf, da es viele Nebenwirkungen gab. Durch die Weiterentwicklung der Technik hat sich dies geändert, so dass dieses Vorgehen jetzt als Standard gilt. Zwar haben 50 Prozent der Patienten nach der Entlassung Probleme mit Inkontinenz, doch reduziert sich die Anzahl nach einem Jahr auf 7,7 Prozent. Zusätzlich gab es früher nach Operationen oft erektile Dysfunktionen, was sich durch den »Nervenerhalt« aber geändert hat.

Wird der PCA zu spät erkannt, helfen nur noch palliative Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung. Als Möglichkeiten stehen dabei unter anderem Hormon-, Chemo-, Schmerz- oder Strahlentherapien zu Verfügung. Da bei frühzeitiger Erkennung gute Heilungschancen bestehen, warb Blech für Vorsorgeuntersuchungen, für das Vertrauen in die Ärzte und ihre Maßnahmen sowie für eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung und viel Bewegung. Weiter solle jeder Bürger auf sich selbst achten oder sich von seiner Partnerin drängen lassen, um nicht später sagen zu müssen: »Warum habe ich mich nicht früher darum gekümmert?«

Schmalzried dankte Blech mit einem Präsent für den interessanten Vortrag. Da sich der Lions-Club für den Dienst am Nächsten einsetzt, wurde auch für die Typisierungsaktion von Sandra Fischer Geld gesammelt.mru